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Schneeschieben im Akkord

Seit Sonntagmorgen sind die Räumfahrzeuge im Kreis Görlitz im Dauereinsatz. Mancherorts gleicht das einem Kampf gegen Windmühlenflügel.

Von Jana Ulbrich
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Sven Kalkbrenner, Chef der Straßenmeisterei in Zittau, hat das Chaos im Griff,
Sven Kalkbrenner, Chef der Straßenmeisterei in Zittau, hat das Chaos im Griff, © Matthias Weber/photoweber.de

Sven Kalkbrenner hat das Chaos im Griff. Alles, was Räder und ein Schiebeschild hat, hat der Chef der Zittauer Straßenmeisterei auf Achse geschickt. Schon seit Sonntagmorgen sind seine Männer im Dauereinsatz, fahren drei Schichten rund um die Uhr.

Der Chef selber hat fix noch mal die Anschlussstelle der B178n in Niederoderwitz geschoben - obwohl die Kollegen gerade erst dort waren. "War schon wieder dicht", seufzt Kalkbrenner und springt vom Räumfahrzeug.

Gute 20 Zentimeter Neuschnee hat es über Nacht wieder gegeben. Und als ob das nicht schon genug wäre, weht der Wind den federleichten Pulverschnee bei der Eiseskälte auch noch wie Staub übers Land. Kaum ist der Schneeschieber vorbeigezogen, ist die Straße auch schon wieder zugeweht.

Wie ein Kampf gegen Windmühlenflügel ist das bei diesem Wetter. "Da können wir noch so viele Fahrzeuge im Einsatz haben, das können wir nicht gewinnen", weiß der Zittauer Straßenmeister. An diesem Montagmorgen sind alleine in seinem Bereich fünf eigene Räumfahrzeuge und drei von Fremdfirmen unterwegs. Und zusätzlich hat Kalkbrenner noch sechs Traktoren mit Schiebeschild beordert, die gegen die Schneemassen anfahren.

Straßenmeister Sven Kalkbrenner ist mit einem Kollegen unterwegs zur Anschlussstelle der B187n in Niederoderwitz.
Straßenmeister Sven Kalkbrenner ist mit einem Kollegen unterwegs zur Anschlussstelle der B187n in Niederoderwitz. © Matthias Weber/photoweber.de

Und trotzdem reichen die Kräfte nicht für alles zugleich. In solchen Situationen muss der Straßenmeister Prioritäten setzen: An erster Stelle kommen die Bundesstraßen, die freizuhalten sind, danach die wichtigen Ortsverbindungen und alle Strecken, für die es keine Alternativen gibt. Im Notfall muss dann auch mal bleiben, was nicht unbedingt notwendig ist.

Sven Kalkbrenner hat an diesem Morgen entschieden, die weniger frequentierte Kreisstraße zwischen Niederoderwitz und Mittelherwigsdorf und die zwischen Wittgendorf und Dittelsdorf aufzugeben und zu sperren. "Wir können es uns in dieser Lage nicht leisten, unsere Kräfte unnötig zu verheizen", erklärt er.

Im gesamten Landkreis werden am Montagmorgen auch noch die Kreisstraßen zwischen Schönbach und Ebersbach, zwischen Sohland am Rotstein und Oberbischdorf, zwischen Kottmarsdorf und Obercunnersdorf und zwischen Kleindehsa und Jauernick gesperrt. Sie sollen, wenn der Schneefall wie angekündigt nachlässt, im Laufe des Dienstags alle wieder geräumt werden, verspricht Torsten Steinert, der zuständige Amtsleiter im Landratsamt.

Auch er sieht die situationsbedingten Sperrungen als legitimes Mittel: "Das wichtigste sind die Bundesstraßen und die Ortsverbindungen, auf denen die Leute zur Arbeit fahren", sagt der Amtsleiter. Darauf müssten alle Anstrengungen konzentriert werden. Straßen, an denen niemand wohnt und für die es problemlos Alternativstrecken gibt, könnten da gut und gerne vernachlässigt werden.

