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Gestohlene Münzsammlung in Wilsdruff fehlt immer noch

Der Einbruch im Herbst 2020 hat im Heimatmuseum Lücken gerissen. Das schmerzt die Leiterin. Der Besucher merke es aber nicht.

Von Maik Brückner
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Wilsdruffs Museumsleiterin Angelika Marienfeldt steht an der Vitrine mit Zinngegenständen. Auch diese wurden beim Einbruch gestohlen.
Wilsdruffs Museumsleiterin Angelika Marienfeldt steht an der Vitrine mit Zinngegenständen. Auch diese wurden beim Einbruch gestohlen. © Egbert Kamprath

Angelika Marienfeldt steht hinter der Vitrine und lächelt. Das Tafelgeschirr und Kerzenleuchter aus Zinn, die hier zu sehen sind, konnte sie für mehrere Wochen nicht zeigen. Das lag nicht nur an Corona, sondern an zwei Einbrechern, die im November 2020 in ihr Museum einstiegen und diese und andere Ausstellungsgegenstände mitgehen ließen. Das Museum bezifferte den Wert der gestohlenen Gegenstände auf 30.000 Euro.

Der Einbruch konnte aufgeklärt werden. Ermittelt wurden ein 37- und ein 40-jähriger Berliner, die die Gegenstände verkaufen und damit ihren Drogenkonsum finanzieren wollten. Beide standen im Herbst 2021 vor Gericht und wurden verurteilt.

Freunde des Heimatmuseums haben mit ermittelt

Die Zinngegenstände und andere Stücke sind wieder da. "Natürlich sind wir erleichtert, dass ein Großteil wieder dem Museum zurückgegeben werden konnte", sagt die Museumsleiterin. Und auch Wilsdruffs Bürgermeister Ralf Rother (CDU) ist im Glück: "Das war ein guter polizeilicher Ermittlungserfolg."

Dass die Polizei die beiden Einbrecher so schnell schnappen konnte, liegt auch an den Freunden des Heimatmuseums. Einige haben unverzüglich reagiert und in den einschlägigen Internetportalen nach den Gegenständen gesucht. Das habe sicher auch mit zum Fahndungserfolg beigetragen, sagt die Museumsleiterin. Auch Rother lobt diesen Einsatz. Der war eine gute Grundlage für die weiteren Polizeiermittlungen.

Ein zweiter Grund: Die gestohlenen Gegenstände waren möglicherweise sehr schwer zu verkaufen. "Gerade die Zunftkannen und andere Zinngegenstände waren zum großen Teil eindeutig identifizierbar", sagt Angelika Marienfeldt. Die Heimatfreunde hatten die Gegenstände beim Durchforsten von Internetangeboten von Antiquitätenhändlern entdeckt und weitergemeldet. Dafür ist die Museumschefin sehr dankbar.

Die historischen Waffen konnte das Museum wiedererlangen.
Die historischen Waffen konnte das Museum wiedererlangen. © Egbert Kamprath

So gelang es, einen Großteil der Gegenstände sicherzustellen. Dazu gehören neben den Zinngefäßen auch historische Waffen wie das Steinschlossgewehr mit Tüllenbajonett sowie die Steinschlosspistole. "Beide stammen aus dem 18. Jahrhundert und sind in erster Linie Sachzeugen aus der Geschichte der Stadt. Sie sollen im Zusammenhang mit der Kommunalgarde stehen", berichtet die Museumsleiterin.

Alle Stücke sind unersetzbar

Froh sie auch, dass die Innungskanne der Wilsdruffer Wagner von 1816 und die Zunfttruhe von 1744 mit historischen, handgeschriebenen Akten der Schuhmacher wieder da sind. "Diese Sachzeugen dokumentieren Schritte in der Entwicklung und Organisation des Wilsdruffer Handwerks", erklärt sie.

Die meisten Objekte, die gestohlen wurden, stammen aus der historischen Heimatsammlung, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufgebaut und 1919 eröffnet worden ist. "Ihr Erinnerungswert lässt sich nicht in absoluten Werten ausdrücken", sagt Angelika Marienfeldt. Es sind Sachzeugen, die Wilsdruffer Geschichte veranschaulichen. Im Prinzip sind alle Stücke unersetzbar. Deshalb ist es bedauerlich, dass nicht alle gestohlenen Ausstellungsstücke wieder zurückgekommen sind.

