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Mysteriöser Himmelskörper gibt Rätsel auf

Aus einem vergehenden großen Stern kann ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch entstehen. Beide haben nach der gängigen Theorie einen bestimmten Massebereich. Ein neues Objekt stellt das nun infrage.

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Künstlerische Darstellung des Systems unter der Annahme, dass das Objekt ein schwarzes Loch ist. Der hellste Hintergrundstern ist sein Begleiter, der Pulsar PSR J0514-4002E.
Künstlerische Darstellung des Systems unter der Annahme, dass das Objekt ein schwarzes Loch ist. Der hellste Hintergrundstern ist sein Begleiter, der Pulsar PSR J0514-4002E. © artsource.nl via EurekAlert!

Carnavon. Etwa 40.000 Lichtjahre von der Erde entfernt haben Wissenschaftler in der Milchstraße ein mysteriöses dunkles Objekt ausgemacht. Der Himmelskörper mit der 2,35-fachen Masse unsere Sonne im Kugelsternhaufen NGC 1851 leuchte selbst nicht, sei also kein gewöhnlicher Stern, berichtet das internationale Forschungsteam im Fachmagazin "Science". Doch für den Überrest eines explodierten Sterns - einen Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch - sei seine Masse ungewöhnlich: Sie liege in der sogenannten Massenlücke zwischen diesen exotischen Objekten.

Neue Art von Himmelskörper?

Damit sei unklar, ob es sich bei dem ungewöhnlichen Himmelskörper um einen außergewöhnlich schweren Neutronenstern, ein außergewöhnlich leichtes Schwarzes Loch - oder etwas bisher Unbekanntes handelt. Ein Lichtjahr bezeichnet die Entfernung, die Licht in einem Jahr zurücklegt - eine Strecke von 9,46 Billionen Kilometer.

"Jede dieser Möglichkeiten für die Natur des Objekts ist aufregend", erläuterte Benjamin Stappers von der University of Manchester, einer der Projektleiter der an der Radioteleskop-Anlage "MeerKAT" in Südafrika durchgeführten Beobachtungen. "Wenn es ein Schwarzes Loch ist, können wir damit die Theorie der Schwerkraft testen. Wenn es ein Neutronenstern ist, kann er uns neue Erkenntnisse zur Kernphysik bei sehr großen Dichten liefern."

Schicksal großer Sterne

Vergeht ein großer Stern am Ende seines Lebens in einer Supernova-Explosion, stürzt sein Inneres zusammen und es entsteht entweder ein Neutronenstern, in dem die Materie so dicht gepackt ist wie in Atomkernen, oder ein Schwarzes Loch, bei dem die Schwerkraft so stark ist, dass nicht einmal Licht entkommen kann. Neutronensterne können, so die Theorie, nicht mehr als das 2,2-fache der Sonnenmasse enthalten - sonst würde die Schwerkraft Oberhand gewinnen und ein Schwarzes Loch müsste entstehen. Doch Schwarze Löcher findet man im Kosmos erst ab etwa fünf Sonnenmassen.

Dazwischen klafft ein Lücke, die bislang für die Astronomen rätselhaft ist. Lediglich Messungen von Gravitationswellen deuten darauf hin, dass es auch in dieser Massenlücke vereinzelt Himmelskörper gibt - wobei deren Natur und Entstehung bislang unklar ist. Deshalb stellt die Entdeckung eines derartigen Himmelsobjekts für Astronomen einen großen Fortschritt dar.

Die Forscher stießen bei Beobachtungen des Pulsars PSR J0514-4002E auf das seltsame Objekt. Ein Pulsar ist ein Neutronenstern mit einem starken Magnetfeld, der durch seine Eigendrehung regelmäßige Radiopulse zur Erde sendet - in diesem Fall 170 mal pro Sekunde. Die genaue Messung dieser Pulse zeigte den Wissenschaftlern, dass der Pulsar mit einem weiteren Objekt ein enges Doppelsystem bildet. Aus den Daten ergibt sich für dieses Objekt eine Masse zwischen 2,09 und 2,71 Sonnenmassen mit dem wahrscheinlichsten Wert von 2,35 Sonnenmassen.

Vermutungen der Forscher

Wie aber könnte sich ein solches Objekt in der Massenlücke gebildet haben? Da sich PSR J0514-2002E in einem Kugelsternhaufen befindet, vermuten Stappers und seine Kollegen eine komplizierte Entstehungsgeschichte. Denn NGC 1851 enthält etwa eine halbe Million Sterne, die sehr eng beieinander stehen. Deshalb kommt es dort - in astronomischen Maßstäben - häufig zu engen Begegnungen, bei denen Doppelsterne neu entstehen oder gar ihre Partner tauschen.

Möglicherweise entstand der exotische Begleiter des Pulsars durch die Verschmelzung zweier kleinerer Neutronensterne und gelangte erst später bei einer engen Begegnung in die Umlaufbahn um den Pulsar, so die Vermutung des Teams. (dpa)