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Wie groß ist die Lithiumlagerstätte in Zinnwald wirklich?

Mit Spannung werden die Zahlen nach der großen Bohrkampagne der Jahre 2022/23 erwartet. Sie kommen verspätet, können dem Projekt aber neuen Schwung geben.

Von Franz Herz
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Marko Uhlig (li.) ist neuer Geschäftsführer der Zinnwald Lithium GmbH, hier im Gespräch mit Bohrarbeiter Miroslav Wilczek
Marko Uhlig (li.) ist neuer Geschäftsführer der Zinnwald Lithium GmbH, hier im Gespräch mit Bohrarbeiter Miroslav Wilczek © Egbert Kamprath

Zum Beginn des Jahres 2023 hatten sich in Zinnwald auch bei Eis und Schnee die Bohrer gedreht, um Gesteinsproben aus bis zu 300 Meter Tiefe zu gewinnen. Diese Arbeiten wurden im Frühjahr noch verstärkt. Da wurden weitere Geräte herangeholt. Insgesamt liefen zeitweise sechs Bohrer, während die Bohrkampagne im Sommer 2022 nur mit zwei Geräten begonnen hatte. Die Ergebnisse sollten eigentlich schon vorliegen, aber sie enthalten Überraschungen.

Ihre Auswertung dauert deshalb länger und kommt erst im Jahr 2024, wie Zinnwald Lithium kurz vor Weihnachten an der Londoner Börse mitteilte. Im zurückliegenden Jahr war spürbar, wie das Projekt mit mehr Druck vorangetrieben wurde, der allerdings auch Gegendruck erzeugte.

Großinvestor aus dem Fach ist eingestiegen

Eine Finanzierungsrunde im März brachte 21 Millionen Euro neues Kapital in das Zinnwalder Unternehmen. Und mit AMG (Advanced Metallurgical Group) ist ein Großinvestor eingestiegen, der jetzt ein Viertel der Anteile hält. AMG hat nicht nur neues Geld gebracht, sondern hat auch viel Fachwissen, was die Verarbeitung von Lithium angeht. Der Konzern baut derzeit in Bitterfeld eine Fabrik zur Lithiumverarbeitung.

Ergebnisse der DDR-Erkundung bestätigt

Zinnwald Lithium konzentriert sich im Osterzgebirge auf die Lagerstätte in Zinnwald. Aber das Unternehmen behält auch die anderen Vorkommen in der Region im Auge. Das Unternehmen besitzt schon Erkundungslizenzen für Falkenhain, Sadisdorf und hat 2023 eine neue Lizenz für Bärenstein erhalten. Erste Bohrungen in Falkenhain brachten auch interessante Ergebnisse. Vor allem bestätigten sie die Erkenntnisse, die schon zu DDR-Zeiten gewonnen worden sind. Das heißt, man kann sich auf die alten Arbeiten verlassen.

Diese Bohrkerne wurden bei Erkundungsbohrungen in Zinnwald gewonnen, um den Lithiumgehalt im Gestein zu ermitteln.
Diese Bohrkerne wurden bei Erkundungsbohrungen in Zinnwald gewonnen, um den Lithiumgehalt im Gestein zu ermitteln. © Egbert Kamprath

Geheimplanungen kosten Vertrauen

Ein anderer wichtiger Schritt ging 2023 für Zinnwald Lithium allerdings nach hinten los. Im Sommer sollte das Planungsverfahren vorbereitet werden. Am Anfang steht dabei üblicherweise ein Scopingtermin. Bei dem sitzt das Unternehmen mit den Behörden und anderen betroffenen Verbänden an einem Tisch. Dabei sprechen sie dann ab, was für eine Genehmigung nötig ist. Das Unternehmen sagt, was es vorhat. Die Behörden und Verbände, was es dafür bringen muss: Gutachten zu Lärm, Staub und anderen Umweltfragen, Wasseruntersuchungen und anderes.

