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B178: Archäologen finden altes Schlachtfeld

Die Arbeiten für den Bau von zwei Brücken und die Bundesstraße gehen voran. Jetzt haben Forscher historische Details gefunden - und ein geschütztes Tier musste vertrieben werden. Das SZ-Bautagebuch, Teil 5.

Von Holger Gutte
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Die Arbeiten für den Bau der großen Brücke, die bei Oberseifersdorf/Eckartsberg künftig den Straßenverkehr von der derzeitigen alten B178 über die neue Bundesstraße führen wird, haben begonnen.
Die Arbeiten für den Bau der großen Brücke, die bei Oberseifersdorf/Eckartsberg künftig den Straßenverkehr von der derzeitigen alten B178 über die neue Bundesstraße führen wird, haben begonnen. © Matthias Weber/photoweber.de

Der Fortschritt auf der Baustelle für die neue Trassenführung der B178 bei Oberseifersdorf/Eckartsberg ist nicht zu übersehen. Weithin sichtbar sind die beiden Brückenpfeiler für die Brücke an der Betonstraße, die künftig den von Landwirtschaftsfahrzeugen genutzten Wirtschaftsweg über die neue B178 führt. Sie zeigen bereits an, wie hoch die Brücke wird. Mitte November werden die Widerlager für das Bauwerk betoniert. Auch die Aufschüttungen für den Damm bis zur Höhe der Brücke sind weit fortgeschritten. Wenn die Brücke fertig ist, wird sie 34 Meter lang und 7,50 Meter breit sein.

"Wir liegen hier auf der Baustelle gut im Zeitplan. Die Baufirmen wären zwar gern schon bei den beiden Brücken etwas weiter, aber dafür sind sie schon beim Streckenbau weiter", sagt Projektleiter Martin Richter.

Die Baustelle für die neue B178 bei Oberseifersdorf/Eckartsberg aus der Vogelperspektive. Die Streckenführung der neuen Bundesstraße zur Ortsumfahrung von Zittau ist gut zu sehen - in der Mitte auch die zwei hellen Fundamentbereiche für die Brücke, wo die alte über die neue B178 führt.
Die Baustelle für die neue B178 bei Oberseifersdorf/Eckartsberg aus der Vogelperspektive. Die Streckenführung der neuen Bundesstraße zur Ortsumfahrung von Zittau ist gut zu sehen - in der Mitte auch die zwei hellen Fundamentbereiche für die Brücke, wo die alte über die neue B178 führt. © Planungsgruppe Bit
Ein Blick von oben auf das fast fertige Regenwasserrückhaltebecken zwischen dem Knotenpunkt der Bundesstraße 178 und dem Krebsbach bei Oberseifersdorf.
Ein Blick von oben auf das fast fertige Regenwasserrückhaltebecken zwischen dem Knotenpunkt der Bundesstraße 178 und dem Krebsbach bei Oberseifersdorf. © Planungsgruppe Bit

Doch auch beim Bau der zweiten Brücke in diesem Abschnitt der B178 wird in zwei bis drei Wochen mit dem Gießen der Fundamente begonnen. Dieses Bauwerk ist bedeutend größer. Über die 37,50 Meter lange und 15,50 Meter breite Brücke rollt dann künftig der Straßenverkehr von der derzeitigen alten B178 bei Eckartsberg/Oberseifersdorf über die neue Bundesstraße. Beide Brücken sollen 2023 und die Dammanschlussbereiche im Frühjahr 2024 fertig sein.

Hier entsteht die Brücke an der Betonstraße, die künftig den von Landwirtschaftsfahrzeugen genutzten Wirtschaftsweg über die neue B178 führt.
Hier entsteht die Brücke an der Betonstraße, die künftig den von Landwirtschaftsfahrzeugen genutzten Wirtschaftsweg über die neue B178 führt. © Matthias Weber/photoweber.de
Schon gigantisch so eine Landwirtschaftsbrücke.
Schon gigantisch so eine Landwirtschaftsbrücke. © Matthias Weber/photoweber.de

"Der lehmige Baugrund ist hier in diesem Abschnitt nicht der Beste", schildert Martin Richter. Von der Betonstraße bis zum Knotenpunkt der Ortsumfahrung von Zittau ist die neue Trassenführung der B178 gut zu sehen. Der Untergrund der dreispurigen Straße ist bereits verdichtet. Eine spezielle Vliesmatte mit einer besonderen Sickereigenschaft ist ausgerollt und darauf bereits in weiten Teilen eine etwa 50 Zentimeter Schotterschicht aufgetragen. Auch die Straßengräben sind schon gezogen und darin die Einlaufschächte eingesetzt sowie die Regenwasserleitungen verlegt.

Die Trassenführung in Richtung Ortsumfahrung Zittau (Hintergrund) ist gut zu erkennen.
Die Trassenführung in Richtung Ortsumfahrung Zittau (Hintergrund) ist gut zu erkennen. © Matthias Weber/photoweber.de
Im Straßengraben sind bereits die Einlaufschächte eingesetzt und die Regenwasserleitungen verlegt.
Im Straßengraben sind bereits die Einlaufschächte eingesetzt und die Regenwasserleitungen verlegt. © SZ/Holger Gutte

Selbst wenn es für den Laien den Eindruck erweckt, dass es hier nicht mehr lange dauert, bis die erste Asphaltschicht aufgetragen werden kann, täuscht dieser Eindruck. Denn wegen des Bauuntergrundes dauert es seine Zeit, bis sich die einzelnen Schichten gesetzt haben. Martin Richter rechnet damit, dass etwa in einem halben Jahr der Asphalt aufgezogen werden kann.

