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Wie Kriminelle einem Zittauer das Bank-Konto abräumen

Ein Mann aus Zittau ist Opfer eines mysteriösen Hackerangriffs auf seine Kontodaten geworden. Die Volksbank Löbau-Zittau sieht sich nicht in der Pflicht.

Von Jana Ulbrich
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In einer Werbe-Mappe der Bank hat Frank Neumann* den Schriftverkehr mit der Volksbank Löbau-Zittau gesammelt. Die will ihm den finanziellen Schaden nicht ersetzen.
In einer Werbe-Mappe der Bank hat Frank Neumann* den Schriftverkehr mit der Volksbank Löbau-Zittau gesammelt. Die will ihm den finanziellen Schaden nicht ersetzen. © Matthias Weber/photoweber.de

Es ist Sonnabendmittag, der 7. Oktober, 12.32 Uhr: Frank Neumann* hat sich eine Apple Watch gekauft, so eine elektronische Uhr, die viel mehr kann, als nur die Zeit anzeigen. Er will sie künftig auch zum Bezahlen nutzen. Dafür muss er nur seine elektronische Bankkarte vom Handy auf die Uhr spiegeln. Er bestätigt seine Identität, bekommt einen Code, gibt ihn ein, die Karte erscheint auf der Uhr. Erledigt. Es ist Sonnabendnachmittag, 17.31 Uhr, als in einem Lidl-Markt in Nordrhein-Westfalen von Neumanns Konto 210,75 Euro abgebucht werden.

Nur fünf Minuten später sind es vier Bezahlvorgänge über jeweils etwas mehr als 200 Euro bei einem DM-Markt - im Abstand von nur wenigen Sekunden. Um 17.56 Uhr und 17.57 Uhr bucht Aldi zweimal ab. Drei weitere Bezahlvorgänge folgen. In knapp anderthalb Stunden wird Frank Neumann an diesem Sonnabend rund 2.000 Euro los.

"Es ist mir unbegreiflich, wie das funktioniert hat", sagt der 62-jährige Zittauer, dessen Name in diesem Text geändert ist. "Wie sind diese Gauner an meine Daten gekommen?", fragt er sich. "An welcher Stelle ist der Fehler? Und wie konnten diese Abbuchungen überhaupt innerhalb von nur wenigen Sekunden erfolgen?" Auf seine Fragen hat er bisher keine Antworten.

Und es ist auch noch nicht das Ende der mysteriösen Geschichte: Die Abbuchungen entdeckt Frank Neumann gleich am darauffolgenden Montagmorgen. "Ich habe auf eine Überweisung gewartet und wollte am Rechner nachsehen, ob sie eingegangen ist", erzählt er. Sofort ruft er bei seiner Bank, der Volksbank Löbau-Zittau, an und bittet darum, das Konto zu sperren.

Das wäre telefonisch nicht möglich, dazu müsse er persönlich in eine der Filialen kommen, sagt man ihm. Er fährt sofort hin. Gegen 9.30 Uhr sperrt eine Volksbank-Mitarbeiterin die Karte. Es ist 12.44 Uhr an diesem Montag, als Lidl in Nordrhein-Westfalen wieder reichlich 200 Euro abbucht. Innerhalb einer halben Stunde folgen sechs weitere Abbuchungen - insgesamt knapp 1.400 Euro dieses Mal.

Die knapp 1.400 Euro, die nachweislich nach der Kartensperrung abgehoben wurden, hat die Volksbank dem Zittauer inzwischen ersetzt, ebenso die Gebühr von 2,45 Euro, die für diese sieben unberechtigten Lastschriften angefallen ist. Dass es den Kriminellen überhaupt möglich war, das Konto sogar noch nach der Sperrung zu benutzen, sei auf einen Fehler der Mitarbeiterin bei der Eingabe der Sperre zurückzuführen, erklärt man ihm später bei der Bank.

Den finanziellen Schaden durch die ersten Abbuchungen vom Sonnabend - knapp 2.000 Euro - will die Bank Frank Neumann allerdings nicht ersetzen. Er habe "keine ausreichenden Vorkehrungen" getroffen, um seinen Zugang zum Online-Banking vor Missbrauch zu schützen, so teilt ihm eine Mitarbeiterin schriftlich mit.

Frank Neumann versteht die Welt nicht mehr: "Welchen Fehler soll ich denn gemacht haben?", fragt er und erklärt: "Ich habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt - nicht einmal fahrlässig". Er habe beim Überspielen der Daten auf die Apple-Watch weder eine PIN noch eine TAN benutzt, sagt er. Die Volksbank Apps entsperrt er per Gesichtserkennung.

Dass die Volksbank ihm den Schaden nicht ersetzen will, ist für Frank Neumann nicht nachvollziehbar. Er will die Entscheidung nicht hinnehmen und hat Beschwerde bei dem Geldinstitut eingereicht. Volksbank-Vorstand Karl-Anton Erath möchte sich mit Verweis auf den Datenschutz gegenüber der SZ nicht zu dem Fall äußern. Dies würde dem Verständnis des Geldinstituts von Vertraulichkeit widersprechen, teilt er schriftlich mit.

Erath betont in diesem Zusammenhang jedoch, dass es keine Sicherheitslücken im System gebe. Das Online-Banking-System der Volksbank Löbau-Zittau sei nicht gehackt worden und nach wie vor sicher, schreibt er.

Frank Neumann hat wegen des Bankbetrugs bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Und er hat inzwischen einen zweiten Beschwerdebrief an die Volksbank geschrieben mit der Aufforderung, ihm den entstandenen finanziellen Schaden zu ersetzen. Schließlich stehe in den Sicherheitsbestimmungen der Bank, dass sie bei Missbrauch haftet.

Er hat jetzt neue Zugangsdaten für das Onlinebanking, eine neue Bankkarte und eine neue PIN. Auf seinem Konto fehlen aber immer noch 2.000 Euro . Sein Schriftverkehr mit der Volksbank Löbau-Zittau steckt in einer Werbe-Mappe der Bank: "Immer den richtigen Partner zur Hand" steht darauf. „Dass ich nicht lache“, sagt Frank Neumann.