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Löbau-Zittau: Eigenheimbau steckt in der Krise

Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung bringt auch das Bauhandwerk in Löbau-Zittau in Not. Junge Familien können sich den Hausbau derzeit kaum noch leisten.

Von Jana Ulbrich
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Ein Bild, das seltener geworden ist: Hier in der Nähe von Löbau entsteht gerade ein neues Einfamilienhaus. Es ist eins von nur zwei Neubauten der Dürrhennersdorfer Firma Klinger-Hausbau im letzten Jahr.
Ein Bild, das seltener geworden ist: Hier in der Nähe von Löbau entsteht gerade ein neues Einfamilienhaus. Es ist eins von nur zwei Neubauten der Dürrhennersdorfer Firma Klinger-Hausbau im letzten Jahr. © Matthias Weber/photoweber.de

Der Name Klinger-Hausbau hat Klang in der Oberlausitz: Seit Jahren baut die kleine Firma aus Dürrhennersdorf schlüsselfertige Ein- und Mehrfamilienhäuser nach individuellen Wünschen. Die Liste der Referenzobjekte ist lang. Klinger-Häuser stehen in der ganzen Oberlausitz. "Du hast noch keins? Wir baun dir eins!", heißt der griffige Slogan auf den Firmenfahrzeugen. Doch ganz so einfach ist das nicht mehr. Die renommierte Firma Klinger-Hausbau muss jetzt kämpfen.

Petra Israel, die hier seit 2015 gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Steffen Schellenberger die Geschäfte führt, sitzt über den Zahlen und grübelt. "Bis 2021", sagt sie, "da hatten wir so viel Arbeit, dass wir neue Mitarbeiter einstellen wollten. Gut, dass wir das nicht gemacht haben."

Denn inzwischen gibt es längst nicht mehr so viel zu bauen. Statt rund zehn Neubauprojekten pro Jahr, die bei Klinger-Hausbau bis vor zwei Jahren die Norm waren, hatte die Firma im vorigen Jahr gerade mal noch zwei Eigenheim-Aufträge. Gegenüber 2022 ist der Umsatz auf die Hälfte zusammengebrochen. "Das muss man erst mal verkraften", sagt Petra Israel. "Gut, dass wir uns in den letzten Jahren auch noch andere Geschäftsfelder aufgebaut haben", ist sie heute froh. "So konnten wir wenigstens ein paar Fassaden sanieren, Wege bauen und Außenanlagen gestalten, um Arbeit zu haben für die Mitarbeiter."

Auch für dieses Jahr sieht es noch nicht viel besser aus mit dem eigentlichen Kerngeschäft. Petra Israel schreibt gerade Angebote. "Wir hoffen wenigstens auf zwei, drei Neubauprojekte", sagt sie. Sie wirkt resigniert: "So eine Situation hatten wir noch nie. Die Bauherren warten alle ab. Ich verstehe das auch. So ein Haus ist ja eine entscheidende Investition fürs ganze Leben. Auch eine, die man über Jahrzehnte finanziert."

Mit diesem Problem steht die Dürrhennersdorfer Firma nicht allein. Laut eine Umfrage des Instituts für Wirtschaftsförderung (IfO) lag die Auslastung von Hochbaufirmen am Jahresende 2023 auf dem niedrigsten Wert seit dem Frühjahr 2010. Die Gründe für die Zurückhaltung der Bauherren liegen auf der Hand.

"Es sind ganz klar die Kostenentwicklung und die unsichere wirtschaftliche Lage", so bestätigt es beispielsweise Richard Schneider aus Ruppersdorf. Der 30-Jährige und seine Lebensgefährtin haben ein Grundstück und würden gerne bauen. "Aber kostenmäßig ist das für uns derzeit einfach nicht möglich", sagt der junge Mann. "Wir würden bis zur Rente den Kredit abzahlen." Wie das junge Paar aus Ruppersdorf warten derzeit viele Bauwillige ab - in der Hoffnung, dass die Baupreise irgendwann wieder sinken.

Denn zurzeit sind die Kosten für ein Eigenheim so hoch wie noch nie. Schlüsselfertig müssen Bauherren in der Oberlausitz inzwischen mit reinen Baukosten von rund 250.000 Euro für 100 Quadratmeter rechnen, bestätigt Petra Israel. Die Kosten für Planung, Grundstückskauf und Medien-Anschlüsse kommen da noch obendrauf. "Da ist man am Ende schnell bei 400.000 Euro", sagt sie. Als sie 2015 die Geschäftsführung der Firma übernahm, lag der 100-Quadratmeter-Preis bei 150.000 Euro.

Zu den drastisch gestiegenen Baukosten kommen auch noch gestiegene Zinsen, die Bauwillige wie Richard Schneider zögern lassen. Baukredite werden zurzeit mit Zinssätzen zwischen drei und vier Prozent ausgereicht. Das ist so viel wie seit zehn Jahren nicht mehr. "Wenn wir davon ausgehen, dass so ein Haus 400.000 Euro kostet, dann brauchen wir erstmal gar nicht weiterzurechnen", sagt der 30-Jährige. Dabei haben er und seine Lebensgefährtin beide einen sicheren und auch relativ gut bezahlten Job.

Die Bauhandwerker geben vor allem der aktuellen Wirtschaftspolitik in Deutschland die Schuld an dieser schwierigen Situation. "Es kommt ja gerade wieder alles zusammen", sagt Jan Czeczine, der Obermeister der Baugewerke-Innung Löbau-Zittau: Er zählt die gestiegenen Zinsen und die stark gestiegenen Materialkosten auf, die Erhöhung der Lkw-Maut, die CO2-Steuer, die Strompreise, das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das bei Neubauten den Einbau von teuren Wärmepumpen vorschreibt.

"Dazu kommt noch eine überbordende Bürokratie, immer neue Vorschriften, immer mehr Arbeit, Kosten, Zeit und Papier für Bauanträge und Baugenehmigungen", fügt Petra Israel hinzu. Und die hohen Materialpreise auf dem Bau, da ist auch sie sich sicher, werden mit der Erhöhung der Mautkosten und der Energiesteuer noch weiter steigen. Ein Kubikmeter Beton zum Beispiel kostet inzwischen 30 Euro mehr als noch voriges Jahr und doppelt soviel als vor zehn Jahren. Und in einem halben Jahr? "Wir wissen es nicht", sagt Petra Israel. "Vor der Kostenentwicklung hat die ganze Branche Angst".

In der Branche ist die Befürchtung groß, dass gerade kleine Bauhandwerks-Firmen diese Entwicklung nur schwer oder gar nicht überleben. Innungsobermeister Jan Czeczine sagt, er befürchte, dass in diesem Jahr die ersten aufhören. Klinger-Hausbau will auf jeden Fall durchhalten. "Es muss ja auch mal wieder besser werden", hofft Petra Israel. "Wir wollen alles tun, um den Betrieb durch diese Zeit zu bringen und unsere Mitarbeiter zu halten", sagt sie.

Laut den Prognosen des IfO-Instituts wird sich die Hoffnung auf Besserung aber eher nicht so schnell erfüllen. Demnach werde sich die Krise auf dem Wohnungsbau-Markt 2024 weiter verschärfen. Betroffen sind nicht nur die Baufirmen, auch Zulieferer, das Baunebengewerbe, Baustoff- und Baumaschinenhersteller und -Händler, Küchenbauer, Innenausstatter. "Da zieht eins das andere nach sich", sagt Petra Israel.