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Zittauer Badefreuden der Vergangenheit

Wie aus dem städtischen Licht- und Luftbad das Westbad wurde und warum es nach 1990 schloss.

Von Heike Schwalbe
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Ausgebadet: die Sprungtürme und Schwimmbecken des Westbades kurz vor dem Abriss 1995.
Ausgebadet: die Sprungtürme und Schwimmbecken des Westbades kurz vor dem Abriss 1995. © Heike Schwalbe

Als sich Zittau immer mehr zu einer Industriestadt entwickelte, wuchs auch die Einwohnerschaft. Es entstanden größere Wohnhäuser mit Läden im Erdgeschoß und speziellen Händlern im Hinterhof. Die Straßen wurden breiter und erhielten gepflasterte Bürgersteige. Hier gingen die Arbeiter sonntags mit ihren Familien zur Erholung in ihre zwei Stadtparks.

Einer, der Westpark, befand sich zwischen Burgmühlgraben und Pethauer Teich. Nur wenige Fußminuten vom Zentrum entfernt war man mitten im Grünen. Man konnte flanieren, auf dem Teich rudern oder sich in der Burgteich-Restauration stärken. Doch eine Stätte für Sport und Spiel fehlte. Der kommunale Wohlfahrtsausschuss plante sie westlich des Burgberges.

Kurz nach der Sommersonnenwende eröffnet

Kurz nach der Sommersonnenwende des Jahres 1907 wurde am 26. Juni das „Städtische Licht- und Luftbad“ durch den damaligen Oberbürgermeister Hermann Johannes Oertel eröffnet. Hier gab es Rasenflächen, Hartplatz, Kegelbahn, Leichtathletikanlagen, Turngeräte, Faustballplatz, Duschen und – sogar ein kleines Wasserbecken zwischen den Liegewiesen. Dem damaligen Parkinspektor Grabowski war mit der Gestaltung des Bades ein Prachtstück gelungen. Am Südrand konnte man ins „Paradies“ gelangen. Hier war ein Bereich für die Freikörperkultur mit langen Brettern blickdicht umzäunt. Bis an den Auwald reichte dieses Areal.

Nur ein schmaler Zaun trennte diesen Urwald von den modernen Sportanlagen. Doch dem Schwimmsport genügte das vorhandene Wasserbecken nicht. Der 1910 gegründete Schwimmklub „Neptun“ wandte sich an den Stadtrat, sich dafür einzusetzen, das vorhandene Licht- und Luftbad durch ein Schwimmbecken zu ergänzen. Doch plötzlich fehlte das Geld. Dann begann der Erste Weltkrieg, und die Finanzmittel wurden für Wichtigeres gebraucht. Zehn Jahre mussten nach den Schüssen von Sarajevo verstreichen, ehe der erste Spatenstich für den Aushub eines Schwimmbeckens im Westpark erfolgte.

Immer gut besucht war die Rutsche des Zittauer Westbades, hier fotografiert 1988.
Immer gut besucht war die Rutsche des Zittauer Westbades, hier fotografiert 1988. © Frank Winkler

Doch nun ging es schnell. Bereits ein Jahr später war das Becken fertig. Mit einer Höhe von zehn Metern thronte an seiner Stirnseite ein hölzerner Sprungturm, von dem sich die ganz Mutigen ins kühle Nass des 100 Meter langen und 25 Meter breiten Beckens stürzten. Für die etwas weniger Mutigen gab es in fünf, drei und einem Meter Höhe weitere Sprungbretter. Die große Uhr war das Prunkstück des Turmes. Bald kamen auch ein Planschbecken sowie Umkleide- und Sanitärgebäude hinzu, zudem ein Park, der dieses Bad zu einem Juwel formte. Das neue Areal wurde mit dem Licht- und Luftbad vereinigt.

