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Ist das Energienetz im Landkreis Bautzen auf die Wärmewende vorbereitet?

Wärmepumpe statt Kohleheizung, Wasserstoff statt Gas - Heizen soll klimaneutral werden. Wie sich Netzbetreiber im Kreis Bautzen darauf vorbereiten.

Von Tim Ruben Weimer
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Das Heizkraftwerk der EWB an der Löbauer Straße in Bautzen versorgt rund 7.000 Einwohner mit Fernwärme. Das spart zwar CO2, ist aber noch nicht klimaneutral.
Das Heizkraftwerk der EWB an der Löbauer Straße in Bautzen versorgt rund 7.000 Einwohner mit Fernwärme. Das spart zwar CO2, ist aber noch nicht klimaneutral. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Das vom Bundeswirtschaftsministerium vorgeschlagene Gebäudeenergiegesetz sah ursprünglich vor, dass schon ab 2024 neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden müssen. Das hat die Ampelkoalition nun so nicht durchgehen lassen: Legt die Stadt oder Gemeinde einen kommunalen Wärmeplan vor, sind auch weiterhin reine Gasheizungen erlaubt - sofern sie sich auf Wasserstoff umrüsten lassen. Darauf hat sich die Koalition jetzt geeinigt. Wie gut ist das Strom- und Wärmenetz im Landkreis Bautzen darauf vorbereitet?

Wie grün ist die Energie im Landkreis Bautzen bereits?

Heizen mit komplett grüner Energie beschränke sich in der Stadt Bautzen bislang noch auf Wärmepumpen, sofern diese auch mit grünem Strom betrieben werden, erklärt Dietmar Isensee, der bei den Bautzener Energie- und Wasserwerken (EWB) für Planung und Projekte zuständig ist. Das Fernwärmenetz werde mit Erdgas betrieben, rund zwei Drittel der Wärme kämen aus dem 2018 in Betrieb genommenen Blockkraftwerk an der Löbauer Straße. Weitere Energie für das Fernwärmenetz stamme aus einer Solarthermie-Anlage, die derzeit als Pilotprojekt betrieben wird. Möglichkeiten wie Erdwärme oder Wärme aus dem Stausee würden derzeit geprüft.

Auch die Aktiengesellschaft Energie und Wasserversorgung (Ewag) in Kamenz betreibt Kraftwärmekopplungsanlagen, die sowohl Strom als auch Fernwärme erzeugen, ergänzt durch eine Holzpelletanlage und je nach Bedarf einen Erdgaskessel.

Wie wird sich die Wärmeversorgung verändern?

Die EWB verfolgen das Ziel, das Fernwärmenetz in den nächsten zehn Jahren vollständig auf kohlenstoffarme Energiequellen umzustellen, berichtet Isensee. Dazu werde bis Ende 2023 ein Transformationsplan entwickelt, der unter anderem den Einsatz von Großwärmepumpen, Photovoltaikanlagen, Windparks und Biomasse bewerte.

Der Ausbau des Fernwärmenetzes soll in sogenannten Vorranggebieten vorangetrieben werden. Potenzial sehen die EWB dafür fast ausschließlich in Stadtteilen südlich der Löbauer Straße sowie in der Altstadt. Erschlossen sind bereits große Teile des Stadtteils Gesundbrunnens. Derzeit haben die EWB rund 7.000 Fernwärmekunden.

Torsten Pfuhl, Vorstandvorsitzender der Ewag Kamenz, sagt: "Die bisherigen sich ständig ändernden Verlautbarungen der Bundesregierung lassen derzeit eine verlässliche Einschätzung von Veränderungen in der Heizungslandschaft für die nächsten Jahre nicht zu." Die Ewag sei aber bereit, ihr Fernwärmenetz auch in weiteren Stadtgebieten anzubieten. Der Anschluss von Wohngebieten wie der Elsteraue und Teilen des Stadtteils Jesau werde derzeit geprüft. Auch das von der Ewag betriebene Fernwärmenetz in Pulsnitz könne weiter ausgebaut werden.

