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Zwei Millionen wollen Grundeinkommen

122 Ausgewählte werden bald jeweils 1.200 Euro monatlich über drei Jahre erhalten - ohne Gegenleistung. Die Bewerbungsfrist für das Pilotprojekt endet.

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Im Rahmen einer Studie werden 122 ausgewählte Bürgerinnen und Bürger jeweils 1.200 Euro monatlich über drei Jahre erhalten.
Im Rahmen einer Studie werden 122 ausgewählte Bürgerinnen und Bürger jeweils 1.200 Euro monatlich über drei Jahre erhalten. © Monika Skolimowska/dpa (Symbolbild)

Von Hannes Koch

Über zwei Millionen Leute haben sich für die Teilnahme am Pilotprojekt Grundeinkommen beworben. An diesem Dienstagabend endet die Bewerbungsfrist. Im Rahmen der wissenschaftlichen Untersuchung werden 122 ausgewählte Bürgerinnen und Bürger jeweils 1.200 Euro monatlich über drei Jahre erhalten. Die Organisatoren um Aktivist Michael Bohmeyer und Jürgen Schupp vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wollen unter anderem herausfinden, wie das Grundeinkommen das Arbeitsverhalten der Teilnehmenden verändert.

Finanziert wird das Pilotprojekt von rund 150.000 Unterstützern, die die nötigen Mittel spenden. Die Teilnehmenden erhalten über drei Jahre insgesamt jeweils 43.200 Euro als steuerfreie Schenkung. Bedingungen sind daran nicht geknüpft – außer der Mitwirkung an der wissenschaftlichen Forschung.

Aus den über zwei Millionen Bewerberinnen und Bewerbern wird im nächsten Schritt eine Stichprobe mit 20.000 Leuten ausgewählt, die an einer Basisbefragung teilnehmen. Die erste Überweisung sollen die schließlichen Probanden im April oder Mai 2021 erhalten.

Am Hartz-IV-System könnte sich einiges ändern

Das Interesse an der Untersuchung ist wahrscheinlich auch deshalb so groß, weil wegen der Corona-Krise Millionen Menschen weniger oder kaum Geld verdienen. Viele Veranstaltungsorte sind geschlossen, die Kulturbranche liegt weitgehend brach. Um die sozialen Folgen abzufedern, hat die Regierung den Zugang zu Hartz IV vereinfacht und Sanktionen ausgesetzt.

Das Pilotprojekt ist aber auch eine Reaktion auf eben dieses Sozialsystem. Seit die rot-grüne Bundesregierung Hartz IV in den 2000er Jahren einführte, wird über die Alternative des bedingungslosen Grundeinkommens diskutiert – theoretisch. Bohmeyer und Schupp wollen nun herausfinden, wie ein Grundeinkommen praktisch wirkt.

Ist es in einem reichen Land wie Deutschland möglich und sinnvoll, allen Menschen eine gleiche soziale Absicherung zuzugestehen? Wie verhalten sich Wohlhabende, die das Geld gar nicht brauchen? Hören viele Leute auf zu arbeiten, weil sie die Mittel zum Lebensunterhalt geschenkt bekommen? Würde das System damit zu teuer?

Ohnehin könnte sich am Hartz-System in den kommenden Jahren einiges ändern. Die Grünen gehen mit der Forderung nach einer im wesentlichen sanktionsfreien Garantiesicherung für alle ins Rennen um die nächste Bundesregierung. Und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat in einem Interview kürzlich angedeutet, Hartz IV zu „einer solidarischen Absicherung aller Bürgerinnen und Bürger weiterentwickeln“ zu wollen.