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Sollte ich noch einen Diesel kaufen? Ein Pro und Contra

Fahrverbote und CO2-Bepreisung sind Gründe, auf andere Antriebe zu wechseln. Zwei sächsische Politiker debattieren Für und Wider des Selbstzünders.

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Euro-5-Diesel sind in Deutschland noch ziemlich verbreitet, sollen immer öfter nicht mehr in den Umweltzonen von Städten fahren. Damit stellt sich spätestens beim nächsten Autokauf eine grundsätzliche Frage.
Euro-5-Diesel sind in Deutschland noch ziemlich verbreitet, sollen immer öfter nicht mehr in den Umweltzonen von Städten fahren. Damit stellt sich spätestens beim nächsten Autokauf eine grundsätzliche Frage. © dpa

Einfahrverbote in Städte sind der Schrecken der Dieselfahrer. Die Münchner Umweltzone beispielsweise darf seit 1. Februar nicht mehr von Selbstzündern der Schadstoffklasse Euro 4 oder schlechter befahren werden.

Ab 1. Oktober sollen auch Euro-5-Fahrzeuge draußen bleiben. In Stuttgart gilt ein solches Verbot schon länger. Gleichzeitig gilt der Diesel bei hohem Kilometerpensum und für regelmäßige Fahrten im Anhängerbetrieb oder mit viel Ladung nach wie vor als sinnvolle Anschaffung. Auch die Spritpreise sind zuletzt wieder ein gutes Stück unter ihr Allzeithoch vom Frühjahr 2022 gefallen.

Sollte man in dieser Gemengelage weiterhin auf einen Diesel setzen? Oder ist es Zeit für einen Wechsel auf einen anderen Antrieb? Saechsische.de hat Robert Malorny von der sächsischen FDP und Thomas Walther von den Grünen im Erzgebirgskreis um ihre Meinung gebeten.

Pro: Für Vielfahrer ist der Diesel oft noch erste Wahl

Robert Malorny arbeitet für einen Pirnaer Kfz-Zulieferer, sitzt im Dresdner Stadtrat und ist FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Sachsen 2024.
Robert Malorny arbeitet für einen Pirnaer Kfz-Zulieferer, sitzt im Dresdner Stadtrat und ist FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Sachsen 2024. © FDP Sachsen

Der Diesel ist die Kraftmaschine der Automobilität. Während er vor wenigen Jahren noch Allzweckmotor vor allem für Kombis im mittleren Segment bis zum Transporter und Lkw war, wird er durch die Mobilitätswende und den damit verbundenen Fokus auf den E-Antrieb Stück für Stück zurückgedrängt. Die Skandale zurückliegender Jahre und die Preissteigerung am Treibstoffmarkt tun ihr Übriges, sodass er mittelfristig wahrscheinlich nicht mehr die erste oder zweite Wahl beim Autokauf sein wird.

Dabei ist er, mit Blick aufs Kosten-Nutzen-Verhältnis, nach wie vor der Ausdauerathlet auf dem Antriebsmarkt. Insbesondere bei Vielfahrern und weiten Strecken kommt kaum ein anderer Antrieb an seine Zuverlässigkeit und Langlebigkeit heran. Der Diesel hat gerade dort seine Daseinsberechtigung.

Mobilitätsbedürfnisse sind so individuell wie die Menschen selbst. Der eine fährt nur kurze Strecken in urbanen, gut mit E-Infrastruktur erschlossenem Gebiet. Im Stop-and-Go der Stadt kann der E-Antrieb seine Vorteile ausspielen. Kaum ein Kunde wird da noch den Diesel als Antrieb in Betracht ziehen. Anders sieht es bei denen aus, die am Tag lange Strecken bewältigen müssen, den Akku schnell leer fahren und dann lange laden müssen. Hier ist der Diesel in seinem Element und leistet gute Dienste.

Gerade deswegen ist Technologieoffenheit ein wichtiger Faktor in Bezug auf Klimaschutz und Mobilität. Individuell zugeschnittene Antriebe, maßgeschneidert auf das jeweilige Nutzerverhalten, steigern die Akzeptanz der Mobilitätswende und bringen dem Umweltschutz mehr als blinder Kopf-durch-die-Wand-Aktionismus. Zumal er relativ einfach fossilfrei hergestellt werden könnte.

