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Sächsische Ingenieure haben mitgebaut: Umweltsatellit Enmap im All

Der Umweltsatellit Enmap findet Dreck im Wasser und Gift im Boden. Am Freitag wurde er mit SpaceX erfolgreich ins All gebracht. Mitgebaut haben auch sächsische Ingenieure.

Von Stephan Schön
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Aus 650 Kilometern Höhe schaut der deutsche Umweltsatellit Enmap seit Freitag auf die Erde. Am Bau waren auch Sachsen beteiligt.
Aus 650 Kilometern Höhe schaut der deutsche Umweltsatellit Enmap seit Freitag auf die Erde. Am Bau waren auch Sachsen beteiligt. © DLR

Auf und davon. Enmap ist im All. SpaceX hat ihn hinauf geschafft. Seit Freitagabend kreist dieser neue deutsche Umweltsatellit um die Erde. Er wird die Erde in mehr Farben sehen. So wie sie noch nie gesehen wurde. Entscheidende mechanische Bauteile für diesen Satelliten sind in Coswig bei Dresden gefertigt worden. Mit 242 Kanälen, also mit 242 unterschiedlichen Augen kann Enmap den Zustand von Wasser, Erde und Leben erkennen.

Multispektralkameras haben Tradition in Deutschland. Damals, 1978, hatte Carl Zeiss Jena die spektakuläre MKF 6 mit Sigmund Jähn ins All gebracht. Das waren sechs verschiedene Farbkanäle. Auch die zeigten die Erde seinerzeit, wie sie nie zuvor gesehen wurde. Jetzt hat OHB in Bremen 242 Augen für 242 Farben geliefert. Sie alle sehen etwas anderes und zusammengenommen mehr.

Enmap erkennt mehr, als bisher über den Zustand des Planeten bekannt ist. Hyperspektralbilder nennt sich das. Und mit denen lässt sich beispielsweise nicht nur erkennen, welche Frucht da auf dem Feld wächst, sondern auch wie gut die Erdbeeren schon schmecken. Wie viel Zucker bereits darin steckt, ob der Reifegrad schon stimmt oder sich bereits faulige Stellen gebildet haben.

Auch Schädlinge entgehen den Sensoren nicht. So ließe sich beispielsweise künftig auch großflächig der Pflanzenstoffwechsel untersuchen und erkennen, welchen Gebieten bestimmte Nährstoffe fehlen oder welche Luftschadstoffe den Pflanzen zusetzen.

Fünf Jahre Einsatz im All

Enmap erkennt einzelne Moleküle von Pflanzen und Boden. Und deren Anteil. Wasser, Nährstoffe, Dünger, Erosion – der Acker wird neu sichtbar. Der Zustand der Gewässer ebenso. Aufwendige Wasserproben entfallen. Gleiches gilt für Bodenproben, mit denen sich die Umweltverschmutzung nachweisen lässt. Auch das passiert ab Sommer großflächig aus dem All. Jeder Punkt auf der Erde ist für den Satelliten aus 640 Kilometern Höhe erkennbar. Und das alle 27 Tage.

Stadtplaner erhalten so Informationen zu Hitzeinseln und Frischluftschneisen, zu Luftverschmutzung und zum Zustand des Stadtgrüns. Und vor der Stadt dann lassen sich aus den hyperspektralen Bildern von der Erdoberfläche Einblicke in die Tiefe ableiten.

Welche Bodenschätze sind dort verborgen? In welchem chemischen Zustand befinden sie sich, und vor allem wie viel ist wovon da? Selbst Seltene Erden, wichtig für die Elektronik, könnte Enmap im Boden aufspüren. Das Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ) ist der wissenschaftliche Partner für die gesamte Mission.

Am Freitagabend wurde der deutsche Umweltsatellit Enmap mit SpaceX gestartet.
Am Freitagabend wurde der deutsche Umweltsatellit Enmap mit SpaceX gestartet. © SpaceX

Nun im All soll dieser bislang einmalige Umweltsatellit fünf Jahre dort oben seinen Job machen. Enorme Datenströme werden jetzt erwartet. Die kommen aus dem All nach Oberpfaffenhofen. Im dortigen Kontrollzentrum des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) werden aus den Daten Bilder. In Echtzeit. Komplett neue Digital-Technologien mussten dafür entwickelt werden

OHB Systems hat im Auftrag des DLR diesen Satelliten gebaut. Die zwei wichtigsten mechanischen Systeme, ohne die nichts funktionieren würde, kommen jedoch aus Coswig. Beyond Gravity hatte sich dafür extra einen Reinraum gebaut, berichtet Projektleiter Kai Zajac. Laborausrüstung und Testequipment wurden beschafft. Die werde nun für weitere Raumfahrtprojekte genutzt, kündigt Zajac an.

Enmap war für Beyond Gravity ein Drei-Millionen-Euro-Projekt. Mehr als 20 Mitarbeiter aus Coswig waren daran beteiligt. Sie bereiten nun weitere Satellitenprojekte vor. Dabei arbeiten sie immer wieder auch mit der Raumfahrttechnik an der TU Dresden zusammen. Aus Coswig ist künftig noch einiges fürs All zu erwarten.