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US-Investor und Ex-Kaufhof-Aufsichtsratschef wollen Galeria kaufen

Ein Konsortium um den früheren Kaufhof-Eigentümer will Galeria übernehmen. Nun geht es darum, wie viele Standorte übrig bleiben.

Von Michael Rothe
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Ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und dem Unternehmer Bernd Beetz will die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof übernehmen.
Ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und dem Unternehmer Bernd Beetz will die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof übernehmen. © Jan Woitas/dpa

Ein Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC Equity Partners und dem Unternehmer Bernd Beetz will die insolvente Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof übernehmen. Das erfuhren Handelsblatt und Deutsche Presse-Agentur aus Verhandlungskreisen. Zu Deutschlands letzter Kaufhauskette gehört auch je ein Standort in Dresden, Leipzig und Chemnitz.

Am Mittwoch will der Verwalter Stefan Denkhaus die neuen Eigentümer öffentlich präsentieren. Er soll am Montag den Gläubigerausschuss informiert und tags darauf die Verträge unterschrieben haben. Alle Beteiligten – auch NRDC und Beetz, Präsident des Fußball-Drittligisten SV Waldhof Mannheim – hüllten sich vorab in Schweigen. Denkhaus hatte final mit zwei Bietern über den Verkauf der 92 Häuser verhandelt.

Offen ist, wie viele Standorte übernommen werden. Nach Angaben von Denkhaus sollen es „mindestens 60 plus X“ sein. Wie die Westdeutsche Allgemeine Zeitung erfuhr, sind es „mehr als 70“. Demnach würde jede vierte Adresse wegfallen, müssen viele der 12.800 Beschäftigten um ihren Job bangen. „Wir kämpfen wirklich um jede Filiale“, hatte Denkhaus zuletzt gesagt.

Angespannte Stimmung in Sachsens Galeria-Häusern

Noch weiß Andrea Busch von Verdi nicht so recht, was sie von der offenbar gefallenen Entscheidung halten soll. Die für Galeria in Sachsen zuständige Gewerkschaftssekretärin beschreibt die Stimmung an der Basis als „sehr angespannt“. Die Mitarbeitenden hofften, „dass der neue Eigentümer für und nicht gegen den Handel agiert“. Die Zeit der Unsicherheit müsse endlich vorbei sein, fordert sie.

Die US-Firma NRDC gehört dem kanadischen Unternehmer Richard Baker. Der 58-Jährige hat die Mehrheit an den Ketten Hudson Bay Company (HBC) und Saks Fifth Avenue, die in den USA und Kanada zahlreiche Warenhäuser betreiben. Baker war schon einmal Eigentümer von Galeria Kaufhof. HBC, das nach eigenen Angaben Nordamerikas ältestes Unternehmen ist, hatte die deutsche Warenhaustochter 2015 vom Handelskonzern Metro übernommen. Für Bakers Warenhauskette war es der erste Schritt auf den europäischen Markt.

Nach dem Kauf liefen die Geschäfte aber nicht rund. Im Frühjahr 2017 ging Konzernchef Oliver van den Bossche, der 2023 erneut die Führung von Galeria übernommen hat, von Bord. Im Sommer reduzierte der Kreditversicherer Euler Hermes überraschend die Limits für Lieferanten. Kaufhof hatte mit Umsatzrückgängen zu kämpfen und schrieb rote Zahlen. Im Geschäftsjahr 2017/2018 lag der Jahresfehlbetrag bei über 97 Millionen Euro, im Jahr darauf sogar bei mehr als 400 Millionen Euro.

Die Signa-Gruppe des Unternehmers René Benko, die kurz zuvor Karstadt übernommen hatte, bemühte sich 2015 vergeblich um den Kauf von Galeria Kaufhof. Anfang 2018 lehnte HBC ein weiteres Angebot zunächst ab. Im selben Jahr verkündeten Kaufhof und Karstadt dann aber ihren geplanten Zusammenschluss. Aufsichtsratschef von Kaufhof war damals Bernd Beetz, Ex-Chef des US-Kosmetikkonzerns Coty.

