Merken

Warum Fehler wichtig sind

Ein verpasster Kundentermin, ein Zahlendreher in einer Bilanz – in jedem Job geht mal etwas schief. Wie Führungskräfte und Kollegen damit umgehen, ist entscheidend für die Weiterentwicklung im Team.

Von Annett Kschieschan
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Verrechnet, vertippt, verplant – Fehler gehören zum Leben und damit auch zum Arbeitsleben. Entscheidend ist der Umgang damit.
Verrechnet, vertippt, verplant – Fehler gehören zum Leben und damit auch zum Arbeitsleben. Entscheidend ist der Umgang damit. © AdobeStock

"In der Schule und im Studium hatte man eben Pech, wenn man etwas falsch gemacht hatte. Dann gab es weniger Punkte und eine schlechtere Note – aber wenigstens war man nur für sich selbst verantwortlich“, bringt es Torben Walsch auf den Punkt. Als Trainee bei einem großen Unternehmen mit Niederlassungen in Stuttgart und Leipzig erlebte der Betriebswirtschaftler zum ersten Mal, wie es ist, wenn andere durch den eigenen Fehler in Mitleidenschaft gezogen werden. „Ich war noch neu im Team und sollte Zahlen für einen Kundentermin aufbereiten. Das habe ich auch gemacht – aber zum Termin die falsche Präsentation mitgebracht“, erinnert sich Torben Walsch.

Heute kann er darüber schmunzeln, damals – vor fast zehn Jahren – war ihm eher zum Heulen zumute. „Ich dachte, die Trainee-Stelle kann ich vergessen. Es war ein ziemlicher wichtiger Kunde, den mein Chef dann erstmal wieder beruhigen musste“, erzählt der Mittdreißiger. Doch der gefürchtete große Ärger blieb aus. Natürlich wurde das Ganze im Nachhinein besprochen. „Aber der Grundtenor war: Fehler passieren - wichtig ist, dass man aus ihnen lernt‘. Das hat mich wirklich beeindruckt“, so Torben Walsch, der heute selbst viel mit Berufsanfängern zu tun hat und dabei eben diese Art des Umgangs weitergibt.

In Unternehmen läuft das heute unter dem Begriff „Fehlerkultur“ und ist wichtiger als zunächst oft angenommen. „Für eine positive und dynamische Veränderungskultur sind gemachte Fehler und daraus gewonnenes Lernen essenziell. Keine Kratzer in der Rüstung hat man nur, wenn man sich nicht bewegt“, sagt Anna Lüttgen, bei der internationalen Personalberatung Hays zuständig für die Sourcing Center bei Hays Deutschland mit dem Schwerpunkt auf der Rekrutierung von Fachkräften. Sie rät zu dem, was Torben Walsch bei seiner ersten beruflichen Station live erlebt hat: einen offenen Umgang mit Fehlern. Denn die sind auch bei maximaler Sorgfalt eben nicht ganz vermeidbar. Das Beste ist: Man kann eine ganze Menge aus Fehlern lernen, denn oft zeigen sie kleine Schwachstellen in betriebsinternen Abläufen, die sonst niemals aufgefallen wären.

Ein Ampelsystem kann helfen

Bei Hays selbst hat man den Umgang mit eben diesen Schwachstellen inzwischen quasi institutionalisiert. Beim regelmäßigen BPM Screw-up Coffee – das Kürzel steht für „Business Process Management“ – wird beim Kaffee über zwei Fragen diskutiert: Wo sind wir gescheitert und was haben wir daraus gelernt? „Man erkennt sich selbst in den Situationen der anderen wieder. Und nimmt mit einer gewissen Erleichterung zur Kenntnis, dass man nicht alleine im Wald steht. Dann passiert meist etwas sehr Spannendes: Anstatt sich damit aufzuhalten, den Tages- oder Projektschuldigen zu identifizieren, wird die Frage diskutiert: Was hättest du anders machen können? Wenn du noch einmal in dieser Situation wärst, welche Alternativen gäbe es?“ beschreibt Anna Lüttgen die Treffen, die durchaus Schule machen könnten. Denn ein angstfreier und konstruktiver Umgang mit Fehlern trägt deutlich zu einem guten Betriebsklima bei. Helfen könne dabei zum Beispiel ein Ampelsystem, mit dem durchaus auch kleinere Fehler sichtbar gemacht und gemeinsam diskutiert werden. Dabei wird deutlich, dass nicht jeder Fehler eine Katastrophe ist. Gleichzeitig ermöglicht dieses Vorgehen eine gute Analyse.

Die meisten Mitarbeiter haben ein großes Interesse daran, Aufgaben und Projekte gut und fehlerfrei abzuschließen. Niemand macht gern Fehler. Kommen sie bei einzelnen Mitarbeitern dennoch plötzlich gehäuft vor, lohnt ein persönliches und vertrauliches Gespräch. So kann permanente Überlastung im Job ein Auslöser für die Probleme sein. Manchmal spielen auch private Sorgen eine Rolle. Eine Umverteilung von Aufgaben kann hier vielleicht schon Abhilfe schaffen. Ist der Betroffene indes unzufrieden mit seinem Job und hat vielleicht innerlich bereits gekündigt, wird es schwer. Manchmal ist dann ein Ende des Arbeitsverhältnisses für beide Parteien die beste Lösung. In Zeiten des Fachkräftemangels sollte sie indes nur im als letzte Konsequenz ins Auge gefasst werden. Der Schlüssel in Sachen Fehlerkultur ist einmal mehr die Kommunikation. Viele Probleme – und damit auch potenzielle Fehler – lassen sich dadurch schon vorab vermeiden. Und die, die unvermeidlich sind, trägt man am besten als Team.