Der Diesel rechnet sich, je nach Modell und Kaufpreis, ab Jahresfahrleistungen von mehr als 20.000 Kilometern und ist dabei im Vergleich zum Benziner mit 15 bis 20 Prozent weniger Verbrauch effizienter.

Die große Frage ist die nach der Zukunft des Diesels. Meine persönliche Meinung: Im Sinne der Technologieoffenheit wäre es ein Gewinn, ihn weiterzuentwickeln und als integralen Bestandteil der Mobilitätswende mitzudenken. Wie kann der Diesel Teil einer Fuels-Zukunft sein? Man sollte die Leistungsfähigkeit der deutschen Antriebsentwicklung nicht unterschätzen. Der Diesel ist zuletzt noch einmal stark verbessert und emissionsärmer gemacht worden. Die 130-jährige Erfolgsgeschichte dieses Antriebs ist noch nicht beendet.

Daher bekennen ich mich zu e-Fuels. Durch die Debatte um ein Verbrennerverbot ist viel Unsicherheit entstanden, die natürlich auch die Hersteller vor die Frage stellt, ob es sich für sie noch lohnt, in eine Weiterentwicklung zu investieren. Ich sage: Ja. Denn neben den Elektroantrieben werden Kraftstoffmotoren in bestimmten Bereichen immer noch gebraucht – zum Beispiel in Notstromaggregaten.

Der Wandel im Motorenbau ist eingeleitet, die klare Schwerpunktsetzung im Bereich E-Antrieb unbestritten. Der Diesel, mit AdBlue stickstoffreduziert und damit emissionsärmer als jeder Benziner beziehungsweise als e-Fuel klimaneutral hergestellt, hat aber weiter seine Daseinsberechtigung – als Teil der Mobilitätswende.


Contra: Das E-Auto ist längst alltagstauglich

Thomas Walther aus Drebach ist Inhaber der Firma Emobility-East und Kreisrat für die Grünen im Erzgebirgskreis.
Thomas Walther aus Drebach ist Inhaber der Firma Emobility-East und Kreisrat für die Grünen im Erzgebirgskreis. © Thomas Walther

Bei allem Verständnis für Menschen, die sich heute noch einen Diesel zulegen: Ich persönlich würde keinen Pkw mit Verbrennungsmotor mehr kaufen. Seit 2014 elektrisch unterwegs, stelle ich fest, dass die Entwicklung der Elektromobilität enorme Fortschritte gemacht hat. Dies betrifft die Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge und Modellvielfalt ebenso wie die Ladeinfrastruktur.

War eine Fahrt vom Erzgebirge nach Linz in Österreich vor neun Jahren ein zweitägiges Abenteuer, das einer exakten Planung inklusive Vorbestellung von über zehn verschiedenen Ladekarten bedurfte, schaffe ich heute dieselbe Strecke mit zwei Schnellladestopps, die jeweils 20 Minuten dauern. Zum Freischalten der Säule genügt eine einzige Ladekarte.

Elektromobilität ist alltäglich geworden. Die Zeiten, in denen man an jeder Ladesäule von Fremden ausgefragt wurde, sind vorbei. Musste man Schnellladestationen früher gezielt suchen, verfügt heute nahezu jede Autobahnraststätte über die nötige Infrastruktur.

Betrachten wir die Kosten, die ein Elektroauto mit sich bringt – und gehen dabei von einem Mittelklassewagen aus, der auf 100 Kilometern 18 Kilowattstunden elektrische Energie verbraucht. Als Strompreise setzen wir 35 Cent pro Kilowattstunde an der Wallbox zu Hause und 60 Cent an Schnellladestationen unterwegs an. Meine Erfahrungen der vergangenen Jahre: Zu zwei Dritteln lädt man als E-Auto-Fahrer daheim, zu einem Drittel unterwegs. Damit kommen wir auf Kosten in Höhe von 7,80 Euro je 100 Kilometer. Selbst mit einem sparsamen Diesel hat man heute oft höhere Ausgaben.