Im Dezember 2018 gab das Bundeskartellamt grünes Licht für die Fusion. HBC wurde daraufhin Minderheitseigentümer der neuen Holding, Signa übernahm zunächst 50,01 Prozent des fusionierten Unternehmens und 2019 dann alle Anteile. Der neue Warenhausriese Galeria Karstadt Kaufhof, der europaweit mehr als 240 Standorte mit rund 32.000 Mitarbeitern hatte, rutschte im folgenden Jahr jedoch in die erste Insolvenz.

Galeria legt drei Pleiten in dreieinhalb Jahren hin

Im Januar 2024 hat Galeria erneut einen Insolvenzantrag gestellt. Es war die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren. Anfang April eröffnete das zuständige Amtsgericht Essen das Verfahren. Der zum Verwalter bestimmte Denkhaus hatte ein Bieterverfahren gestartet, um einen neuen Eigentümer zu finden. Vor zwei Wochen teilte er mit, dass vier verbindliche Angebote für Galeria eingegangen seien. Mit zwei Bietern wurde anschließend weiterverhandelt. Beide verfügten über große Erfahrungen im deutschen Einzelhandel, hätten internationale Finanzierungspartner an ihrer Seite, so Denkhaus damals.

Der zweite Bieter, der am Ende noch in der Auswahl war, soll ein Konsortium um den ehemaligen Karstadt-Chef Helmut Merkel gewesen sein. Er war vor rund 20 Jahren Chef der Karstadt Warenhaus GmbH und ist heute Beiratsvorsitzender des Beratungsunternehmens Brook Valley.

Die Anzahl der verbleibenden Galeria-Standorte ist davon abhängig, wie die Gespräche mit den Vermietern laufen, die Denkhaus in den kommenden Wochen abschließen möchte. Der Insolvenzverwalter will die Entgelte reduzieren und strebt je nach Filiale eine Umsatzmiete von sieben bis elf Prozent an, bei besonders gut laufenden Geschäften auch etwas mehr.

Am meisten gefährdet sind Standorte, die Signa-Gesellschaften gehören und für die bisher Mieten gezahlt werden, die deutlich über Marktniveau liegen. Das gilt zum Beispiel für die Häuser in Heidelberg, Ulm, Aachen, Mainz, Würzburg und Wismar. Da es sich bei ihnen nicht um Toplagen in den Metropolen handelt, kann das Unternehmen womöglich auf sie verzichten.

Dresdner Filiale zahlt 20 Prozent vom Umsatz Miete

Schwierig ist die Lage auch bei den sogenannten Flagship-Stores im Eigentum von Signa-Gesellschaften. Die Häuser liegen an guten Standorten in Metropolen wie Hamburg, Berlin, Düsseldorf und Köln. Dort beträgt die Miete bislang bis zu 30 Prozent vom Umsatz. Die Filiale in Dresdens Prager Straße, Hauptgeschäftsmeile der Landeshauptstadt, soll nach Medienberichten 20 Prozent zahlen.

Der dortige Filialeiter will sich nicht zu den Nachrichten vom Dienstag äußern. Noch sei nichts offiziell verkündet worden, sagt Michael Zielke, nach eigener Aussage Chef einer etwa 400-köpfigen Belegschaft.

Die Gewerkschaft spricht von weit weniger Galeria-Beschäftigten im Freistaat: 130 in Dresden, 140 in Leipzig, 110 in Chemnitz. Laut Verdi-Frau Busch haben viele wegen der unsicheren Lage gekündigt, vor allem in Leipzig. Sie glaube nicht an größeren Stellenabbau, es brauche eher mehr Leute, sagt sie. Die Gewerkschafterin sieht angesichts schwarzer Zahlen für alle drei Standorte gute Überlebenschanchen.

Der Verwalter will bis Ende April einen Insolvenzplan vorlegen. Der muss vom Gericht geprüft werden. Das letzte Wort zu Plan und Übernahme hat am 28. Mai die Gläubigerversammlung am Konzernsitz in Essen. (mit dpa und Handelsblatt)