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Schneller Bus von Annaberg nach Dresden hält nur zum Ausstieg

Die Linie 400 hält zwar auf ihrer Fahrt von Annaberg nach Dresden auch in Herzogswalde. Doch zusteigen darf man nicht. So erklären Verkehrsplaner den realen Irrsinn.

Von Maik Brückner
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Christa Romey steht an der Bushaltestelle in Herzogswalde. Wenn ein Bus der Linie 400 kommt, der nach Dresden fährt, darf sie nicht einsteigen.
Christa Romey steht an der Bushaltestelle in Herzogswalde. Wenn ein Bus der Linie 400 kommt, der nach Dresden fährt, darf sie nicht einsteigen. © Egbert Kamprath

Das ist schwer zu verstehen. Man wartet an einer Bushaltestelle in Herzogswalde. Da kommt ein Bus, der genau dorthin fährt, wo man hin will - nach Dresden. Aber der Busfahrer lässt dich nicht einsteigen. Denn aus diesem Bus darf man - zumindest hier in Herzogswalde - nur aussteigen. Diese skurrile Situation kann einem passieren. Darauf macht Rentnerin Christa Romey aus Herzogswalde aufmerksam. Konkret geht es um die Linie 400, die Annaberg-Buchholz mit Dresden verbindet.

Die Herzogswalderin kann das in Zeiten des Deutschlandtickets nicht verstehen. "Lauthals verkünden unsere Politiker die Verkehrswende, die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus", sagt sie. Sie ärgert sich nicht nur, sie hat auch versucht, das zu ändern. Sie schrieb an die Verantwortlichen im Kreis und im Land. Manche antworteten nicht, andere versuchten es. "Ich wurde in einen Dschungel von Verantwortlichen geschickt." Geändert hat sich nichts. Die Busse der Linie 400 fahren weiter quasi am Dorf vorbei. An der Auslastung kann es nicht liegen. Die Busse seien nicht überfüllt, sagt die 68-Jährige, die gerne mit diesem Bus fahren würde. Denn der braucht nur etwa 20 Minuten bis zum Dresdner Hauptbahnhof. Die Linie 333, die auch nach Dresden fährt, braucht fast eine Stunde.

An der Auslastung der Busse liegt es nicht

Warum ist das so? Sächsische.de fragte bei einem der Betreiber der Linie 400, der Regiobus Mittelsachsen in Mittweida, nach. An der Auslastung liegt es in der Tat nicht. Die Busse von Regiobus sind durchschnittlich mit sieben bis 46 Fahrgästen besetzt. Das ergab zumindest eine Fahrgastzählung im Oktober 2022, erklärt Henning Schmidt von Regiobus. Der Grund ist ein anderer: Die Linie 400 ist eine sogenannte verbundübergreifende Linie, die man gemeinsam mit dem Regionalverkehr Erzgebirge organisiert. Ziel sei es, Orte in den Landkreisen Erzgebirge und Mittelsachsen mit der Landeshauptstadt Dresden zu verbinden. "Unter diesem Gesichtspunkt wurde auch die Genehmigung für diesen Linienverkehr erteilt", so Schmidt.

Das bedeutet, dass Fahrgäste in allen Orten, die sich an der Strecke in den Landkreisen Erzgebirgskreis und Mittelsachsen befinden, ganz normal ein- und aussteigen können. Für die drei Orte zwischen Mittelsachsen und Dresden, also Grumbach, Mohorn und Herzogswalde, gelten Einschränkungen. So kann man beispielsweise in Annaberg-Buchholz, Pockau-Lengenfeld und Freiberg einsteigen und sich bis in einen der drei Wilsdruffer Ortsteile fahren lassen. Hier wartende Fahrgäste werden aber nicht mitgenommen.

Für die Rückfahrt in Richtung Erzgebirge gilt, dass man in Dresden und den drei Wilsdruffer Ortsteilen nur zusteigen kann, wenn man zu einem Ort nach der Kreisgrenze bei Hetzdorf fahren will. Eine Fahrt von Dresden nach Grumbach oder Herzogswalde ist mit dieser Linie also auch nicht möglich. Das alles ist für den Laien schwer verständlich, aber vertraglich genau so geregelt.

Regelungen können geändert werden

Die Einschränkungen könnten aber auch aufgehoben werden, sagt Henning Schmidt von Regiobus. Dazu müssten die Landeshauptstadt Dresden und der Landkreis SOE die Initiative ergreifen. Sie müssten in die sogenannte Aufgabenträgerschaft eintreten und sich an der Finanzierung der Linie beteiligen. Dies sei bisher nicht geschehen.

Das bestätigt auch Ralph Gruner, Leiter des Amtes für Bildung und ÖPNV im Landratsamt Pirna. Er könne zwar verstehen, dass sich die Fahrgäste eine schnellere Verbindung wünschen. Aber im Landratsamt sehe man "derzeit keinen begründeten Bedarf für weitere Angebote". Deshalb habe man eine Mitfinanzierung der Linie, die eine Aufhebung der Einschränkungen zur Folge hätte, "bisher nicht in Erwägung gezogen". Gruner verweist auf die bestehenden Verbindungen. Von Herzogswalde aus könne man auch ohne die Linie 400 - nämlich mit der 333 montags bis freitags von 4.30 Uhr bis 21.21 Uhr, freitags eine Stunde länger, stündlich mit dem Bus nach Dresden fahren.