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Zu wenig Aussicht von  Aussichtsplattform?

Der Steuerzahlerbund kritisiert den Skywalk in Ostrau, weil Bäume den Blick versperren. Die Stadt hält dagegen.

Von Dirk Schulze
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Zwei Schneisen im Wald unterhalb der Plattform in Ostrau sollen den Ausblick verbessern. Durch die linke Schneise ist Krippen auf der gegenüberliegenden Elbseite zu sehen.
Zwei Schneisen im Wald unterhalb der Plattform in Ostrau sollen den Ausblick verbessern. Durch die linke Schneise ist Krippen auf der gegenüberliegenden Elbseite zu sehen. © Daniel Förster

Es sind scharfe Worte, mit denen der Chef des Bundes der Steuerzahler Sachsen die neue Aussichtsplattform in Ostrau kritisiert. Die Planer hätten irgendwo mittendrin beim Nachdenken abgebrochen, sagt Thomas Meyer in einem Fernsehbeitrag der Sendung „K1 Magazin“. Unter dem Titel „Brückenirrsinn“ wird darin genüsslich das kürzlich eröffnete Bauwerk zerpflückt. Der Tenor: Von der Aussichtsplattform, die mehrere Hunderttausend Euro Steuergeld gekostet habe, könne man überhaupt nichts sehen, weil Baumwipfel den Blick versperren. Bei der Planung der Anlage hätten die Verantwortlichen schlicht übersehen, dass die Bäume mit den Jahren in die Höhe wachsen. Damit Besucher wenigstens ein Stück der Elbe zu sehen kriegen, seien dann einfach zwei Schneisen in den Wald geholzt worden. Der Beitrag lief schon vor einigen Wochen im Fernsehen, macht aber jetzt im Zuge der offiziellen Einweihung der Anlage noch einmal über Whatsapp und Facebook die Runde.

Auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung bekräftigt Thomas Meyer vom Bund der Steuerzahler seine Kritik: „Der Blick aufs Elbtal ist versperrt durch Bäume, da helfen auch die Schneisen nichts“, sagt der Verbandspräsident für Sachsen. Er stellt die Frage, warum der Skywalk überhaupt gebaut wurde, wenn man von dort nicht viel mehr sehe als von der benachbarten Straße. Wenn, dann hätte die Anlage höher gebaut werden müssen. Unter einem Skywalk stelle er sich außerdem etwas anderes vor. Was soll zudem passieren, wenn die Bäume weiter wachsen? „Wenn man nicht nachhaltig abholzt, wird das Problem von Jahr zu Jahr größer“, sagt Meyer.

In den Publikationen des Steuerzahlerbunds, wie dem jährlich im Herbst veröffentlichten Schwarzbuch, taucht der Ostrauer Skywalk bisher nicht auf. Das Thema sei noch nicht abschließend recherchiert, erklärt Verbandschef Meyer. Zur Stadt Bad Schandau, die die Anlage erbauen ließ, hat er noch keinen Kontakt aufgenommen. Den Anlass für die aktuelle Kritik habe die Anfrage des Fernsehmagazins gegeben. Zuvor hätten Ostrauer Einwohner den Bund der Steuerzahler auf das Bauprojekt aufmerksam gemacht. Ob der Skywalk 2019 im Schwarzbuch oder auf der Kandidatenliste für den Titel „Schleudersachse“ auftaucht, hänge von weiteren Recherchen ab. Im neuen Jahr will der Verband das Bauwerk genauer unter die Lupe nehmen.

Der Steg aus Beton ragt zwölf Meter über den Hang hinaus.
Der Steg aus Beton ragt zwölf Meter über den Hang hinaus. © Daniel Förster

Für Bad Schandaus Bürgermeister Thomas Kunack (WVT) geht die Kritik an der Sache vorbei. Es sei der falsche Ansatz, sich nur die neue Aussichtsplattform herauszupicken, denn sie ist nur ein Baustein des Gesamtprojekts der neuen Kurpromenade in Ostrau, zu der unter anderem auch ein Kneipp-Armbecken, Ruhebänke und ein Fitnessbereich gehören. „Die Plattform ist barrierefrei“, erklärt Kunack. Es sei gerade das Ziel gewesen, dass auch die Kurgäste der nahegelegenen Falkensteinklinik mit dem Rollstuhl bis vor ans Geländer fahren können und von dort einen Fernblick haben. Die Aussichtsplattform mit dem Turm des Ostrauer Aufzugs zu vergleichen, so wie es der Fernsehbeitrag tut, sei deshalb Quatsch. Von der Plattform gibt es einen Rundumblick, der rechter Hand vom Königstein bis zum Großen Zschirnstein auf der linken Seite reicht. „So eine Aussicht hatten wir bisher nicht“, sagt Bad Schandaus Bürgermeister. Und auch die Elbe lässt sich erblicken, wenngleich nicht das ganze Tal. Durch die vor der Eröffnung der Aussichtsplattform freigeschlagenen Schneisen wurden die Sichtachsen nach Krippen und zum Krippener Bahnhof wieder hergestellt. Sie waren vorher komplett zugewachsen.

Auch der vom Steuerzahlerbund geschätzte Preis von „mehreren Hunderttausend Euro“ für die Aussichtplattform entspreche nicht den Tatsachen. Es sei bei Weitem nicht so viel, erklärt Bürgermeister Kunack. Insgesamt hat die neue Kurpromenade inklusive Straßenbau, Beleuchtung und sieben neuen Kurbereichen 2,6 Millionen Euro gekostet. Zu den einzelnen Positionen möchte die Stadt keine Angaben machen, da es sich um ein Gesamtprojekt handelt. Sein endgültiges Aussehen hat der Hang unterhalb der Plattform übrigens noch nicht. Dort, wo im Herbst die Bäume fallen mussten, sollen langsamer wachsende Gehölze neu angepflanzt werden. Der Bereich in der Mitte zwischen den beiden Schneisen werde nach Möglichkeit noch etwas ausgedünnt, erklärt Thomas Kunack. Das alles geschehe in Rahmen der regulären Waldbewirtschaftung und werde mit den Forstbehörden abgesprochen.