Das Konzept geht auf an diesem Montag. Das vielfach heraufbeschworene und befürchtete Chaos bleibt auf den Straßen im Landkreis Görlitz weitgehend aus. "Jeder, der musste, konnte seine Arbeitsstelle gut erreichen", sagt Torsten Steinert nicht ohne Stolz. Gute Planung ist eben alles. "Die Wetterlage kam ja nicht überraschend", sagt der Amtsleiter. "Wir konnten uns diesmal sehr gut vorbereiten."

8.300 Tonnen Streusalz haben die Mitarbeiter der Straßenmeistereien im Kreis Görlitz in diesem Winter schon breitgefahren - doppelt so viel als in der ganzen vergangenen Saison. Dass das Salz knapp werden könnte, müsse aber niemand befürchten, versichert Torsten Steinert. Die Lager seien noch gut gefüllt.

Alexander Pollier ist als Bauhofleiter in Oderwitz für den Winterdienst zuständig. Früh halb fünf begann am Montag sein Dienst auf dem Radlader.
Alexander Pollier ist als Bauhofleiter in Oderwitz für den Winterdienst zuständig. Früh halb fünf begann am Montag sein Dienst auf dem Radlader. © Matthias Weber/photoweber.de

In Oderwitz lässt Alexander Pollier den Schneepflug der Straßenmeisterei erst einmal passieren. Dann schwingt sich der Chef des örtlichen Bauhofs wieder auf den Radlader und kümmert sich um das, was der Schneepflug an den Rand der B96 geschoben hat. Diese Aufgabe hier ist ein Vollzeitjob.

Seit früh halb fünf ist Alexander Pollier im Einsatz und hält die 15 Bushaltestellen an den neun Kilometern Bundesstraße vom Ortseingang bis zum Ortsausgang von Oderwitz frei. Immer, wenn der Schneepflug vom Landkreis durch ist, bekommt der Oderwitzer wieder Arbeit. Eine Sisyphus-Arbeit. Trotzdem hat Alexander Pollier Verständnis für die Kollegen von der Straßenmeisterei. "Die können ja hier auf der Bundesstraße nicht an jeder Haltestelle rangieren." Das macht er dann eben mit dem Radlader, für den die Gemeinde jetzt extra ein neues Schiebeschild angeschafft hat.

Viel mehr, sagt Alexander Pollier, ärgern ihn die Autofahrer, die drängeln und hupen und so dicht auffahren, dass er gar nicht mehr rangieren kann. "Manche fahren einem auf bis an die Stoßstange", erzählt er. Und dann schimpfen sie, dass wir nicht schnell genug überall sind. Aber da müsse man eben gelassen bleiben, sagt der Oderwitzer Bauhofleiter.

Mehr Gelassenheit würde sich auch Straßenmeister Sven Kalkbrenner von ungeduldigen Autofahrern und Anwohnern wünschen. "So wie die Leute im Zittauer Gebirge," sagt er, "die Schnee ganz anders gewöhnt sind - eben auch mal mehr Schnee."

Ganz gelassen bleibt auch Jan Porsche, der in Oderwitz am Zubringer zur B178n wohnt. Eine Stunde Schneeschippen vor seinem eigenen Haus hat er schon in den Knochen, jetzt leistet er tatkräftig Nachbarschaftshilfe. "Ist doch schön, dass mal wieder richtig Winter ist", sagt der 52 Jährige und schippt weiter wie ein Weltmeister.

Schippen, was das Zeug hält: Jan Porsche (l.) aus Niederoderwitz leistet Nachbarschaftshilfe bei Rentner Klaus Reichelt.
Schippen, was das Zeug hält: Jan Porsche (l.) aus Niederoderwitz leistet Nachbarschaftshilfe bei Rentner Klaus Reichelt. © Matthias Weber/photoweber.de

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