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DVB: Kommt jetzt das Billig-Ticket für Schüler?

Die Grünen halten weiter an der günstigen Fahrkarte für Dresden fest. Die DVB haben dafür jetzt eine Modellrechnung erstellt.

Von Daniel Krüger
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Mit Bahn und Bus zur Schule, das kostet in Dresden momentan rund 40 Euro. Nur ein Viertel der Schüler erhält eine Erstattung um die Hälfte des Preises.
Mit Bahn und Bus zur Schule, das kostet in Dresden momentan rund 40 Euro. Nur ein Viertel der Schüler erhält eine Erstattung um die Hälfte des Preises. © Rene Meinig (Symbolbild)

Dresden. Der Dresdner Stadtrat Johannes Lichdi (Grüne) ist weit über die eigene Fraktion hinaus für seine impulsive Art bekannt - und teils berüchtigt. Doch wenn er diesen Freitag schimpft, er habe "die Schnauze voll", kann ihm der Vorsitzende des Kreiselternrats Dresden, Martin Raschke, nur zustimmen. 

Warum gibt es noch kein Bildungsticket?

Es geht um das Bildungsticket, eine Schüler-Fahrkarte für Bus und Bahn. Bereits 2014 hatte die damalige schwarz-rote Koalition beschlossen, eine kostengünstige Variante sachsenweit einzuführen. Passiert ist seitdem jedoch nichts. "Martin Dulig ist an den Landräten gescheitert", sagt Raschke. Die nämlich haben als Chefs der Zweckverbünde die Hand auf den Tarifen.

Nun will die Dresdner Grünen-Fraktion im Stadtrat zumindest für die Landeshauptstadt die Einführung eines Bildungstickets erreichen. Versucht hatten sie es bereits im Mai vergangenen Jahres, waren aber mit der Forderung nach einer 15-Euro-Karte für alle Schüler gescheitert. 

Wer könnte vom Bildungsticket profitieren?

Im Rahmen der aktuellen Haushaltsverhandlungen soll es dieses Mal klappen. Dafür hat sich die Fraktion an die DVB gewandt, die zunächst eine Modellrechnung mit Mehrkosten aufgestellt hat. 

Demzufolge gibt es in Dresden insgesamt 75.000 Schüler. 20.500 von ihnen, also etwas mehr als ein Viertel, fährt mit dem ermäßigten Monatsticket der Verkehrsbetriebe, das aktuell 40,30 Euro kostet. 

13.500 dieser Schüler wiederum werden die Hälfte dieser Kosten erstattet, die Stadt Dresden zahlt dafür nach Berechnungen der DVB 3,25 Millionen Euro jährlich an Fahrtkostenzuschuss. Die Krux: Nur, wer mindestens zwei bzw. drei Kilometer - je nach Schulart - von der Schule entfernt wohnt, erhält Geld zurück. 

Um die Erstattung zu bekommen, müssen die Eltern jährlich einen Antrag bei der Schule stellen, der dann an die Verwaltung geht. Bei der Einschulung und beim Übergang in die erweiterte Schule prüft das Schulverwaltungsamt zusätzlich, ob der Schüler die Anforderungen der Schülerbeförderungssatzung erfüllt.

Was könnte durch das Ticket eingespart werden?

Laut Berechnung der Grünen seien in der Stadtverwaltung dafür 395 Arbeitstage im Jahr nötig, die Kosten beliefen sich auf rund 400.000 Euro, dazu käme ein enormer Verwaltungsaufwand in den Schulsekretariaten. Das sieht auch Martin Raschke so. 

"Momentan dauert es ein bis eineinhalb Jahre lang, bis Eltern die Erstattung bekommen - wenn sie nicht erst im Nachhinein feststellen, dass sie darauf ein Recht hätten", sagt der Anwalt. Dies zeigten auch die DVB-Zahlen, mindestens 7.000 Schüler würden zusätzlich generell ausgeschlossen. Die Verwaltung hat mittlerweile angekündigt, ab dem nächsten Schuljahr die Zahlungspraxis zugunsten der Eltern zu verändern. 

Die Grünen wollen, dass künftig jeder Schüler ohne Bedingungen Bus und Bahn nutzen kann. Allerdings ist Johannes Lichdi und seinen Parteikollegen auch bewusst, dass der Geldbeutel gerade in Corona-Zeiten alles andere als locker sitzt. 

"Wir geben das 15-Euro-Ziel nicht auf und nehmen auch weiterhin den Freistaat in die Verantwortung." Im ersten Zwischenschritt orientiere man sich aber am Modell der DVB. Diese schlagen vor, dass das Monatsabo in Zukunft für alle Schüler die Hälfte des ermäßigten Monatstickets kostet. Momentan sind das 20,15 Euro.

Johannes Lichdi, Grünen-Stadtrat in Dresden, will ein Ticket für alle Schüler, unabhängig von der Entfernung zwischen Schule und Wohnort.
Johannes Lichdi, Grünen-Stadtrat in Dresden, will ein Ticket für alle Schüler, unabhängig von der Entfernung zwischen Schule und Wohnort. © Sven Ellger (Archiv)

Woher sollen die Zuschüsse kommen?

Das würde die Stadt Dresden laut DVB - je nachdem, wie gut das Angebot wahrgenommen wird - zwischen 1,75 und 4 Millionen Euro mehr pro Jahr kosten. Die Mehrkosten wollen die Grünen durch die erhöhten Parkgebühren finanzieren. Die Stadtverwaltung erwartet aktuell 12 bis 13 Millionen Euro an Mehreinnahmen durch die Maßnahme. 

"Das wäre ein verkehrspolitisch logischer Schritt, den Eltern zu sagen: Ihr zahlt mehr fürs Parken, aber dafür kommen eure Kinder stressfreier und günstiger zur Schule", sagt Lichdi. Allerdings erwarte man, dass langfristig trotzdem der Freistaat einspringt, um die Kosten dann auf 15 Euro zu senken. 

Welche positiven Folgen hätte das Ticket?

Aus Sicht der Grünen-Fraktion hätte das Bildungsticket gleich mehrere positive Effekte. "Bildung ist ja nicht nur Schule. Dazu zählen auch der Sportverein und die Musikschule, generell alle Freizeitangebote, die Nachmittags wahrgenommen werden", sagt Agnes Scharnetzky, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion.

Zudem habe das Bildungsticket auch eine Leitungsfunktion, weil es junge Menschen von Beginn an daran gewöhne, mit Bus und Bahn unterwegs zu sein. "Das schafft Sicherheit durch Selbstständigkeit", sagt Scharnetzky. 

Das Hauptargument ist traditionsgemäß natürlich die Klimapolitik. Wobei Johannes Lichdi gleichzeitig eingestehen muss, dass mit dem Bildungsticket auch die Auslastung der Busse und Bahnen - besonders in den Hauptverkehrszeiten - wohl noch mehr zunehmen würde. 

"Um Überfüllung im ÖPNV zu vermeiden, müssen wir dringend ausbauen", fordert Lichdi. Das meint auch  Raschke. Kurzfristig würde es ihm allerdings bereits ausreichen, wenn der "Paragraphendschungel" für Eltern mit der Einführung des Bildungstickets endlich gelichtet wäre. 

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