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Neobanken locken mit Gratiskonten

Bei Direktbanken ohne Filialen läuft das Geschäft über Apps oder Webseiten oft gebührenfrei. Was ist davon zu halten?

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Alle Neobanken bieten nicht nur ein günstiges oder sogar kostenloses Banking an, sondern wenden sich an bestimmte Zielgruppen
Alle Neobanken bieten nicht nur ein günstiges oder sogar kostenloses Banking an, sondern wenden sich an bestimmte Zielgruppen © Christin Klose/dpa

Von Horst Biallo

Neben etablierten Banken werben neue Fintechs um das Geld deutscher Kunden. Der Begriff steht für Financial Services und Technology – für junge, innovative Unternehmen, die Finanzdienstleistungen besonders kundenorientiert anbieten.

Die Gemeinsamkeiten

Die meisten Neobanken haben keine Banklizenz, sondern nutzen die Berliner Solarisbank, die auch die Infrastruktur stellt. Über diese gilt auch die gesetzliche Einlagensicherung von 100.000 Euro pro Person. Die Anbieter kreieren die Produkte, vertreiben die Konten und übernehmen den Kundenservice. Neben dem günstigen Preis bieten die meisten jeweils nur Debit-Kreditkarten an. Das heißt: Man kann diese Karten nur dann nutzen, wenn Geld auf dem Konto ist. Der Betrag wird auch gleich abgebucht. Einen Dispokredit sucht man bei diesen Banken vergeblich. Das hat den Vorteil, dass auch Verbraucher mit schlechtem Schufa-Scoring dieses Konto bekommen, da die Banken nicht danach fragen.

Die Unterschiede

Alle diese Unternehmen, die mit wenig Personal auskommen, müssen natürlich auch Geld verdienen. Das geht kaum mit den kostenlosen Konten oder Konten mit Monatspreisen von weniger als drei Euro. Sie offerieren daher noch ein, zwei oder drei andere Kontomodelle zu Preisen bis zu 17,99 Euro im Monat (Bunq) – mit wesentlich breiterem Leistungsspektrum. Diese Konten sollen dann "grün" oder "nachhaltig" sein. Auf den Internetseiten der Anbieter wird viel in diese Richtung fabuliert. Aber konkrete Beweise, wie das Konto der Umwelt hilft, bleiben die meisten schuldig.

Die Zielgruppen

Alle Neobanken bieten nicht nur ein günstiges oder sogar kostenloses Banking an, sondern wenden sich an bestimmte Zielgruppen. Bunq und Tomorrow fokussieren sich auf umweltbewusste Verbraucher. E&V Smart Money und Vivid Money mit ihren Unterkonten sind gut für Vermieter, mit mehreren Mietobjekten. Openbank und Revolut richten sich an Sparfüchse. Nuri und Fidor begeistern Krypto-Fans.

Die Kontoeröffnung

Ein Test bei mehreren Anbietern ergab: Die gebührenfreien Konten von Nuri, Insha oder Vivid waren in knapp acht Minuten eröffnet. Zumindest dann, wenn die abschließende Video-Legitimation bei einem Dienstleister wie IDNow oder WebID nicht dauernd belegt ist. Am Wochenende oder abends ist das allerdings meist kein Problem. Andere Banken oder Sparkassen kommen da nicht mit.

Die Stärken

Keine oder geringe Kosten für Monatspauschale, Banking und Debitkarte sind starke Argumente. Die unkomplizierte Kontoeröffnung zählt zu den Vorzügen. Hinzu kommt, dass diese jungen Unternehmen bei der Entwicklung ihrer Banking-Apps auf vorhandene Apps der etablierten Banken zurückgreifen und dabei vieles verbessern konnten. Da die Produktpalette klein ist, ist die Handhabung übersichtlich und sehr einfach. So kommen auch Kunden zurecht, die nicht internetaffin sind oder nur geringe App-Erfahrungen haben.

