Gaskrise: Wut-Brief eines Löbauer Großvermieters

Die Gasversorgungs-Krise lässt etliche deutsche Mieter zittern - und das im Wortsinn. Denn spätestens mit Beginn der nächsten Heizperiode droht eine Explosion der Gaspreise. Die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde machte jüngst von sich reden, weil sie das Warmwasser für ihre Mieter rationiert. Auch zwischen Löbau und Zittau gibt es viele Großvermieter. Wie gehen sie mit der Situation um? Drehen auch sie ihren Mietern das Warmwasser ab? SZ hat sich umgehört. Und eine große Wohnungsgenossenschaft mit Wohnungen in Löbau und Zittau nutzte diese Anfrage für einen Rundumschlag gegen die Politik.
So antworten Karsten Görlach und Harald Kaulich als Vorstände der in Löbau ansässigen Wohnungsgenossenschaft in der Oberlausitz (WGO): "Beginnen möchten wir mit einem Applaus für Herrn Kühn-Meisegeier von der Wohnungsgenossenschaft in Dippoldiswalde, weil er sich nicht nur getraut, sondern weil er den Ernst der Lage erkannt und nach einer Problemlösung für seine Mitglieder gesucht hat." Es stehe dabei gar nicht zur Diskussion, ob es unbedingt dieser Weg sein müsse. Aber: "Die Wohnungsgenossenschaften werden immer Lösungen zum Wohle ihrer Mitglieder und Mieter suchen. Da gibt es keine gedanklichen Verbote, wenn es den Bewohnern am Ende hilft, die anstehende, sehr schwierige Situation der Beheizung im Winter zu meistern."
- Sie haben Hinweise, Kritik oder Lob? Dann schreiben Sie uns per E-Mail an sz.loebau@sächsische.de oder sz.zittau@sächsische.de
"Gezieltes gegen die Wand fahren der Wirtschaft"
Die beiden WGO-Vorstände ärgern sich, dass institutionelle Mietervertreter in solchen Fällen zu einer Mietkürzung raten. "Ein Mieterbund, welcher sich bei der sich entwickelnden dramatischen Lage auch noch hinstellt und den Mietern empfiehlt, bei Absenkung der Raumtemperatur die Miete gegenüber dem Vermieter zu mindern, der hat wohl noch nicht begriffen, welche Folgen dies insgesamt nach sich ziehen könnte", schreiben sie und schildern die Lage. Demnach seien die Preise für Heizenergie jetzt bereits doppelt so hoch wie 2021 - "Und dabei ist der zu berücksichtigende Index noch gar nicht vom Ukraine-Krieg beeinflusst", so die Vorstände.
- Mehr Nachrichten aus Löbau und Umland sowie Zittau und Umland
Die Schuld sehen sie in der aktuellen Energiewende-Politik: "Vielmehr geht es der Politik doch darum – auf Teufel komm raus – sich von den fossilen Brennstoffen zu lösen", schreiben die WGO-Vorstände. Ein an sich gutes Ziel, aber: "Eine kluge Regierung würde zuerst für die notwendige Menge an erneuerbaren Energien sorgen und dann die fossilen Brennstoffe teuer machen. Was wir hier sehen, ist in unseren Augen das gezielte gegen die Wand fahren der deutschen Wirtschaft und der gesamten Bevölkerung", schreiben sie. Schließlich würde auch niemand bei sich zu Hause die Heizung abdrehen, ohne zu wissen, wie er dann heizen solle. In den aktuellen Informationen für die Wohnungswirtschaft würde man nun von der Politik auf ein Szenario mit etwa den vierfachen Heizkosten gegenüber 2021 „vorbereitet“. "Glauben Sie daran, dass dies die Mieter in Sachsen einfach so bezahlen können?", fragen die Vorstände.