Zu 90 Prozent fertig ist dagegen das Regenwasserrückhaltebecken zwischen dem Knotenpunkt der Bundesstraße und dem Krebsbach bei Oberseifersdorf. Ein speziell gepflasterter Bereich der Anlage verfügt dabei über eine sogenannte Tauchwand, die sich quer durch das Becken zieht. Sie hält künftig Schwebeteilchen wie Öl oder Diesel auf, falls diese von der Straße aus irgendeinem Grund in die Entwässerung gelangen sollten. Während die oben schwimmenden Öl- oder Diesel-Filme an der Wand aufgehalten werden, kann das Wasser unter der Wand in den Krebsbach weiterfließen.

Das Regenwasserrückhaltebecken zwischen dem Knotenpunkt der Bundesstraße und dem Krebsbach bei Oberseifersdorf mit der Tauchwand.
Das Regenwasserrückhaltebecken zwischen dem Knotenpunkt der Bundesstraße und dem Krebsbach bei Oberseifersdorf mit der Tauchwand. © SZ/Holger Gutte
Der gepflasterte Einlauf des Regenwasserrückhaltebeckens in den Krebsbach.
Der gepflasterte Einlauf des Regenwasserrückhaltebeckens in den Krebsbach. © SZ/Holger Gutte

Vom Krebsbach gelangt das Wasser dann nur wenige Meter entfernt in den Eckartsbach. Ebenso fast fertig ist der gepflasterte Einlauf des Regenwasserrückhaltebeckens in den Krebsbach.

Mitte November beginnen die Arbeiten am ehemaligen Durchlass der alten B178 in diesem Bereich. Viele Autofahrer werden wahrscheinlich gar nicht bemerkt haben, dass sie kurz vor dem Abzweig nach Oberseifersdorf und dem Gewerbegebiet über eine kleine Brücke gefahren sind. Von dort an soll nun der Krebsbach wieder offen gelegt werden.

Und irgendwie hätte auch der Bauabschnitt der B178 bei Oberseifersdorf eine Art kleines "Hufeisennasen-Problem" - ähnlich wie beim Bau der Waldschlößchenbrücke in Dresden - bekommen können. Die kleine Hufeisennase hatte beim Streit um die Baugenehmigung für die Waldschlößchenbrücke besondere Berühmtheit erlangt. Zum Schutz der dort vorkommenden Fledermausart machten damals Naturschutzverbände gegen den Baustart mobil und verzögerten den Brückenbau und erwirkten Auflagen zum Schutz der Tiere.

In Dresden war es die Hufeisennase - hier ein anderes Tier

Die Wiesenflächen an der B178 bei Oberseifersdorf bieten zwar im Bereich des Durchlasses in Richtung Solarfeld keinen Lebensraum für Hufeisennasen, dafür aber für ein anderes seltenes Tier. Noch ist nicht nachgewiesen, dass hier der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling lebt, aber die Bedingungen wären ideal für ihn.

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling ist eine europaweit gefährdete Schmetterlingsart. Er bevorzugt Gebiete, in denen es viele Ameisen und Wiesen gibt, die feucht sind und auf denen der "Wiesenknopf" wächst. All das ist auf den Wiesen vor dem Abzweig Oberseifersdorf an der alten B178 bis zum Solarfeld gegeben.

Der Schmetterling verhält sich ähnlich wie der Kuckuck. Die Weibchen legen die Eier in aufgeblühte Knospen des Wiesenknopfs. Die Raupen fressen die Blütenköpfe der Pflanze, fallen zu Boden. Sie sind in der Lage, den Nestgeruch der Ameisen anzunehmen. Die sammeln sie auf und nehmen sie mit in ihre Nester. Dort pflegen sie die Ameisen wie ihre eigene Brut, obwohl sie sich räuberisch von deren Eiern und Larven ernähren.

Um dem Schmetterling bei den Bauarbeiten für die wieder naturnahe Offenlegung des Krebsbaches nicht zu schaden, wurde er in diesem Jahr vor der Ei-Ablagezeit aus dem Gebiet verdrängt. Vermeidungsmaßnahme heißt dafür das Fachwort beim Straßenbau. Für den Fall eines möglichen Vorkommens des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings wurden die Wiesen hier mehrmals gemäht, schildert Lutz Edelmann. Er ist der Umwelt-Baubegleiter des B178-Projektes.

Seit Mittwoch ist nun der gesamte Abschnitt von Oderwitz bis zum Knotenpunkt Oberseifersdorf/Eckartsberg auch aus archäologischer Sicht für die Baumaßnahme freigegeben. Auf einer Länge von fünf Kilometern sind auf zwei jeweils vier Meter breiten Streifen mit einem Abstand zueinander von 15 Metern die obersten Erdschichten abgetragen und der Boden von Archäologen untersucht worden. Das ist bei allen derartigen Bauarbeiten vorgeschrieben.

Diesmal sind die Archäologen sogar fündig geworden. Sie haben an zwei Standorten etwa 200 Musketenkugeln gefunden. Der Bereich deutet auf ein kleines Schlachtfeld aus der Zeit der Napoleon-Kriege hin.