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CDU-Minister besucht Olbersdorfer Grundschule - Gemeinde hält das für unzulässig

Hartmut Vorjohann antwortet auf Schüler-Fragen. Im Vorfeld der Europa- und Kommunalwahlen befürchtet die Gemeinde unerlaubte Wahlwerbung. Zittau hat kein Problem damit.

Von Frank-Uwe Michel
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Beantwortete am Montag Fragen von Olbersdorfer Grundschülern zur EU: Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann. Die Gemeinde hatte kritisiert, dass dies unzulässige Wahlwerbung sei.
Beantwortete am Montag Fragen von Olbersdorfer Grundschülern zur EU: Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann. Die Gemeinde hatte kritisiert, dass dies unzulässige Wahlwerbung sei. © Fotos: Rafael Sampedro, Sven Ellger/Montage: SZ

Montagmorgen in Olbersdorf. Die Viertklässler der Grundschule "Emil Ufer" warten schon. Für 9 Uhr hat sich hoher Besuch aus Dresden angesagt. Die Zeit verrinnt. Ob schlechte Straßen, zu viel Verkehr oder erst noch ein anderer Termin - Sachsens Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) trifft verspätet ein. Zuvor hatte es wegen seines Auftrittes allerdings schon jede Menge Ärger gegeben.

Grund sind die am 9. Juni anstehenden Kommunal- und Europawahlen. Kommunen sind vor diesem Hintergrund aufgefordert, unzulässige Wahlwerbung zu unterbinden. Genau diesen Fall sieht Olbersdorfs Verwaltung in dem Schulbesuch des CDU-Ministers. Entsprechend kritisch schreibt der Wahlleiter der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Olbersdorf, zu der auch Bertsdorf-Hörnitz, Oybin und Jonsdorf gehören, an Grundschulleiter Gordon Alisch. Ralph Bürger macht deutlich, dass man sich an einem im Jahr 2009 gefassten Ratsbeschluss orientiere, der die "Durchführung von Veranstaltungen von Parteien, Wählervereinigungen und -gruppen oder politisch agierenden Einzelpersonen zum Zwecke der Verbreitung politischer Ideen und Wahlpropaganda" in öffentlichen oder aus öffentlichen Mitteln finanzierten Gebäuden für unzulässig erklärt.

Wahlwerbung bedürfe vonseiten der Gemeindeverwaltungen einer dem Grundsatz der Neutralität verpflichteten rechtlichen Begleitung, teilt er auch den Vertretern der anderen Gemeinden in der Verwaltungsgemeinschaft mit. Denn Wahlwerbung in diesem Sinne umfasse "alle Maßnahmen, die darauf abzielen, den Bürger zu einer Stimmabgabe für eine bestimmte politische Richtung oder einen Bewerber zu bewegen." Im speziellen Fall meint der Olbersdorfer Wahlleiter die Eltern der Schüler. Anders sähe er den Fall, wenn Christian Piwarz (CDU) in seiner Eigenschaft als Kultusminister erschienen wäre und dieser die Einrichtung zum Beispiel in puncto Reparaturstau in Augenschein genommen hätte.

Gordon Alisch, der den Finanzminister nach seinem Besuch in Olbersdorf gleich noch nach Hirschfelde lotst, wo er ebenfalls Schulleiter ist, lässt sich von dem Schreiben der Gemeinde jedoch nicht beirren. Er finde das "übergriffig", weil Vorjohanns Erklärstunde Bestandteil des Unterrichts sei. "Und für den bin ich zuständig, nicht die Kommune." Dann erläutert er, wie der Auftritt des prominenten Gastes überhaupt zustande kam: "Das geschah im Rahmen des EU-Projekttages - den gibt's seit Ewigkeiten. Der findet regelmäßig an den Schulen statt."

Alisch habe über ein Internetportal Interesse angemeldet, einen Vertreter aus der Politik zu bekommen. Dass gleich der sächsische Finanzminister erscheinen würde, habe er natürlich nicht geahnt. "Manchmal", lacht er, "muss man eben Glück haben." Jeweils etwa 30 Minuten stellt sich Hartmut Vorjohann den Fragen der Schüler in Olbersdorf und Hirschfelde: Aufgaben, Verdienst, Arbeitsaufwand, Verflechtungen mit Europa. "Der Minister hat stramm geantwortet, auf Augenhöhe. Eine sehr gelungene Aktion."

Auch das Ministerium selbst kann die Aufregung um die angebliche unzulässige Wahlwerbung nicht verstehen. Es sei bedauerlich, dass die Tradition des EU-Projekttages "offenbar nicht allen bekannt ist, insbesondere der Gemeinde Olbersdorf als Schulträger", so Referentin Sabine Penkawa. Als Erklärung schiebt sie hinterher: "Der EU-Projekttag zielt darauf ab, das Interesse der Kinder an Europa zu stärken. Die Schulbesuche stellen einen wichtigen Bestandteil dieser Bemühungen dar." Dass sich Politiker daran beteiligen, sei bundesweit seit 2007 gelebte Praxis.

Zwischenzeitlich hat Ralph Bürger Rücksprache mit dem Kreiswahlleiter des Landkreises Görlitz gehalten. Karl Ilg habe ihm geantwortet, dass dies ein Amtsbesuch eines Mitgliedes der Staatsregierung und nicht als Wahlwerbung zu betrachten sei. Zudem liege zwischen Vorjohanns Besuch und den Wahlen im Juni noch ein sehr deutlicher zeitlicher Abstand.

Die Stadt Zittau hat keine Probleme mit dem Besuch des Ministers in der Hirschfelder Grundschule. Sie halte sich an die Hinweise des Sächsischen Innenministeriums zur Vorbereitung und Durchführung von Wahlen aus dem Dezember vergangenen Jahres, informiert Sprecher Kai Grebasch. "Dort ist festgehalten, dass Verwaltungen die entsprechenden Amtsgeschäfte für die Kommunalwahlen unparteiisch und ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten getragen zu besorgen haben."