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Sachsens erfolgreichster Voltigier-Nachwuchs kommt aus Zittau

Das Turnen auf dem Pferderücken ist im Landkreis Görlitz noch ein recht exotischer Sport. Die Mädchen vom Ostsächsischen Sportverein setzen alles daran, das zu ändern.

Von Frank-Uwe Michel
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Sachsens erfolgreichster Voltigier-Nachwuchs kommt aus Zittau. Im Bild Trainerin Heike Hofmann mit Emilia, Alina, Zoé und Nicola. Elsando, das Schwere Warmblut, ist der einzige Herr in der Runde.
Sachsens erfolgreichster Voltigier-Nachwuchs kommt aus Zittau. Im Bild Trainerin Heike Hofmann mit Emilia, Alina, Zoé und Nicola. Elsando, das Schwere Warmblut, ist der einzige Herr in der Runde. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Es ist kalt in diesen Tagen, auch im Reiterhof "Drei Linden" auf halber Strecke zwischen Zittau und Eichgraben, direkt gegenüber dem "Jam", wo es auch nach Hartau geht. Der Atem hängt wie eine kleine Wolke von Eiskristallen in der Luft - nicht nur bei den Menschen, die sich hier um die Tiere kümmern. Auch bei Elsando. Der stämmige Hengst wird gerade für die kommenden Übungsstunden fertig gemacht. Aus dem mit reichlich Stroh und Heu versehenen Stall geht es über den eisigen Hof hinüber in die Reithalle.

Elsando ist die Ruhe selbst. Der 15-Jährige ist ein Schweres Warmblut, sein Gemüt viel ruhiger als das normaler Sportpferde, die es auf dem Reiterhof des Ostsächsischen Sportvereins (OSV) ebenso gibt. "Elsando ist genau das, was wir brauchen", sagt Nicola Hofmann, die schon seit Jahren mit ihm arbeitet. Denn der Rücken des stattlichen Tieres ist beim Training der Voltigierer die "Spielwiese", auf der sie ihre Übungen zelebrieren. Jeden Montag ab vier legen die 13 Mädchen aus der Gruppe los - erst erwärmen, dann Trockenübungen auf einem Holzpferd.

Jede möchte anschließend natürlich hoch, auf Elsandos Rücken. "Wenn wir komplett sind, ist das gar nicht so leicht. Denn alle wollen zeigen, was sie drauf haben. Und natürlich gibt es bei jeder noch Verbesserungsbedarf." Die 20-jährige Nicola ist die Älteste im Nachwuchsteam der Voltigierer beim OSV, die jüngste ist gerade mal drei. Zudem ist sie Co-Trainerin und gehört zu jenen vier Sportlerinnen, die im vergangenen Jahr an der Nachwuchsfördertour der Bundesländer Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt teilgenommen haben. Nicola Hofmann hat dabei wie Alina Rudolph (10) und Zoé Neumann (13) den ersten Platz in ihrer Altersgruppe abgeräumt. Emilia Roscher (11) holte einen sechsten Platz.

"Das war das Beste, was wir seit Langem erreicht haben", freut sich Trainerin Heike Hofmann (61), gleichzeitig Nicolas Mutter. Auch wenn Voltigieren beim Pferdesport eher noch eine Ausnahme ist, waren acht Vereine beteiligt, mit rund 60 Teilnehmern. "Von den fünf Altersgruppen haben wir drei gewonnen. Erfolgreicher hätte es fast gar nicht laufen können", ist die Trainerin noch immer voller Euphorie. Und sie hofft, dass sich weitere Interessenten in anderen Vereinen künftig ebenfalls am Voltigieren versuchen. Sie weiß im Landkreis Görlitz nur von einem weiteren, nördlich von Görlitz. Das Zusammenspiel von Mensch und Tier sei einzigartig, meint sie. Und verlange so viel Präzision, Gleichgewicht und Körperbeherrschung.

Nicola Hofmann ist beim Voltigieren auf Elsando ganz in ihrem Element.
Nicola Hofmann ist beim Voltigieren auf Elsando ganz in ihrem Element. © privat

Nicola betreibt den Sport schon seit vielen Jahren. "Ich war noch klein, da habe ich das bei meiner Mutter gesehen. Ich wollte nicht nur zuschauen, sondern mich selbst versuchen. So fing das damals an", erinnert sie sich. Sich bewegen, Kraft aufbauen - das mache auch ohne Pferd richtig Spaß. Auf dem Rücken des Tieres sei alles viel schwieriger. "Man wird mehr gefordert. Natürlich ist dann auch die Befriedigung größer, es geschafft zu haben." Denn Turnen sei schon auf dem Boden nicht ganz leicht. "Auf einem laufenden, ja sogar galoppierenden Pferd, auf dessen gleichmäßigen Schritt du nur vertrauen kannst, ist das noch einmal eine ganz andere Hausnummer."

Wobei Elsando tatsächlich ein Vertreter der ganz ruhigen und ausgeglichen Sorte ist. Am liebsten dreht der schwarze Riese in der Reithalle gemächlich seine Runden. Galopp ist nicht sein Ding. Aber: "Er hat schnell begriffen, was von ihm verlangt wird", erklärt Heike Hofmann. Beim OSV ist er als Voltigierpferd allein auf weiter Flur. "Es wäre schon schön, noch ein zweites zu bekommen. Aber es ist nicht leicht, ein Tier mit den passenden Eigenschaften zu finden", so die Trainerin.

Wer seine Übungen perfekt beherrschen will, muss zuerst auf dem Holzpferd ran.
Wer seine Übungen perfekt beherrschen will, muss zuerst auf dem Holzpferd ran. © privat

Montagnachmittag geht es in den "Drei Linden" mit oder ohne Elsando richtig zur Sache. "Wir müssen Pflichtübungen trainieren. Und die Kür. Das kann man sich wie beim Eiskunstlauf vorstellen", erläutert Nicola den Inhalt des Programmes. Dabei gibt es solch schwere Elemente wie Schulterstand oder Rolle - auf schwankendem Untergrund in rund 1,80 Meter Höhe. "Etwa ein halbes Jahr braucht es, ehe die Kinder das auf festem Boden drauf haben. Dann geht es aufs Pferd - und schließlich zum Turnier." Das Kuriose daran: "Anfänger fallen sehr selten runter. Bei den Älteren ist das anders, die rutschen zuweilen ab."

Damit das in Zukunft immer weniger passiert, gibt es auch im Winter keine Pause. Da mögen Eiskristalle durch die Luft wirbeln, wie sie wollen - "das ist uns egal. In der Reithalle ist rund zwei Stunden richtig Arbeit angesagt. Die Mädchen wollen das. Und natürlich bei den Turnieren in diesem Jahr genauso erfolgreich sein wie im vergangenen Jahr", weiß Nicola.