Bei einer Haltedauer eines Neuwagens von sieben bis zehn Jahren lohnt aber ein Blick in die Zukunft: Hier ist bei den Verbrennern mit zusätzlichen Kostenbelastungen durch CO2-Abgaben zu rechnen. Beim Strom hingegen erwarte ich durch den Ausbau der erneuerbaren Energien sinkende Preise. Einfahrverbote in städtische Umweltzonen müssen E-Auto-Fahrer nicht befürchten.

Dem meist höheren Kaufpreis eines Elektroautos stehen Ersparnisse bei Kfz-Steuer und Wartung gegenüber. Durch die Rekuperation verschleißen Bremsen viel weniger, Ölwechsel gibt es keine mehr. Außerdem verfügen E-Autos bereits in der Grundausstattung über Komfortfunktionen wie Standheizung oder Vorklimatisierung per App. Bei Verbrennermodellen gibt es so etwas oft nur gegen Aufpreis. Nicht zuletzt ist gerade im Kurzstreckenbetrieb der geringere Verschleiß ein Vorteil. Noch preiswerter fährt, wer sein Auto mit selbst erzeugtem Strom von der eigenen Photovoltaik-Anlage betreibt.

Nicht monetär beziffern lassen sich Vorteile wie das entspannte Fahren fast ohne Motorgeräusch und die dynamische Beschleunigung des Elektroantriebs. Mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur auf öffentlichen Parkplätzen, an Supermärkten oder auf Firmengeländen können auch Mieter ohne eigene Lademöglichkeit ein Elektroauto in ihren Alltag integrieren. Neben den finanziellen Vorteilen trägt die Nutzung erneuerbarer Energien zum Klimaschutz bei. Und das E-Auto entlastet Anwohner an den Hauptverkehrsstrecken – durch weniger Emissionen und weniger Lärm.


Die große Spritpreisfrage

  • Darauf haben viele Dieselfahrer gewartet: Im Mai sind die Preise für den Kraftstoff deutschlandweit um acht Cent auf durchschnittlich 1,58 Euro pro Liter gesunken. Diesen Wert hat das Portal mehr-tanken.de auf Basis von Daten der Markttransparenzstelle des Bundeskartellamtes und Nutzermeldungen errechnet. Ein Vorjahresvergleich zeigt noch größere Unterschiede: Damals kostete der Liter Diesel im Schnitt 45 Cent mehr.
  • Nahezu identische Zahlen meldet die Konkurrenz von clever-tanken.de. Dass die Preise seit Oktober 2022 nahezu ausschließlich geschrumpft sind, liege an den Ölpreisen, sagt der Gründer des Portals, Steffen Bock. Die überwiegend fallende Tendenz sei an den Zapfsäulen sichtbar geworden. Mittlerweile sieht der Branchenkenner die Kraftstoffpreise wieder anziehen. Einer der Gründe sei die beginnende weltweite Reisesaison, die die Nachfrage nach Kraftstoffen ankurbele, so Bock.
  • Tanktourismus gen Osten oder Südosten lohnt sich je nach Grenznähe mal mehr und mal weniger. Beispiel Sachsen: Hier lagen die günstigsten Preise in Zgorgelec am Freitag bei rund 1,35 Euro für Diesel und rund 1,44 Euro für Super E5. Im tschechischen Varnsdorf nährten sich die Dieselpreise sogar die 1,30-Euro-Grenze. Super war dagegen deutlich teurer als hinter der deutsch-polnischen Grenze.
  • Wer hierzulande einen Tankstopp einlegt, sollte das laut ADAC abends zwischen 21 und 22 Uhr tun. Dann sind sowohl Diesel als auch Super (E10) fast vier Cent billiger als im Tagesschnitt. Die Zahl der regelmäßigen täglichen Preisspitzen liegt bei beiden Kraftstoffarten bei sieben – ihre Zahl hat sich zuletzt nicht geändert.
  • Im Langzeitvergleich ist der Kraftstoffkauf nach wie vor kostspielig. 2022 meldete der ADAC ein Allzeithoch in Deutschland: Diesel kostete im Mittel fast 1,95 Euro, E10 rund 1,86 Euro je Liter. (rnw/are)