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Was Sachsens Energieminister von der Wasserkraft hält

Bei einer Befragung im Landtag reagiert Sachsens Energieminister Wolfram Günther auf die Bauvorhaben des Wasserkraftverbands. Er plant auch Neues zum Umgang mit Fledermäusen.

Von Georg Moeritz
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Wasserräder und Turbinen können Strom erzeugen. Anders als der Wasserkraftverband sieht Sachsens Energieminister aber für Sachsen wenig Potenzial.
Wasserräder und Turbinen können Strom erzeugen. Anders als der Wasserkraftverband sieht Sachsens Energieminister aber für Sachsen wenig Potenzial. © Steffen Unger

Dresden. Mehr Stromproduktion oder mehr Schutz von Fischen und Mikroorganismen: Im Streit um den Ausbau von Wasserkraftanlagen hat sich Sachsens Umwelt- und Energieminister Wolfram Günther (Grüne) skeptisch zu Bauvorhaben des Wasserkraftverbands Mitteldeutschland geäußert. Der Verband hatte 170 bis 200 zusätzliche Turbinen in sächsischen Flüssen ins Spiel gebracht. Günther sagte am Donnerstag bei einer Befragung im Landtag, er könne sich im Moment keine "neuen Potenziale" in der Wasserkraft vorstellen.

Der Wasserkraftverband hatte am Dienstag ein Rechtsgutachten veröffentlicht, dem zufolge das überragende öffentliche Interesse an Energiesicherheit den Ausbau von Wasserkraft voranbringen könnte. Günther sagte, Bauprojekte für Wasserkraftanlagen könnten beantragt werden wie bisher und würden genehmigt, wenn die Voraussetzungen stimmten.

Es gebe jedoch weiterhin einen "Zielkonflikt" zwischen Wehren und Turbinen einerseits und der Durchgängigkeit von Gewässern und gutem ökologischem Zustand andererseits, sagte der Minister. Wo Wasser aufgestaut werde, gebe es bei Hochwasser keine zusätzlichen Auffangmöglichkeiten. Außerdem lagerten sich Sedimente ab, und die Tierwelt verändere sich dort.

Zwei Drittel des Waldes tabu für Windkraftanlagen

Der Minister antwortete auch auf Fragen von Abgeordneten, wann der angekündigte Maßnahmenplan zum Energie- und Klimaprogramm veröffentlicht werde. Ursprünglich sollte eine interministerielle Arbeitsgruppe das Paket Mitte vorigen Jahres fertigstellen. Günther sagte, es umfasse 200 Maßnahmen in neun Handlungsfeldern und solle vor der nächsten Sommerpause im Kabinett beschlossen werden. Viele Maßnahmen liefen schon, sagte Günther: "Wir warten nicht, bis das Paket fertig ist." Gleichzeitig arbeite die Behörde am Masterplan Klimabewusste Landesverwaltung und schreibe die CO2-Bilanz der Landesverwaltung fort.

Um die Genehmigung von Windkraftanlagen zu beschleunigen, arbeitet das Ministerium laut Günther auch an einem Leitfaden zum Umgang mit Fledermäusen. Er soll in der zweiten Jahreshälfte fertig sein. Zum Vogelschutz an Windkraft-Standorten gibt es seit Ende vorigen Jahres einen Leitfaden. Zusammen mit der Technischen Universität Dresden arbeiten Landesbehörden auch an Vorgaben für Freiflächen-Fotovoltaik, die dieses Jahr fertig werden sollen.

Bei den geplanten Windkraftanlagen in Waldgebieten nehme er die "naturschutzfachlichen Kriterien sehr ernst", sagte Günther. Er wies darauf hin, dass 65 Prozent der sächsischen Waldflächen nicht für Windenergieanlagen geeignet seien. In zehn Prozent gebe es "keine Konflikte", bei den übrigen 25 Prozent sei je nach Einzelfall zu entscheiden. Seit das Verbot von Windkraft im Wald gestrichen wurde, melden sich häufig Interessenten für Bauplätze bei den Behörden.

Günther bestreitet Stadt-Land-Gegensatz

Der Abgeordnete Thomas Prantl (AfD) sagte in der Befragung, nach seiner Ansicht müsse vor allem die Landbevölkerung die Auswirkungen der Energiewende tragen. Er fragte, ob auch die Elbwiesen in Dresden mit Fotovoltaik und der Leipziger Auwald mit Windkraftanlagen ausgestattet werden sollten. Günther erwiderte, die Versorgung mit Energie und Wärme diene den Menschen in Stadt und Land, außerdem hingen überall Arbeitsplätze daran - er sehe da keinen Stadt-Land-Unterschied.

Die Abgeordnete Antonia Mertsching (Linke) fragte den Minister, ob der Braunkohlekonzern Leag einen "Wettbewerbsvorteil" bekommen dürfe mit seinem angekündigten Vorhaben, ehemalige Tagebaugebiete zur Ökostromerzeugung zu nutzen. Die Leag hatte eine "Gigafab" aus Wind- und Solaranlagen angekündigt. Minister Günther sagte dazu: "Der Weg der Leag wird ausdrücklich begrüßt." Sie habe die nötige Infrastruktur, um den Einstieg in Erneuerbare Energien zu beschleunigen. Sachsen solle Energieland bleiben, dazu brauche es eine Vielzahl an Akteuren - in der Lausitz gehörten dazu auch Stadtwerke und Bürgerenergiegenossenschaften.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dirk Panter sagte im Landtag, Erneuerbare Energien müssten ausgebaut werden, auch auf Wunsch der Industrie. Überall "um uns herum" geschehe das schon, aber in Sachsen werde dagegen gekämpft. Anstelle von Erdgas aus Russland werde es künftig Wasserstoff aus der Elektrolyse geben.

Zum Konflikt zwischen Nahrungsmittel- und Energieproduktion sagte Günther, die Energieanlagen sollten bevorzugt auf schon versiegelten Flächen untergebracht werden - auf Dächern, Industriebrachen, auch auf Rekultivierungsflächen, also verfüllten ehemaligen Tagebauen. Er fördere auch Agri-Fotovoltaik, also Solaranlagen auf Landwirtschaftsflächen. Sie passten gut zum Beispiel zum Kartoffel- und Obstanbau und könnten bei Hitze sogar den Pflanzen Schatten spenden.