Werden die Kommunen Wärmepläne vorlegen?

Verpflichtend sollen Kommunale Wärmepläne für Städte mit mehr als 10.000 Einwohnern ab 2028 werden. "Wir haben uns über die Kommunale Wärmeplanung mit der Stadt Bautzen schon seit Anfang des Jahres Gedanken gemacht", sagt Isensee von den EWB. Darin solle geregelt werden, bis wann die Energienetze auf erneuerbare Energieträger umgestellt werden. Auch die Ewag in Kamenz hat der Stadt ihre Mitwirkung an einer kommunalen Wärmeplanung zugesagt.

Lassen sich die Gasnetze auf Wasserstoff umstellen?

Das Gasnetz der EWB solle zunächst im Bestand erhalten werden, erklärt Isensee. Ob eine schrittweise Umstellung auf Wasserstoff möglich ist, werde derzeit geprüft. Eine Rolle spiele dabei, ob die derzeitigen Kunststoffrohre der Belastung durch Wasserstoff standhalten würden. Da Wasserstoff einen geringeren Brennwert als Gas habe, müsse möglicherweise der Druck auf die Rohre erhöht werden, um mehr Wasserstoff hindurch pumpen zu können. Die Ergebnisse der Prüfung erwarte die EWB in zwei bis drei Jahren. Die Ewag in Kamenz betreibt kein Gasnetz.

Wie belasten Wärmepumpen das Bautzener Stromnetz?

Die EWB sehen für eine steigende Zahl von Wärmepumpen im Stadtgebiet ihr Stromnetz gut vorbereitet. Da Bautzen zu DDR-Zeiten eine Industriestadt gewesen sei, sei das Stromnetz hier gut ausgebaut, so Isensee. Eine Netzanalyse solle in den nächsten Jahren die Straßenzüge definieren, in denen ein Ausbau nötig wäre. Problematisch sei vor allem, dass viele Stromanschlüsse von Mehrfamilienhäusern nicht für die benötigte Strommenge einer Wärmepumpe ausgelegt seien.

Bei Minustemperaturen stellen Wärmepumpen eine außerordentliche Belastung für die Stromnetze dar.
Bei Minustemperaturen stellen Wärmepumpen eine außerordentliche Belastung für die Stromnetze dar. © dpa/Jan Woitas

Für den Netzbetreiber Sachsen-Netze sind Wärmepumpen ein größeres Thema, da im ländlichen Raum meist keine Fernwärmenetze existieren. Eine Wärmepumpe benötige 3.000 bis 4.500 Kilowattstunden Strom im Jahr, sagt Steffen Klinger, der bei Sachsen-Netze das Assetmanagement Strom leitet. Das entspreche dem Strombedarf eines Vier- bis Fünf-Personen-Haushaltes.

Stromfresser sei vor allem der zusätzliche Heizstab, der ähnlich wie ein Tauchsieder funktioniere und bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt hinzugeschaltet werde. Er erbringe rund doppelt so viel Leistung wie die restliche Wärmepumpe.

Klinger geht bis 2025 von einer Verdopplung und bis 2030 von einer Vervierfachung der Zahl der Wärmepumpen aus. "Es wird eine Herausforderung, weil wir an vielen Stellen das Stromnetz ausbauen müssen", sagt Klinger. Bislang lehne der Energieversorger aber kaum Anträge für Wärmepumpen ab.

Schwieriger sei es, wenn Genossenschaften ganze Wohnblöcke auf Wärmepumpen umstellen. So etwas ist in Bautzen bislang nicht bekannt. "Es wäre bei größeren Objekten möglich", sagt Falko Glück von der Wohnungsgenossenschaft Aufbau, "allerdings ist das in unseren Bestandsbauten mit hohem Aufwand verbunden." Derzeit setze die Genossenschaft eher auf den Anschluss an die Fernwärme.