Die Schwächen

Wer gewohnt ist, sein Konto zu überziehen, sollte sich eine andere Bank oder Sparkasse aussuchen. Tauchen Probleme auf, muss man zunächst mit den Erläuterungen im Internet klarkommen. Telefonischer Service, wie man ihn von etablierten Internet-Banken wie ING oder DKB kennt, passt wohl nicht zum Geschäftsmodell der Neobanken. Anfragen per Mail werden beantwortet, oft aber mit Verzögerung.

Fazit

Mit Konten, die nichts oder fast nichts kosten und schnell eröffnet sind, kann man eigentlich nichts falsch machen. Warum soll man sich nicht einfach mal vom bisherigen Konto einen kleinen Betrag auf das neue Konto überweisen und sehen, wie man mit der App zurechtkommt? Und ist man damit zufrieden, kann man dann ja seine Geldeingänge, Daueraufträge und so weiter Stück für Stück umstellen. Läuft alles reibungslos, sagt man der alten Bank oder Sparkasse dann "Lebewohl".

Banking-Apps im Überblick

  • Bunq: Bunq wurde 2012 in Amsterdam als Start-up im Bankensektor gegründet. Seit Ende 2016 sind die Niederländer im Bereich der Girokonten vertreten und konnten sich ein internationales Ansehen aufbauen. Bunq bietet drei Kontomodelle.
  • Tomorrow: aus Hamburg hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben. Es gibt drei Kontomodelle: das Girokonto für Einsteiger; das nachhaltige Bankkonto mit mehr Funktionen, das Premiumkonto für noch mehr Klimaschutz. Über die höhere Kontogebühr werden CO2-Zertifikate finanziert.
  • E&V Smart Money: Das gebührenfreie Konto hat neben allen normalen Banking-Funktionen einen Vorteil, den Immobilieneigentümer zu schätzen wissen: Man kann drei Unterkonten mit eigener IBAN kostenlos einrichten. Zudem erhält man eine Online-Immobilienbewertung mit exklusivem Zugang zu Marktdaten. Wer seine Immobilie über den Mutterkonzern Engel & Völkers verkauft hat, profitiert vom E&V Festgeldkonto.
  • Vivid Money: verfügt über keine Banklizenz. Die GmbH nutzt die Infrastruktur der Solarisbank und fungiert als Technologie-Plattform. Das Konto ist ohne Mindestgeldeingang kostenlos. Dazu gibt es eine gebührenfreie Visa-Debitkarte mit sofortiger Kontobelastung. Vermieter erhalten bis zu 15 weitere IBAN-Nummern für Unterkonten mit umfangreicher Funktionalität.
  • Openbank: ist eine zur Santander-Gruppe gehörende Onlinebank und bietet ein kostenloses Girokonto und eine gebührenfreie Debit-Mastercard an. Ein Dispokredit wird nicht angeboten. Fünf Bargeldabhebungen pro Monat in der Eurozone sind kostenlos an rund 40.000 Automaten der Santander-Gruppe.
  • Revolut: ist eine Bank aus Litauen. Bei keiner Bank ging die Kontoeröffnung so schnell wie hier. Man musste lediglich den Personalausweis vorzeigen. Das Unternehmen bietet vier verschiedene Kontomodelle an, jeweils mit litauischer IBAN.
  • Nuri: Das Fintech Nuri aus Berlin kombiniert als erster Anbieter weltweit ein gebührenfreies Girokonto mit einer Wallet für Kryptowährungen. Über die kostenlose Visa-Debitkarte kann man sich weltweit kostenlos mit Bargeld versorgen.
  • Fidor: war die erste Fintechbank und ist nun ein etabliertes Institut mit großer Produktpalette wie Smartkonten, Krypto-Währungen, kostenlose digitale Mastercard. In Zusammenarbeit mit Bitcoin.de bietet Fidor einen Expresshandel an.
  • N26: hat sich mittlerweile fast zur Vollbank entwickelt. Denn neben einem kostenlosen Girokonto für Privatkunden bietet sie mittlerweile Geschäftskonten, Ratenkredite und Versicherungen an. Voraussetzung ist ein Smartphone.

Der Autor ist Gründer des unabhängigen Verbraucherportals Biallo.de; Einen detaillierten Überblick über die Konditionen der Neobanken finden Sie hier.