Wie die WGO nun konkret für ihre rund 1.400 Wohnungen in Löbau und Zittau verfährt, dazu teilen die Vorstände nichts mit. Nur: "Die Wohnungswirtschaft wird pragmatische Lösungen finden müssen und diese mit den Mitgliedern und Mietern soweit möglich abstimmen." Wie aber die beschriebenen Szenarien vermieden werden können, dafür sei die Politik zuständig. "Vielleicht gesteht man sich ja den riesigen Fehler ein und öffnet in letzter Sekunde noch Nord-Stream 2, was zu einer deutlichen Reduzierung des Gaspreises führen würde, aber wir kennen bisher keine Politiker, die Fehler öffentlich eingestehen", schreiben die Vorstände und betonen, dass auch sie für den zeitnahen Ausbau der erneuerbaren Energie sind. "Seit Jahren würden wir gerne unseren Mietern den selbst erzeugten Fotovoltaik-Strom verkaufen - was aber immer noch nicht möglich ist, weil die Politik es seit Jahren nicht geklärt bekommt, für die notwendigen steuerrechtlichen Lösungen zu sorgen."
Keine Energie-Sorge in Ebersbach
Beim stadteigenen Ebersbacher Wohnungsunternehmen (EWU) in Ebersbach-Neugersdorf ist eine Rationierung des Warmwassers kein Thema. "Das bringt ja auch nur was bei einer zentralen Warmwasserversorgung", sagt Geschäftsführer Andreas Stein auf SZ-Anfrage. Würden Mieter Warmwasser etwa mit einem Boiler, einem Durchlauferhitzer oder einer Gastherme individuell erzeugen, hätten sie auch die Warmwasserversorgung stets in der eigenen Hand. Selbst eine drastische Gaspreis-Erhöhung würde die Mieter der EWU nicht treffen, so Stein.
- Nachrichten von Sächsische.de gibt es auch auf Facebook aus Löbau und aus Zittau.
Mindestens drei Viertel der etwa 850 Wohnungen würden ihre Wärme nämlich vom braunkohlebefeuerten Heizkraftwerk der Stadtwerke Oberland beziehen. "Da steigen die Preise auch, aber längst nicht so drastisch wie beim Gas", sagt Stein. Allerdings müsse man mit der in Kürze fälligen Betriebskostenabrechnung die monatlichen Vorauszahlungen für die Mieter erhöhen. Um konkret wie viel konnte Stein noch nicht sagen.
Mieter sparen jetzt schon Energie
Auch die Wohnungsgenossenschaft Großschönau plant keine Rationierung von Warmwasser. "Nein, eine solche Rationierung ist nicht im Gespräch", informiert Geschäftsführerin Kati Friedrich auf SZ-Anfrage. "Wir haben durch die Fernwärmeversorgung der Wohnbau und Wärmeversorgung Großschönau GmbH noch keine neuen Preise erhalten, weshalb auch noch keine Anpassungen erforderlich sind", erklärt sie. Die Kosten würden monatlich in Rechnung gestellt. Sollte sich ein Preis erhöhen, werde man die Mieter anschreiben und die Vorauszahlungen entsprechend anpassen. "Es ist allerdings zu beobachten, das unsere Mieter/Mitglieder viel sparsamer mit ihrer Energie umgehen als in den letzten Jahren. Die Verbräuche sind insgesamt gesunken", so Friedrich.
Die stadteigene Wohnbaugesellschaft Zittau hat jüngst über den Sommer die Heizungen abgedreht. "Es gibt in dieser besonderen Situation nicht „das Rezept“, sondern viele einzelne Bausteine können die Verbräuche reduzieren und jeder kann mithelfen. Dafür werben die Mitarbeiter der WBGZ", teilt Geschäftsführerin Uta-Sylke Standke mit. Das Unternehmen werde anhand der sich darstellenden Lage zur Höhe der Kosten und weiteren einzuleitenden Maßnahmen auf sogenannte „Sicht fahren“ und entscheiden.