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Bauernproteste gehen weiter: Korsos rollen nach Dresden

Seit Montag machen Landwirte auch in SOE ihrem Unmut über die aktuelle Politik der Bundesregierung Luft. Heute müssen Autofahrer erneut mit Behinderungen rechnen.

Von Roland Kaiser
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Auch am Mittwochmorgen rollen wieder Traktorenkorsos durch Teile des Landkreises SOE. Die Landwirte steuern eine Großkundgebung in Dresden an.
Auch am Mittwochmorgen rollen wieder Traktorenkorsos durch Teile des Landkreises SOE. Die Landwirte steuern eine Großkundgebung in Dresden an. © Norbert Millauer

An diesem Mittwoch setzen die Landwirte ihren Protest fort. Bereits am Morgen bildete sich ein längerer Traktorentross an der B 173 zwischen Wilsdruff und Dresden. Dessen Ziel: die zentrale Versammlung auf dem Dresdner Theaterplatz.

Wie ein Polizeisprecher auf SZ-Anfrage mitteilte, soll diese gegen 11 Uhr starten. Im Vorfeld werden Fahrzeugkorsos aus verschiedenen Teilen des Freistaates in der Landeshauptstadt erwartet. Die Kundgebung werde voraussichtlich bis in den frühen Nachmittag andauern. Verkehrsteilnehmer müssen den Angaben zufolge mit erheblichen Einschränkungen im Bereich der Dresdner Innenstadt rechnen. Wer kann, sollte den Bereich nach Möglichkeit umfahren und deutlich mehr Zeit einplanen.

Aufgrund der Fahrzeugkorsos sind auch im Umland, insbesondere auf den Bundesstraßen 6, 170 sowie 173, Verkehrsbeeinträchtigungen zu erwarten. Neben der Dresdner Polizei unterstützen Beamte der sächsischen Bereitschaftspolizei den begleitenden Einsatz. Unter anderem eskortieren sie die Fahrzeugkorsos.

Diese haben sich zwischenzeitlich aus dem Umland auf den Weg ins Dresdner Stadtzentrum gemacht. Zu der zentralen Kundgebung erwarten die Organisatoren circa 10.000 Teilnehmer. Der sächsische Ableger des Vereins "Land schafft Verbindung" (LSV) sowie der Sächsische Bauernverband haben zur Teilnahme aufgerufen.

Bauern fordern fairen Umgang mit ihnen ein

"Wir erwarten von allen zukünftigen politischen Entscheidungsträgern, egal welcher Ebene, dass die einheimische und regionale Landwirtschaft wieder einen deutlich höheren Stellungswert im Bereich Wertschätzung und Wertschöpfung erhält", erklärte der aus Freital stammende LSV-Sprecher Marc Bernhardt. "Wir möchten weg von dem schwerfälligen und veralteten System, die deutsche Landwirtschaft mit Steuergeldern am Laufen zu halten. Es braucht künftig entsprechende politische Rahmenbedingungen, dies es uns Landwirten ermöglichen, unser Geld am erzeugten Produkt zu verdienen und damit zukunftssicher Investieren zu können."

Zudem werde erwartet, dass Produkte, die von außerhalb auf dem hiesigen Markt platziert werden, künftig die in der Bundesrepublik geltenden Standards und Auflagen erfüllen und entsprechend ihrer nationalen Herkunft gekennzeichnet werden. Zudem müsse die Stellung der Landwirte gegenüber den Verarbeitern und vor allem gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel deutlich verbessert werden. "Aktuell reichen alle ihre Kosten nach unten weiter und erwirtschaften ihre Gewinne auf Kosten der Bauern", mahnte er.

Die ursprünglichen Forderungen sind inzwischen etwas in den Hintergrund gerückt. Nachdem die Ampelkoalition bekanntgab, für den Haushalt 2024 die Agrardieselrückvergütung und die Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge ersatzlos streichen zu wollen, hatte es einen Aufschrei in den Reihen der Bauern gegeben. Einen Teil der Maßnahmen nahm die Ampelkoalition daraufhin zurück. Allerdings will sie an der Streichung der Agrardieselvergütung festhalten. Die soll nun vielmehr in Etappen auslaufen.

Indes gehen die jüngst in Berlin getroffenen Entscheidungen dem Deutschen Bauernverband nicht weit genug. Der erklärt auf seiner Internetseite: "Bislang zahlten Landwirte einen reduzierten Steuersatz auf Agrardiesel, um diesen auf den EU-Durchschnitt zu bringen. Die bisherige Agrardieselrückerstattung stellt die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Landwirte innerhalb der EU her."

Am kommenden Montag soll zum vorläufigen Abschluss der Protestwoche in der Bundeshauptstadt ebenfalls eine Großkundgebung stattfinden. Zu dieser werden Tausende Teilnehmer und Fahrzeuge erwartet.

Sachsens Parteien zeigen sich verständnisvoll

In Sachsens Parteienlandschaft stoßen die Proteste des Landwirte weitgehend auf Verständnis. Christian Fischer, Chef des CDU-Stadtverbandes Freital erklärte: "Wir alle brauchen auch in Zukunft eine starke Landwirtschaft vor Ort, die hochwertige Lebensmittel produziert, dabei unser Land dauerhaft und sicher mit bezahlbaren und gesunden Nahrungsmitteln versorgt." Um das zu schaffen, benötige es mehr Unterstützung und Erleichterungen anstatt Steuererhöhungen.

Etwas drastischer formulierte es AfD-Landeschef Jörg Urban: "Der deutsche Sonderweg Energiewende muss beendet werden." Viele Bauern, Arbeiter und Familienbetriebe seien durch die Klimarettungspolitik in ihrer Existenz bedroht. "Der Protest ist die legitime Antwort auf eine Politik gegen die Interessen der Bürger."

"Statt weiterhin auf Almosen wie die Agrardieselsubventionierung oder Kfz-Steuerbefreiung zu setzen, sollte die Agrarpolitik vom Kopf auf die Füße gestellt werden", betonte hingegen Antonia Mertsching von der Linkspartei. Das bedeute aus Sicht der Fraktion: Mehr öffentliches Geld für sozialversicherungspflichtige Jobs in der Landwirtschaft, ein Ende der Spekulation mit Lebensmitteln und vor allem eine Übergewinnsteuer für die großen Konzerne. Sollte die Bundesregierung den Bauern nicht entgegenkommen, rechnet sie mit weiteren Protesten und Blockaden.

"Die Politik sollte besser wieder klare Signale setzen, vor allem für den gesellschaftlich erwünschten Weg zu mehr Nachhaltigkeit und Tierschutz", stellte der landwirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Volkmar Winkler, fest.

Unterdessen forderte Franziska Schubert von den Bündnisgrünen Bundesfinanzminister Christian Lindner und dessen FDP dazu auf, sich im Rahmen der parlamentarischen Verhandlungen noch zu bewegen. "Es müssen jetzt nicht beide Maßnahmen, die die Landwirtschaft betreffen, kommen." Und sie fügte hinzu: "Die Zeit, ein kaputtes Dach zu reparieren, ist, wenn die Sonne scheint und nicht, wenn gerade Unwetter droht."

Am frühen Nachmittag endete die Versammlung auf dem Dresdner Theaterplatz. Noch während diese lief, sprach die Polizei von einer ruhigen Einsatzlage. 480 Beamte hätten diese begleitet. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass es im Zuge der Abreise der Demonstrationsteilnehmer zu erheblichen Verkehrseinschränkungen kommen könne. An Verkehrsteilnehmer erging der Hinweis, sich auf Verzögerungen einzustellen.