Freischalten Freischalten Sachsen
Merken

Görlitzer KI erschafft Mikroskop-Bilder in 3-D für eine bessere Medizin

Mikroskopische Aufnahmen von Zellen geben den Medizinern wichtige Hinweise auf Erkrankungen. Mittels einer neuen Methode werden die Bilder nun erheblich besser.

Von Stephan Schön
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Casus ist ein Forschungszentrum in der Görlitzer Altstadt und liefert digitale Lösungen für die Wissenschaft. Das reicht von der Teilchenphysik und den Biowissenschaften, bis hin zu Umweltdaten und autonomen Fahrzeugen.
Casus ist ein Forschungszentrum in der Görlitzer Altstadt und liefert digitale Lösungen für die Wissenschaft. Das reicht von der Teilchenphysik und den Biowissenschaften, bis hin zu Umweltdaten und autonomen Fahrzeugen. © Casus / M.Laqua

Mikroskope sind entscheidend, wenn Krankheiten erkannt werden. Bilder schwarz-weiß oder auch farbig zeigen, ob und wo sich Entzündungsherde befinden. Ob noch Tumorzellen im Gewebe stecken. Wie Stoffwechselerkrankungen verlaufen oder Infektionen stattfinden. Die Bilder der Mikroskopie von den Zellen und dem Zellgewebe haben dabei oftmals den Nachteil: Sie sind platt. Also sie zeigen nur in 2-D, was eigentlich in der Natur räumlich existiert. Dieser Umstand macht es deutlich schwieriger, anhand der Zellen eine Diagnose zu erstellen.

Görlitzer Wissenschaftler vom Casus-Forschungszentrum haben jetzt mittels Künstlicher Intelligenz einen Weg entwickelt, wie aus 2-D-Aufnahmen dreidimensionale Bilder von den Zellen entstehen können. Ihre Forschungen haben sie soeben im Fachmagazin Scientific Reports veröffentlicht. Mikroskopische 2-D-Aufnahmen lassen sich mit ihrem neuen Verfahren automatisiert in räumliche Bilder umwandeln, berichtet Casus-Forschungsgruppenleiter Artur Yakimovich im Gespräch mit Sächsische.de.

Scharfe Pixel werden von unscharfen Pixeln getrennt. Unscharfe Pixel der Zelle wiederum von unscharfen Pixeln des Hintergrunds. Aus Wahrscheinlichkeiten werden Bilder einer 3. Dimension gerechnet. Es entsteht Pixel für Pixel ein 3-D-Bild. Und die KI lernt mit jedem neuen Bild dazu. Sie wird immer besser.

Artur Yakimovich ist Forschungsgruppenleiter im Görlitzer Casus-Institut.. Es geht dort um Datenwissenschaften, den Umgang mit riesigen Datenmengen und KI.
Artur Yakimovich ist Forschungsgruppenleiter im Görlitzer Casus-Institut.. Es geht dort um Datenwissenschaften, den Umgang mit riesigen Datenmengen und KI. © Casus

Neu ist diese Umrechnung von Bildern in die dritte Dimension prinzipiell nicht. Auch liefern viele Mikroskope bereits 3-D-Bilder. Aber es gibt eben sehr viele medizinische Anwendungen, bei denen durch Lichtmikroskopie eben nach wie vor 2-D-Bilder entstehen.

Für medizinische Anwendungen auf Zellebene wurde vom Görlitzer Forscherteam genau dafür ein neues KI-Modell entwickelt. Mit dem Ergebnis: „Diese Umwandlung in 3-D geht um den Faktor 1.000 schneller als ohne KI-Modell“, berichtet Artur Yakimovich. „Durch diese neue Methode der Bildberechnung wird es daher möglich, 3-D-Bilder in Echtzeit zu bekommen, die bisher nur zweidimensional vorhanden sind. Es geht um mikroskopische Live-Bilder aus dem lebenden Organismus auf Zellebene.“

Bilder, die Krebs erkennen

Wichtig wäre dies nicht nur für die Diagnose von Krankheiten wie Krebs, sondern auch für ein generell besseres Verständnis der biologischen Entwicklung. Der biochemischen Abläufe im Körper. So könnte beispielsweise die Zellbiologie künftig mit diesem neuen Werkzeug bei der Entstehung von Organen bei der Fruchtfliege Drosophila und dem Zebrafisch zusehen.

Oder die Heilung und das Nachwachsen von ganzen Körperteilen beim Axolotl auf Zellebene beobachten. Die Biologen könnten mittels 3-D besser analysieren, wie sich aus einzelnen Zellen Gewebe und damit Organe bilden. Neue wissenschaftliche Kooperationen auch dazu baut Artur Yakimovich mit seinen Kollegen soeben auf. Das Casus-Team in Görlitz wird dafür weiter wachsen.

Casus, das ist ein Zentrum für datenintensive Systemforschung (Center for Advanced Systems Understanding). Es ist ein 2019 gegründetes deutsch-polnisches Forschungszentrum in Görlitz. Strukturell gehört es zum Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf.

Mittels neuer Rechenmethoden und vor allem unter Nutzung der KI werden hier Technologien und Tools für andere Wissenschaftsgebiete und die Industrie entwickelt. Das reicht von der Teilchenphysik bis zu den Biowissenschaften. Von Umweltdaten bis zum autonomen Fahren.

Auch Gesundheitsforschung ist eine starke Säule. „Digitale Lösungen in der Medizin versprechen eine bessere Patientenversorgung“, sagt Thomas D. Kühne, Gründungsdirektor von Casus. „Unsere Forschung hier am Casus hat das Potenzial, klinischen Nutzen aus den mehr und mehr verfügbaren digitalen medizinischen Daten zu ziehen und Therapien gezielter an den Patienten anzupassen.“

Mit Oncoray, dem Zentrum für Krebsforschung und Strahlentherapie an der TU Dresden sind gemeinsame Forschungsprojekte in Vorbereitung, berichtet Artur Yakimovich. Auch hier gehe es um Zellbiologie, um die automatisierte Bildinterpretation für eine bessere und schnelle Diagnose. Seine 3-D-Bilder werden dafür wichtig.