So fehlt immer noch der Tischgong des Vereins „Erholung“ von 1911. Dieser Zeitzeuge verwies auf das 50-jährige Bestehen des Vereins, der von 1861 bis 1935 existierte und sich gesellige Unterhaltung auf die Fahnen geschrieben hatte. "Dieser Verein veranstaltete Theaterabende, Bälle oder auch Schlittenfahrten in Wilsdruff", erzählt Angelika Marienfeldt. Es fehlen auch zwei Stahlhelme und eine historische Postbeamtenmütze. Auch von der großen Münzsammlung mit 69 Einzelstücken fehlt bisher jede Spur.

Darunter sind beispielsweise zwölf silber- und silberhaltige Talerstücken aus dem Kurfürstentum Sachsen aus der Zeit zwischen 1755 und 1797. Diese wurden 1879 im Turmknopf des Rathauses gefunden. Letztlich kam nur eine Münze zurück, ein 3 Mark Stück aus dem Deutschen Reich von 1913. "Diese Silbermünze gab es doppelt in der Sammlung", sagt Marienfeldt.

Eigentlich gehören hier noch zwei Stahlhelme aus dem Ersten Weltkrieg hin. Doch diese hat das Museum nach dem Einbruch nicht mehr wiederbekommen.
Eigentlich gehören hier noch zwei Stahlhelme aus dem Ersten Weltkrieg hin. Doch diese hat das Museum nach dem Einbruch nicht mehr wiederbekommen. © Egbert Kamprath

Und wie schwer wiegt der Verlust der Münzen? Das lässt sich schwer einschätzen. Selbst ein Experte wie Dr. Björn Schöpe vermag das nicht zu sagen. Er arbeitet für das Fachmagazin "Münzenwoche", das auch auf den Diebstahl in Wilsdruff aufmerksam gemacht hat. Den Wert von Münzen könne man nur einschätzen, wenn man diese gesehen hat, erklärt er. Und das habe er nicht. Er verweist auf das Museum zurück.

Auch dort kann man den finanziellen Verlust nicht beziffern. "Die Münzen haben für das Museum vor allem einen Erinnerungswert, da sie unter meist unter besonderen Umständen gefunden oder dem Museum übergeben worden sind", erklärt Museumsleiterin Marienfeldt. Wie eben der Fund aus dem Turmknopf.

Auch hier fehlt etwas: die Mütze des früheren Wilsdruffer Postbeamten aus dem Jahr 1923.
Auch hier fehlt etwas: die Mütze des früheren Wilsdruffer Postbeamten aus dem Jahr 1923. © Egbert Kamprath

Angelika Marienfeldt glaubt nicht, dass ihr Museum die gestohlenen Münzen wiederbekommt. Die Münzsammlung wurde sicher auseinandergenommen, um einzelnen Münzen zu verkaufen. Auch die Kopfbedeckungen sind Massenware auf dem Antiquitätenmarkt. Ein Nachkauf sei nicht geplant. Denn das Museum legt Wert auf das Authentische und in diesen Fall ist es der jeweilige Bezug zu Wilsdruff.

So tragisch das Ganze ist. Immerhin haben die noch fehlenden Gegenstände einen Wert von 7.000 Euro. Museumsleiterin Marienfeldt ist froh, dass sie ihre Sammlung wieder öffnen kann. Die Besucher haben noch genug anzuschauen. "Die Lücken sind für uns sichtbar, aber der Besucher merkt es nicht." Was bleibt, ist die Erkenntnis, wie wichtig eine detaillierte Sammlungsdokumentation ist.

  • Heimatmuseum Wilsdruff, Gezinge 12, Öffnungszeiten (ab dem 1. Februar); Montag bis Freitag: 9-14 Uhr; Sonn- und Feiertag: 14-18 Uhr und nach Vereinbarung,
  • Kontakt: Angelika Marienfeldt, Telefon: 035204 463-870 und E-Mail:[email protected]