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Ganz natürlich: Ein Haus aus Strohballen

Vom Minihaus bis zum Schloss - wie ungewöhnlich einige Menschen zwischen Löbau und Zittau wohnen, zeigt eine SZ-Serie. In Ebersbach entsteht gerade ein Haus ganz aus Naturmaterial.

Von Jana Ulbrich
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Zimmermeister Ralf Richter aus Oderwitz (l.) baut das Strohhaus für André Knüpfer in der Amtsgerichtsstraße in Ebersbach.
Zimmermeister Ralf Richter aus Oderwitz (l.) baut das Strohhaus für André Knüpfer in der Amtsgerichtsstraße in Ebersbach. © Matthias Weber/photoweber.de

Das wird das Wohnzimmer! Bauherr André Knüpfer schwärmt: Hell verputzte Wände, hier die Tür zur Terrasse, daneben ein großes Panoramafenster, an dem seine Frau sitzen und lesen und in den Garten schauen wird. Und hier, auf der anderen Seite, die offene Küche. Zu Weihnachten soll in der Stube schon der Christbaum stehen. Jetzt allerdings stapelt sich hier noch ein großer Haufen Strohballen mitten im Raum.

André Knüpfer und seine Frau bauen an der Amtsgerichtsstraße in Ebersbach ein Haus aus Weizenstroh. Vielmehr, sie lassen es bauen von einem, der das kann. Ralf Richter aus Oderwitz ist Zimmermeister und beschäftigt sich schon seit Mitte der 1990er Jahre mit dem natürlichen Bauen. Er hat sich auf die denkmalgerechte Sanierung von Umgebindehäusern spezialisiert und eben auch auf Häuser aus Holz und Stroh, wie es bisher nur paar wenige gibt in der Oberlausitz.

Richter hat die Bauweise 2006 in Neuseeland kennengelernt, wo er einige Zeit gelebt und gearbeitet hat. "Mit Stroh zu bauen, ist in Neuseeland ganz üblich. Ich fand das großartig", erzählt er. "Diese Häuser stehen hundert Jahre." Wieder zurück von der anderen Seite der Welt beginnt der Oderwitzer, sich näher mit dem Thema zu beschäftigen - und baut sich und seiner Frau schließlich in seinem Heimatort am Fuße des Spitzbergs das erste Strohballenhaus der Oberlausitz.

Von außen wird dem zweigeschossigen Wohnhaus nicht anzusehen sein, dass es aus Holz und Stroh gebaut ist.
Von außen wird dem zweigeschossigen Wohnhaus nicht anzusehen sein, dass es aus Holz und Stroh gebaut ist. © Matthias Weber
Die 30 Zentimeter dicken Wände aus Weizenstroh werden innen mit Lehm- und außen mit Kalkputz verputzt.
Die 30 Zentimeter dicken Wände aus Weizenstroh werden innen mit Lehm- und außen mit Kalkputz verputzt. © Matthias Weber/photoweber.de
Zimmerer Ralf Richter hat auch für sich selbst ein Strohballenhaus gebaut, hier ein privater Blick ins Wohnzimmer.
Zimmerer Ralf Richter hat auch für sich selbst ein Strohballenhaus gebaut, hier ein privater Blick ins Wohnzimmer. © privat

Eigentlich ganz einfach, erklärt er: ein Ständerwerk aus Holz, dazwischen die Wände aus fest zusammengepressten Strohballen. Auf das Stroh kann direkt geputzt werden - innen mit Lehm, außen mit Kalkputz. Fertig. Das Dach wird mit Tonziegeln gedeckt.

Der Zimmerer schwärmt vom optimalen Raumklima, das so ein Strohhaus bietet. Es sind komplett natürliche Baustoffe, erklärt er, die atmen, nehmen Luftfeuchtigkeit auf und geben sie wieder ab. Die Strohdämmung sorgt dafür, dass es im Sommer kühl bleibt und im Winter warm. "Wie eine natürliche Klimaanlage", umschreibt es Ralf Richter.

Natürlich bauen, das war auch der Wunsch von Familie Knüpfer. "Wir haben uns Blockhäuser angesehen und Umgebindehäuser", erzählt André Knüpfer, "aber das hat uns alles nicht ganz so gut gefallen. Wir wollten viel Raum und viel Licht und innen keine Holzoptik." Bei der Recherche im Internet stoßen sie schließlich auf Richters Webseite und sind sofort begeistert.

"Räumlich setzt diese Bauweise ja keine Grenzen", sagt der Bauherr. "Meine Frau hat den Grundriss und die Raumaufteilung geplant: Unser gesamter Wohnbereich wird ebenerdig im Erdgeschoss sein, nach oben kommen die Gästezimmer für die Kinder." Ein Bauplaner habe dann alles genehmigungsfähig gemacht. Alle Brandschutz-Vorgaben werden eingehalten. Auf das Dach kommt eine Fotovoltaik-Anlage.

Das Weizen-Stroh kommt inzwischen aus Verden in Niedersachsen. Eine Firma dort stellt die Ballen her. Als Ralf Richter 2009 das erste Strohhaus hier baute, gab es noch keinen einzigen Anbieter für das Baumaterial. Das Stroh für sein Haus ist auf den Feldern am Oderwitzer Dorfrand gewachsen. "Das hat ja auch was für sich", erzählt der Zimmerer. "Nur hatte die Agrargenossenschaft zwar das Stroh, aber nicht die Technik, die Ballen in der Größe und der Festigkeit zu pressen." Auf umständliche Weise mit der Hilfe von Zimmererkollegen klappte es schließlich.

André Knüpfer muss schmunzeln, als der Zimmerer die Geschichte erzählt. Vor allem in Norddeutschland setzt sich die Bauweise mittlerweile immer mehr durch. Derzeit ist das ökologische Bauen auch preisgünstiger als Bauen mit konventionellen Baustoffen, weiß Ralf Richter. Und zum Glück hat sich ja auch der Holzpreis inzwischen wieder auf ein normales Niveau eingepegelt.

Noch lebt Familie Knüpfer im brandenburgischen Zeuthen. Die jüngste Tochter geht dort noch zur Schule. "Vorerst werden wir an den Wochenenden hier sein, baldmöglichst aber ganz in die Oberlausitz ziehen", sagt Knüpfer, der gebürtiger Dresdner ist. "Wir finden es wunderschön hier", sagt der 60-Jährige. "Das Haus wird unser Alterssitz." Seine Frau habe zudem Verwandte hier.