Zinnwald Lithium hat für diesen Termin viele Ideen aufgeschrieben, eine Halde bei Bärenstein, eine Bahnverladung am Geisingberg und anderes, von dem aber die betroffenen Nachbarn, ja selbst Grundstückseigentümer gar nichts wussten. Mit ihnen hatte niemand gesprochen. Aber die Pläne wurden dennoch bekannt. Das hatte einen Vertrauensverlust zur Folge. In Bärenstein gründete sich eine Bürgerinitiative, die seitdem das Lithium-Projekt kritisch begleitet.

Neuer Geschäftsführer stellt sich der Diskussion

Das Unternehmen hatte dann erkannt, dass es anders mit den Menschen umgehen muss, wenn es sie mitnehmen will. Zinnwald Lithium hat ein Kommunikationsunternehmen angeheuert und auch seinen Geschäftsführer ausgewechselt. Der promovierte Chemiker Torsten Bachmann, der das Lithium-Projekt von Anfang an begleitet hat, musste im Oktober Platz machen für 54-jährigen Marko Uhlig. Der ist ein gelernter Bergmann und international erfahrener Manager.

Seit seinem Amtsantritt ist er unterwegs bei verschiedenen Stellen und stellt sich der Diskussion. Denn eines ist sicher. Moderner Bergbau läuft zwar anders als das, was zu DDR-Zeiten üblich war, aber nicht ganz ohne Belastung. Uhlig sagt: "Ohne Kompromisse auf beiden Seiten wird es nicht gehen."

Beschluss des Europäischen Parlaments gibt Rückenwind

Das Lithium-Projekt bekommt aber Rückenwind von höchster Stelle. Das Europäische Parlament hat Anfang Dezember ein Gesetz für kritische Rohstoffe verabschiedet, zu denen auch Lithium zählt. Berater des EU-Parlaments gehen davon aus, dass in Europa im Jahr 2030 zwölfmal so viel Lithium gebraucht wird wie noch im Jahr 2020. Und die Nachfrage wird noch weiter steigen. Immer mehr Geräte funktionieren mit Akkus, vor allem Elektroautos benötigen große Batterien, also auch viel Lithium.

So entwickelte sich 2023 der Aktienkurs von Zinnwald Lithium. Nach dem Einstieg eines neuen Großaktionärs folgte ein Anstieg, inzwischen ist er wieder gesunken.
So entwickelte sich 2023 der Aktienkurs von Zinnwald Lithium. Nach dem Einstieg eines neuen Großaktionärs folgte ein Anstieg, inzwischen ist er wieder gesunken. © Börse London

Nach der Finanzierungsrunde im Frühjahr ist der Aktienkurs von Zinnwald Lithium deutlich gestiegen. Kostete ein Anteil Anfang des Jahres 2023 noch sieben britische Penny, stieg der Preis im Mai über 15 Penny, sank seitdem aber wieder. Mitte Dezember stand er bei 7,65 Penny. Neue Impulse für den Aktienkurs werden jetzt erwartet, wenn neue Informationen veröffentlicht werden. Aber daran arbeiten die Spezialisten noch.

Ressourcenschätzung mit Spannung erwartet

Mit Spannung erwartet wird die neue Ressourcenschätzung für Zinnwald. Das ist sozusagen das Ergebnis der Bohrkampagne. Die letzten Unterschriften fehlen noch zur Veröffentlichung des Dokuments. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass im Erzgebirge unter Zinnwald mehr Lithium liegt und abgebaut werden kann, als bisher bekannt. Bei den Bohrungen hat Zinnwald Lithium nicht nur den Kern der Lagerstätte betrachtet mit ihrem Greisen-Gestein, das die höchsten Lithium-Werte hat. Auch der Albit-Granit ringsherum wurde angebohrt. Er hat zwar niedrigere Lithiumwerte als das Greisengestein, aber immer noch genug, dass sich der Abbau lohnen könnte.

Wenn die Schätzung des Lithiumvorrats veröffentlicht ist, geht die Arbeit weiter. Dann verfasst Zinnwald Lithium seine Machbarkeitsstudie, die auch betrachtet, wie das Erz abgebaut, aufbereitet und zu Lithiumhydroxid verarbeitet werden kann, das die Batterieindustrie benötigt. Es sind also im neuen Jahr interessante Informationen zur Lagerstätte Zinnwald zu erwarten.