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Ein Hauch von Olympia weht im Weinaupark

In Zittau können sich Geher am Sonnabend für Olympia in Paris qualifizieren. Ein Kolumbianer ist deshalb schon seit Montag da.

Von Frank Thümmler
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Jhon Alexander Castaneda aus Kolumbien wird am Sonnabend versuchen, die Olympianorm über 20 Kilometer Gehen im Zittauer Weinaupark zu knacken. Seit Montag ist der 31-Jährige schon da und trainiert hin und wieder im Stadion.
Jhon Alexander Castaneda aus Kolumbien wird am Sonnabend versuchen, die Olympianorm über 20 Kilometer Gehen im Zittauer Weinaupark zu knacken. Seit Montag ist der 31-Jährige schon da und trainiert hin und wieder im Stadion. © Rafael Sampedro

Jhon Alexander Castaneda fühlt sich gerade richtig wohl in Zittau. Der 31-jährige Kolumbianer fiebert dem Sonnabend entgegen. Dann will sich der „professionelle Geher“, wie er sich selbst bezeichnet, im Weinaupark für Olympia 2024 in Paris qualifizieren. Hier findet das „Lusatian International Race Walking Meeting“ statt, das vom Internationalen Leichtathletikverband der „World Athletics Race Walking Tour Bronze“ zugehörig eingestuft wurde. Hinter dem Namensungetüm verbergen sich zwei Dinge: Es gibt Weltcup-Punkte, und die Athleten können sich direkt für die Olympischen Spiele in Paris im kommenden Jahr qualifizieren, wenn sie die vom Verband festgelegte Normzeit unterbieten – 1:20:10 Stunden für 20 Kilometer bei den Männern, 1:29:20 Stunden bei den Frauen.

Aber wie kommt Zittau, abgesehen von der Ausrichtung einiger Deutscher Meisterschaften in den vergangenen Jahren und nicht gerade als Geher-Hochburg bekannt, dazu, ein solches internationales Sportereignis auszurichten? „Im Kern hat das was mit unserer schon langen Sportfreundschaft mit dem tschechischen Verein AC Rumburk zu tun“, erklärt Jens Schöning vom Verein O-See-Sports, der eigentlich vor allem für die Ausrichtung der O-See-Challenge bekannt ist.

„In Tschechien ist Gehen viel populärer als bei uns. Die Rumburker hatten dann mal angefragt, ob wir nicht eine kleine Veranstaltung, auch für die Kinder gemeinsam machen könnten. Das haben wir im vergangenen Jahr erstmals getan. Auf diese Veranstaltung wiederum ist dann der Weltverband aufmerksam geworden und hat bei uns nachgefragt, ob wir uns vorstellen könnten, das größer aufzuziehen. Wir haben uns geschmeichelt gefühlt und nach kurzem Überlegen zugesagt, ein solches Geher-Großereignis gemeinsam mit den tschechischen Freunden zu veranstalten“, erklärt Schöning.

Der Zusatzaufwand ist nicht ohne: Die Ein-Kilometer-Runde auf der asphaltierten Strecke rund um das Weinaustadion herum musste hochoffiziell und supergenau von einem zertifizierten Vermessungsteam aus Tschechien vermessen werden. „Ein Kilometer und ein paar Zentimeter sind das jetzt“, sagt Schöning. Schließlich muss alles mit rechten Dingen zugehen, damit eine Olympianorm erfüllt werden kann.

Beim Gehen gehören – wichtiger als bei den meisten anderen Leichtathletikdisziplinen – unbedingt auch Kampfrichter dazu. Die „Gehrichter“ achten akribisch darauf, dass die Geher auch korrekt gehen: Es darf kein für das menschliche Auge sichtbarer Verlust des Bodenkontakts vorkommen. Und das ausschreitende vordere Bein muss beim Aufsetzen gestreckt – das heißt am Knie nicht gebeugt – sein. Folge dieser Regeln ist die für Geher so markante Hüftbewegung. Wer die Regeln nicht einhält, erhält Verwarnungen (Gelbe Karten) oder Anträge auf Disqualifikation (Rote Karten). Bei drei Roten Karten wurde der Geher früher aus dem Rennen genommen, inzwischen muss er eine Strafzeit in einer Penalty-Zone „abstehen“. „Wir haben fünf internationale Gehrichter eingeladen, für die wir auch Kost und Logis stellen“ erklärt Schöning, der auch einen Abgeordneten des Europäischen Verbandes erwartet.

Ganz schön viel (auch finanzieller) Aufwand für ein Sportereignis, das zwar für besser gefüllte Hotels in der Stadt und zusätzliches Renommee sorgt, mit dem sich aber kaum Gelder generieren lassen. Besucher können am Sonnabend kostenfrei an der Strecke zuschauen. „Zum Glück unterstützen uns Sponsoren“, erklärt Schöning, der sich über insgesamt fast 200 Anmeldungen aus 17 Nationen für den Wettkampf freut.

Das tut auch Jhon Alexander Castaneda. Der Kolumbianer aus der Hauptstadt Bogota ist schon seit Montag in Zittau, fühlt sich hier super aufgenommen, akklimatisiert sich und trainiert im Weinaustadion. Aus ihm spricht der Leistungssportler: „Die Strecke hier finde ich super, sie scheint schnell zu sein. Und auch das Feld scheint leistungsstark zu sein, was es viel leichter macht, die harte Olympianorm zu knacken“, sagt Jhon Alexander Castaneda, der schon einige Erfolge aufzuweisen hat. Unter anderem war er Südamerika-Meister 2018 und Südamerika-Vizemeister 2017 und 2021.

Vor gut zwei Jahren, 2021 in Tokio, war er auch dabei, wurde damals 27. über 20 Kilometer. Die Norm hat es für den Kolumbianer in sich, liegt über zwei Minuten unter seiner persönlichen Bestzeit. Jhon Alexander Castaneda aber ist optimistisch: „Die Temperaturen sind auch gut für uns, und vielleicht kommen ja ein paar Zuschauer und machen olympische Stimmung“, sagt er.