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Wärmewende: Diese Kosten bringt das neue Heizungsgesetz für Eigentümer

Die Wärmepumpe wird künftig in vielen Fällen alte Gas- und Ölheizungen ersetzen. Mit welchen Kosten müssen Immobilieneigentümer rechnen? Ein Blick in die Praxis.

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Eine in der Fertigung befindliche Wärmepumpe in einer Werkshalle des Unternehmens "Stiebel Eltron": Die Wärmepumpe werden künftig wohl in vielen Fällen alte Gas- und Ölheizungen ersetzen.
Eine in der Fertigung befindliche Wärmepumpe in einer Werkshalle des Unternehmens "Stiebel Eltron": Die Wärmepumpe werden künftig wohl in vielen Fällen alte Gas- und Ölheizungen ersetzen. © dpa/Moritz Frankenberg

Von Klaus Stratmann und Silke Kersting

Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die noch vor der Sommerpause vom Bundestag beschlossen werden soll, ändert sich das Heizen in Deutschland grundlegend. Wärmepumpen dürften zur neuen Standardheizung werden.

Welche Kosten kommen auf Immobilieneigentümerinnen und Immobilieneigentümer in den nächsten Jahren zu? Eine Orientierungshilfe anhand von drei Beispielfällen.

Beispiel 1: Einfamilienhaus, 120 Quadratmeter, freistehend, Baujahr 1970, unsaniert

Das Öko-Zentrum NRW, ein Beratungsunternehmen mit Schwerpunkt auf ökologischem Bauen und Sanieren, kalkuliert zunächst mit 35.000 Euro für den Wechsel von einer Ölheizung zu einer Luft-Wasser-Wärmepumpe. Der Preis umfasst auch die Demontage der alten Heizung.

Doch das ist nur der einfachste Fall. Deutlich teurer wird es, wenn statt eines Öl- oder Gaskessels etwa eine Nachtspeicherheizung ersetzt werden muss und die Warmwasseraufbereitung dezentral mit Durchlauferhitzern erfolgt.

Dann müssen neue Heizkörper eingebaut und Rohre durchs ganze Haus gelegt werden. Auch das Wasserleitungssystem muss angepasst werden, weil Wasser künftig von der Wärmepumpe erwärmt wird. Das Öko-Zentrum rechnet in einem solchen Fall mit Gesamtkosten von rund 57.500 Euro.

Aber ist es damit wirklich schon getan? Muss nicht das Gebäude zusätzlich energetisch saniert werden? „Grundsätzlich kann man eine Wärmepumpe auch in einem Gebäude installieren, das energetisch noch gar nicht saniert ist“, sagt Manfred Rauschen, geschäftsführender Gesellschafter des Öko-Zentrums NRW.

Beispiel 2: Wohnung, 80 Quadratmeter, Gas-Etagenheizung im Mehrfamilienhaus

Hier müssen die Gas-Thermen in den einzelnen Wohnungen auf eine zentrale Beheizung über eine Wärmepumpe umgestellt werden. Dazu müssen die in der Wohnung vorhandenen Heizungsrohre mit neuen Rohrsträngen verbunden werden, die zur Wärmepumpe im Heizungskeller führen. Das Öko-Zentrum kalkuliert für diese Anpassungsmaßnahmen allein in der Wohnung mit 9.000 Euro.

Wenn zusätzlich auch eine dezentrale Warmwasseraufbereitung über elektrische Durchlauferhitzer ersetzt werden muss, steigen die Kosten deutlich und überschreiten den Wert von 20.000 Euro je Wohnung. Dabei sind aber die Kosten für die neue Wärmequelle noch nicht berücksichtigt, dazu gibt das nächste Beispiel eine Orientierung.

Beispiel 3: Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneinheiten

Das Öko-Zentrum kalkuliert für den Wechsel von einer Ölheizung in einem Mehrfamilienhaus mit sechs Wohneinheiten zu einer Luft-Wasser-Wärmepumpe mit 65.000 Euro. In Relation zu den Kosten im Einfamilienhaus ist das günstig.

Wesentlich teurer wird es, wenn im Fall des Sechsfamilienhauses von einer Stromheizung und dezentraler Warmwasserversorgung mit elektrischen Durchlauferhitzern auf eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit Zentralisierung der Warmwasserversorgung inklusive der Verrohrung von Heizkörpern umgestellt werden muss. In diesem Fall belaufen sich die Kosten auf gut 155.000 Euro.

„Bei den Preisbeispielen beziehen wir uns auf Daten aus dem Baukostenindex sowie auf unsere eigenen Erfahrungen und auf die Erfahrungswerte unseres Partnerunternehmens Renewa“, erklärt Rauschen. Die Preise seien nur Anhaltswerte. „Die Schwankungen von Fall zu Fall können deutlich sein. Es gibt auch erhebliche regionale Unterschiede“, sagt er.

Der erste Schritt führt zum Energieberater

Rauschen empfiehlt in jedem Fall, eine Energieberatung in Anspruch zu nehmen, je nach Inanspruchnahme staatlicher Fördermittel ist das sogar Pflicht. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bezuschusst die Energieberatung im Fall von Ein- und Zweifamilienhäusern mit bis zu 1.300 Euro. „Am Ende einer Energieberatung sollte ein Sanierungsfahrplan stehen, der klare Priorisierungen und eine mögliche zeitliche Abfolge aufzeigt“, sagt Rauschen.

Alle Beispielfälle lassen die Förderung unberücksichtigt. Man kann also unter Umständen noch einen erheblichen Teil der Kosten vom Staat erstattet bekommen. Aktuell wird etwa der Wechsel zur Wärmepumpe mit bis zu 40 Prozent gefördert. Nach den Plänen der Ampelkoalition soll die Förderung angehoben werden – auf bis zu 70 Prozent. Allerdings sollen die 70 Prozent nur für Hauseigentümer mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen von unter 40.000 Euro gelten. Die Basisförderung von 30 Prozent dagegen soll einkommensunabhängig ausgezahlt werden.

Die Wärmepumpen-Hersteller fürchten bereits, dass die geplante Erhöhung der Förderung auf bis zu 70 Prozent den aktuellen Wärmepumpen-Boom vorübergehend unterbricht. Falls die neue Fördersystematik synchron mit der geplanten Änderung der GEG-Novelle zum 1. Januar 2024 in Kraft treten sollte, würden ab sofort viele Vorhaben zurückgestellt, um im nächsten Jahr die höhere Förderung in Anspruch nehmen zu können, erwarten Branchenvertreter.

Haus- oder Wohnungseigentümer müssen allerdings erst handeln, wenn eine Heizungsanlage irreparabel kaputtgeht. Eine sofortige Austauschpflicht gibt es nicht. Sofern Heizungen repariert werden können, soll auch das möglich sein. Zudem soll das GEG erst wirksam werden, wenn die kommunale Wärmeplanung vorliegt.