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Zu viel Tierliebe kann tödlich sein

Tierfreunde haben die Ponys von Peggy Fiedler krank gefüttert. Dabei meinen sie es ja eigentlich gut.

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© André Braun

Von Jens Hoyer

Döbeln. Am Wochenende sieht man Peggy Fiedler auf dem Pferd zur Bäckerei Körner ins Zentrum reiten. Sie und ihr Lebenspartner Stefan Funke sind Stadtbauern. Die Döbelner Wohngebiete sind im Laufe der Jahrzehnte an den Bauernhof an der Engen Gasse herangewachsen. Kühe gibt es dort, Gänse und Hühner. Peggy Fiedlers Pferde, die im Schatten der Neubaublöcke weiden, sind die Lieblinge der Passanten. Manche verwöhnen sie. Und das hat die Pferde krankgemacht, zumindest die Ponys Sammy und Sidney.

Die beiden Pferde, die Peggy Fiedler wegen ihrer ruhigen Wesensart gern für die tiergestützte Therapie einsetzt, müssen selbst therapiert werden. „Sie leiden unter der Hufrehe-Krankheit. Das ist eine Wohlstandskrankheit wie die Gicht beim Menschen.“ Auslöser ist falsche Futter, das die Passanten den Tieren geben. Brot, Küchenabfälle. Ein Mann hatte für die Pferde sogar Plinsen gebacken, weil sie die so gerne fressen. Peggy Fiedler hat schon ein Schild aufgestellt: „Brot bringt uns um.“ „Die Leute meinen es ja nicht böse, man kann es ihnen nicht verübeln. Die sagen: Es ist doch nur ein Brötchen. Aber das werden dann zehn am Tag.“ Weil die Ponys ranghöher als die Großpferde sind, die mit auf der Koppel stehen, sind sie beim Fressen immer vorne dran. Dabei vertragen sie das kohlenhydratreiche Futter aber schlechter.

Schmerzen in den Hufen

Die Krankheit ist eine Entzündung der Klauenlederhaut und verursacht Schmerzen in den Hufen der Tiere. „Wenn sie die Krankheit erst einmal haben, bekommen sie schnell Anfälle“, sagte Peggy Fiedler. Wallach Sammy, acht Jahre alt, hat den ersten schweren Schub. Die 13-jährige Stute Sidney schon den fünften. Im schlimmsten Falle kann die Krankheit zum Ablösen der Hufschale führen – oft müssen die Tiere dann eingeschläfert werden. Damit das nicht passiert, sind die beiden Ponys auf Diät gesetzt. Sie sind im Stall, bekommen drei Wochen lang nur Wasser, ein bisschen Stroh, Rüben und Möhren. Selbst Gras wäre für sie jetzt schädlich, meint Peggy Fiedler. „Es enthält zu viel Eiweiß.“ Auch wenn die Tiere auskuriert werden – auf die Koppel können sie nicht zurück. Die Pferdehalterin überlegt, in einer Ecke des Grundstücks einen Sandplatz einzurichten, wo die Tiere nichts zu fressen finden, aber trotzdem Auslauf haben.

Der Hof von Peggy Fiedler ist ein Tummelplatz von pferdenärrischen Kindern. „Die sind ganz begeistert beim Rehe-Programm für die Ponys dabei. Sie sind glücklich, dass sie mithelfen können“, sagte sie. Viele Kinder bekommen bei Peggy Fiedler die ersten Schnupperstunden im Reiten. Auf ihren Hof kommen Gruppen aus den Kindergärten der Stadt, um zu sehen, dass die Milch nicht auf dem Tetrapak kommt. Auch Schüler aus der Förderschule für Behinderte helfen begeistert bei der Arbeit mit den Tieren mit. Peggy Fiedler organisiert Kinderbauernhöfe in den Ferien, bietet Ernährungsprojekte an. Ihre „Vitalfarm“ betreibt sie im Nebenerwerb neben ihrer Ausbildung zur Erzieherin in einer Döbelner Kita. Eitel Freude ist diese Arbeit nicht immer. Der Oktober war schlimm, erzählte die Stadtbäuerin: Zwei Pferde krank, zwei Katzen, mit denen sie zu Senioren in Pflegeheime geht, waren auf der Oschatzer Straße überfahren worden. „Man steckt da viel Arbeit rein und hängt mit dem Herzen daran.“