Am 30. Mai 1926 war es soweit: Oberbürgermeister Georg Walter Zwingenberger eröffnete in Anwesenheit Tausender feierlich das „Bad am Westpark“, von allen bald nur noch Westbad genannt. Hier wurde nicht nur gebadet, hier wurden auch Feste gefeiert, Schwimmunterricht gegeben und Schwimmstufen abgelegt. Wettkämpfe im Wasser und auf den Sportplätzen des alten Licht- und Luftbades erfreuten das Publikum. Aber in erster Linie konnten sich die Zittauer in ihrem Westbad erholen. Und damit das so blieb, hielt die Stadt die Eintrittspreise konsequent niedrig.

Der Westpark mit Bad aus der Vogelperspektive. Im Vordergrund sind Anlagen des Licht- und Luftbades zu erkennen.
Der Westpark mit Bad aus der Vogelperspektive. Im Vordergrund sind Anlagen des Licht- und Luftbades zu erkennen. © Sammlung H. Schwalbe

Das Wasser erhielt das Westbad anfangs aus dem Burgmühlgraben, eine eigene Wasseraufbereitungsanlage befand sich an der nördlichen Grenze des Geländes. Später speiste Leitungswasser die Becken. Es sprudelte auch aus der beliebten Mundwasserstelle am Sprungturm – ein Spaß für alle Kinder. 1937 teilte man das Schwimmbecken in der Mitte. Anfang der fünfziger Jahre wurde der morsche Holzsprungturm durch einen schnittigen aus Stahlbeton ersetzt. Die Uhr blieb erhalten, man setzte sie in den Giebel über der Wachstube des Bademeisters. Ansonsten blieben 65 Jahre lang die Schwimmbecken, Sport- und Spielplätze sowie die Liegewiesen und die einfache Gastronomie des Westbades unverändert, und unverändert beliebt blieben sie auch bei den Bürgern jeglichen Alters und Standes.

Aber nach 1990 kam das Ende. Das nach nur wenigen Werterhaltungen marode Bad wurde nicht mehr gebraucht, als mit der Flutung des in unmittelbarer Nähe befindlichen Tagebaus Olbersdorf ein naturnahes Badegewässer entstand. Ganz aufgegeben wurde das Westbad-Areal jedoch nicht. Das flachere der Schwimmbecken wurde zu einem Seerosenteich umgestaltet und damit zu einem Anziehungspunkt der 1999 stattfindenden 2. Sächsischen Landesgartenschau Zittau/Olbersdorf.

Weitere Zittauer Bäder

Doch wo suchten die Zittauer vor den Zeiten des Licht- und Luftbades und des Westbades Erholung im kühlen Nass? Bäder in freier Natur einzurichten, war im 19. Jahrhundert auch in Zittau üblich. 1848 eröffnete im Weinaupark ein „Moor- und Mineralwasserbad“. Gegründet von Maurermeister Eduart Brösel wurde diese Badeanstalt in einem kleinen Kurpark angelegt. In der Nähe betrieb Brösel eine Restauration. Hier konnte man bis 1859 kuren. Dann wurde das Moor trockengelegt, und fast alle Teiche im Weinaupark verschwanden, so auch dieses Bad.

Ein Flussbad im Bereich der Olbersdorfer Brücke bot ab 1855 eine weitere Bademöglichkeit. Es wurde von zwei Vereinen betrieben. Ein weiteres Luft- und Lichtbad war ab 1914 das „Neißebad“ im Osten der Stadt. Kabinen, Stege und Treppen wurden errichtet, Sprungbretter angebracht und zwei Kähne angeschafft. Durch die Neißeregulierung musste das Bad schließen. Doch im Papiermühlgraben wurde 1928 ein weiteres Bad eröffnet, das wegen seiner Sportmöglichkeiten am Ufer schnell große Beliebtheit erlangte. Auch hier gab es Umkleidekabinen, Klos, Sprungbrett, eine bescheidene Gastronomie und sogar einen Bademeister. Das Ende dieser Anlage kam 1945. Das Gelände wurde für eine Müllhalde gebraucht, weil sich die bisher genutzte nun auf polnischem Territorium befand.