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Warum in der Oberlausitz der Apfelsaft knapp wird

2023 ist kein gutes Apfeljahr. Das macht es auch den Keltereien im Raum Löbau-Zittau schwer. Teurer könnte heimischer Saft allerdings aus anderen Gründen werden.

Von Romy Altmann-Kuehr & Jana Ulbrich
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Gerd Hummitzsch betreibt in Mittelherwigsdorf eine kleine Lohnmosterei. Zurzeit hat seine Saftpresse allerdings nicht viel zu tun.
Gerd Hummitzsch betreibt in Mittelherwigsdorf eine kleine Lohnmosterei. Zurzeit hat seine Saftpresse allerdings nicht viel zu tun. © Matthias Weber/photoweber.de

Die Rote Goldparmäne trägt üppig. Ein paar große Fünf-Liter-Pakete Saft werden die Äpfel hergeben, schätzt Gerd Hummitzsch. Er wird sie sortenrein pressen. Seit 13 Jahren betreibt der Niederoderwitzer den "Oberlausitzer Saftquell", eine kleine Lohnmosterei. Die große Saftpresse steht in Mittelherwigsdorf, die kleine bei ihm zu Hause in Niederoderwitz. Die Pressen stehen wörtlich. Sie arbeiten zurzeit nur selten. Denn die üppige Pracht der Roten Goldparmäne in Hummitzschs Garten trügt.

Es gibt in diesem Jahr nicht viele Apfelbäume in der Oberlausitz, die so reichlich tragen. 2023 ist kein Apfeljahr. Ganz und gar keins. Beim sächsischen Obstbauernverband rechnet man mit der kleinsten Ernte seit einem Vierteljahrhundert. Von den professionell bearbeiteten Bäumen in den Plantagen der Obstanbaugebiete wird mit Ernteeinbußen um 20 Prozent gerechnet. An den meisten Bäumen in den Hausgärten hängen fast gar keine Äpfel.

Das Problem war das Frühjahr, erklärt Hummitzsch. "Es hat zwar geregnet, aber der Trockenstress der Vorjahre hängt den Bäumen noch an." Und in der Blütezeit der Apfelbäume sei es zu kalt gewesen. Da seien die Bienen nicht geflogen. Und als es dann wärmer wurde, erklärt er, da habe schon der Raps geblüht, für die Imker eine wichtige Tracht im Frühjahr. Da waren die Bienen dann im Raps. In der Obstblüte würde sich auch auswirken, dass es immer weniger Wildbienen gibt.

In guten Jahren, sagt Gerd Hummitzsch, presst er in seinem kleinen Betrieb 70 Tonnen Äpfel. "Wenn wir dieses Jahr zehn Tonnen zusammenkriegen, sind wir gut", schätzt er die Lage ein. Statt wie sonst an vier bis fünf Tagen pro Woche wird seine kleine Saftpresse jetzt höchsten einen Tag laufen. Wer Äpfel abzugeben hat, kann sich bei ihm telefonisch oder im Internet über die Termine informieren.

Kekila Lauba: Reicht der Apfelsaft bis zur nächsten Ernte?

In der Familien-Kelterei Kekila in Lauba rechnet man mit nur einem Fünftel des Apfelaufkommens von guten Jahren. "Wenigstens die späten Apfelsorten tragen ein bisschen", sagt Chefin Kathleen Kitsche. Aber schon jetzt macht sie sich Sorgen, ob der Apfelsaft von diesem Jahr wie sonst bis zur neuen Ernte im nächsten Jahr reicht. "Normalerweise planen wir so", erklärt Kathleen Kitsche, "wir haben ja ein Tanklager, aber das müssen wir natürlich auch füllen können."

Eine gute Nachricht hat die Chefin des Familienbetriebs für ihre Kunden: Die Preise für die Lohnmosterei, die bei Kekila mehr als die Hälfte der Produktion ausmacht, bleiben auf dem bisherigen Niveau.

Sorgen macht sich Kathleen Kitsche allerdings um die Preise für ihre Säfte und Fruchtsaftgetränke im Handel. "Die werden wir nächstes Jahr erhöhen müssen", weiß die Unternehmerin aus Lauba. "Grund ist die steigende Lkw-Maut", erklärt sie. Die Zulieferer würden die steigenden Mautkosten weitergeben an ihre Kunden - und auch die Kelterei müsse diese Kosten an ihre Kunden weitergeben.

Mitschke Ebersbach: Nur ein Drittel vom Vorjahr

Auch die Kelterei Mitschke in Ebersbach bestätigt die Erfahrungen der Kollegen. Inhaber Gunter Mitschke hält das für ein nicht ungewöhnliches Phänomen. Normalerweise tragen Apfelbäume tatsächlich nur jedes zweite Jahr gut, sagt er. Es spielten aber immer verschiedene Faktoren eine Rolle. In diesem Jahr jedenfalls fällt die Ernte besonders mager aus - und dementsprechend werden weniger Äpfel abgegeben.

Der Familienbetrieb, der vor fast 100 Jahren am Standort in der Hermann-Wünsche-Straße in Ebersbach gegründet wurde, setzt ebenso wie Kekila und auch die Kelterei Linke in Neugersdorf noch heute auf das Lohnmost-Prinzip. Mittels Bandpresse werden die heimischen Früchte, die Einwohner abgeben, ausgepresst und weiter verarbeitet zu Säften. Vom Rhabarber bis zu Weintrauben und Holunder oder Edeleberesche ist alles dabei. Am meisten natürlich aber gewöhnlich Äpfel. "Wir haben jetzt ein Drittel des Vorjahres geliefert bekommen", so Gunter Mitschke. Noch bis zum 6. November nimmt er Äpfel an. Er glaubt aber nicht mehr, dass es noch besser wird. Mitschkes Apfelsaft wird tatsächlich nur aus dem heimischen Obst hergestellt, was die Leute abgeben. Reicht das nicht, hat er die Möglichkeit, von einer regionalen Plantage Mostobst zuzukaufen.

Mitschke ist bestrebt im Herbst die Menge an Apfelsaft, den er bis zum nächsten Jahr braucht, in die Flaschen zu bekommen. Voriges Jahr hat das nicht geklappt. Da mangelte es nicht an Äpfeln, sondern an Flaschen. Er musste den Saft in Tanks zwischenlagern. "Die Qualität ist aber besser, wenn er gleich in die Flaschen kommt und nicht ein zweites Mal erhitzt werden muss", sagt der Saft-Experte. Wie die Kalkulation dieses Mal aufgeht, wird sich erst im kommenden Jahr zeigen.

Jeden Sonnabend wird bei ihm außerdem Saft aus eigenen Äpfel gepresst. Das heißt, Hobbygärtner können nach Anmeldung ihre Äpfel bringen und die werden direkt gepresst und abgefüllt. So kann man tatsächlich den Saft aus seinem eigenen Obst mit nach Hause nehmen. Dafür werden pro Durchgang etwa 100 bis 150 Kilogramm Äpfel gebraucht. Das wird immer mehr angenommen, ist Mitschkes Erfahrung.

Insgesamt stellt er aber fest, dass die Wertschätzung für - einheimische - Lebensmittel bei den Deutschen nicht so groß ist. Ein Grund seien sicherlich die aktuellen Krisen, die Leute halten ihr Geld zusammen. Gespart werde oft am Essen und auf billigere Alternativen zurückgegriffen. "Und darunter leiden alle regionalen Lebensmittelproduzenten."