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Fast jeder dritte Neuwagen ist weiß lackiert - geht's noch langweiliger?

Seit Jahren kommen die meisten Autos in „Nicht-Farben“ daher. In anderen Regionen der Welt beweisen die Käufer mehr Mut.

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Auch E-Auto-Bauer Tesla trägt mit seinen Modellen zum stattlichen Weißanteil der hierzulande ausgelieferten Neuwagen bei.
Auch E-Auto-Bauer Tesla trägt mit seinen Modellen zum stattlichen Weißanteil der hierzulande ausgelieferten Neuwagen bei. © Foto: Patrick Pleul/dpa

29 Prozent der Neuwagen in Europa, im Mittleren Osten und in Afrika wurden 2022 laut Color Report des Chemiekonzerns BASF weiß lackiert. Dahinter folgten mit je 19 Prozent Schwarz und Grau. „Grau ist global der Gewinner und bietet mit sehr vielen unterschiedlichen Schattierungen viele verschiedene Farbtöne an“, sagt Mark Gutjahr, Lackdesigner und Trendforscher bei BASF Coatings, einem der Marktführer bei Autolacken in Europa.

Dunkelblau, Schwarz und Grau sollen elegant wirken

Zu einem silberfarbenen Auto griffen dem Report zufolge zehn Prozent der Autokäufer. Rund ein Viertel aller Fahrzeuge waren bunt lackiert. Es komme aber auch stark auf das Fahrzeugsegment an, so Gutjahr. „Dunkle Farben wie Dunkelblau, Schwarz und Grau wirken bei großen Autos besonders elegant. Sehr viele Firmenfahrzeuge sind daher so lackiert.“ Seit ein paar Jahren lackieren Hersteller bei manchen Modellen zudem Chrom-Zierteile in Anthrazit oder Schwarz. „Das sieht sportlich und cool aus und ergibt ein anderes Bild von dem Auto“, so Gutjahr.

Bei den bunten Lacken sieht Paolo Tumminelli Grün als Trendfarbe. „Auch wenn Blau und Rot häufiger bestellt werden, ist der Trend zu Grün vorhanden. Eine plausible Erklärung dafür gibt es nicht“, sagt der Professor für Designkonzepte an der Technischen Hochschule Köln. 2022 wurden laut Report zwei Prozent der Neuwagen in einem Grünton lackiert.

Interesse an matten Tönen wieder abgeebbt

Braun dagegen, vor wenigen Jahren noch Trendfarbe, werde jetzt weniger bestellt. „Beige, sandfarben oder Farben wie „Caffé Latte“ beim Fiat 500 kommen aber weiter gut an“, sagt Tumminelli. Matte Töne haben sich in den vergangenen Jahren hingegen nicht durchgesetzt.

Warum es bunte Lacke offenbar oft schwer haben, hat aus Sicht des Design-Fachmanns auch folgenden Grund: „Das Automobil steht für Glanz und will glänzen – am Lack, aber auch an Bauteilen wie Kühlergrill oder Chromspangen.“ Dazu passten klassische edle Töne wie Grau, Dunkelblau und Schwarz oder dezente helle Farben wie Beige. Ein schwarzer Lack passe zu den meisten Autos, ein grelles Pink selten, sagt Tumminelli. „Aber es kommt auf die Umgebung an. Ein Rolls-Royce ist bei uns selten und gilt als luxuriös und vornehm.“ Darum werde er hier meist in dunklen Farben bestellt. „In arabischen Ländern oder Kalifornien, wo teure Modelle häufiger gefahren werden, gibt es auch buntere Lacke.“

Dienstwagen beeinflussen den Geschmack der Masse

Auch das Bild auf den Straßen beeinflusse die Kaufentscheidung mit, so Gutjahr. Durch die Dienstwagenflotten sähen Kunden meist unbunte Farben wie Weiß, Schwarz und Grau – und entschieden sich auch dafür, so der Lackdesigner. Dabei können bunte Lacke wie Orange oder Rot gut funktionieren. Der Farbton müsse eben zu Marke und Modell passen. Und: Vermeintlich aus der Zeit gefallene Töne wie Grün, Gelb oder Hellblau könnten plötzlich in anderen Nuancen wieder modern wirken.

Mit Blick auf die Zukunft sieht Mark Gutjahr weiterhin Weiß bei den Lackfarben ganz vorn, erwartet aber einen leichten Rückgang. Schwarz und Grau blieben weiter beliebt. Zu Trendfarben könnten pastelliges Hellgelb, Rosé oder Hellgrün avancieren.

In krassem Kontrast dazu stehen spezielle Linien einzelner Autohersteller von schwarz lackierten Autos mit schwarzen Zierteilen. Paolo Tumminelli hält nichts davon: Schwarze Autos wirkten aggressiv und böse und passten nicht in unsere Zeit, in der das Automobil politisch umstritten diskutiert werde, sagt er.

„Das Böse war nie hell und strahlend, das Gute nie schwarz gekleidet“, sagt er. „Heutzutage müssten Autos eher bunt und freundlich lackiert werden.“ (dpa)