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Bäckerei: "Der halbe Laden war ruiniert"

Fünf Einbrüche und 250 Euro für einen Polizei-Einsatz: Warum bei Bäckermeister Jürgen Otte nach alldem Zweifel und ein mulmiges Gefühl bleiben.

Von Christoph Springer
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Oxana und Jürgen Otte haben fünf Einbrüche erlebt. Nach einem Fehlalarm sollten sie die Polizei bezahlen.
Oxana und Jürgen Otte haben fünf Einbrüche erlebt. Nach einem Fehlalarm sollten sie die Polizei bezahlen. © Sven Ellger

Dresden. Das war mal eine gute Nachricht: Die 250 Euro-Rechnung von der Polizei konnte Jürgen Otte am Ende einfach in den Papierkorb werden. Das haben die Beamten, die den Bäckermeister zuvor ihren Einsatz bei einem Fehlalarm bezahlen lassen wollten, schnell eingesehen. "Nach einer erneuten Prüfung des Vorgangs wurde entschieden, zu Ihren Gunsten von der Erhebung der Kosten abzusehen", teilte ihm der zuständige Sachbearbeiter mit. Damit war das Thema für die Beamten erledigt.

Was bleibt, ist ein mulmiges Gefühl. Bäckermeister Jürgen Otte sorgt sich um die Sicherheit seiner vier Dresdner Läden und er wird nicht wieder so schnell bei der Polizei anrufen. Schon fünf Mal wurde bei ihm eingebrochen. Beim sechsten Mal, wenn die Alarmanlage in seiner Filiale an der Waldschlösschenstraße wieder anspringt, will er nicht lang fackeln. "Da fahr´ ich lieber selber hin", sagt der 60-Jährige. Und erst, wenn er sicher sagen kann, dass es kein Fehlalarm war, alarmiert er die Polizei. Denn solch ein Einsatz kann teuer werden. 250 Euro teuer, wie er seit Ende Januar weiß.

Das ist der Höchstbetrag, den die Beamten für einen solchen Einsatz in Rechnung stellen dürfen, teilt Polizeisprecher Stefan Grohme auf SZ-Anfrage mit. Geregelt ist das im Sächsischen Verwaltungskostengesetz. "Einen Spielraum sieht das Gesetz nicht vor", ergänzt Grohme. Das heißt, dass Jürgen Otte und seine Frau Oxana letztlich dochh nicht zahlen mussten, war keine Selbstverständlichkeit. Dabei hatte es eine Beamten zunächst genau so angekündigt. Und das kam so:

Sechs Beamte im Streifenwagen

Und das kam so: Am 21. Januar haben Kriminelle versucht, an das Geld der Bäckerei zu kommen. An der Tür und den Fenstern gab es keine Einbruchsspuren. Daraus schlussfolgerten das Bäcker-Ehepaar und die Polizei, dass sich der Täter am Abend einschließen ließ. Vielleicht auf der Toilette. Später hat er versucht, den Tresor aufzubrechen, erfolglos. Doch die Spuren des Kriminellen waren deutlich: Er hat Kabel zerschnitten, die Alarmanlage zerstört, "der halbe Laden war ruiniert", sagt Oxana Otte. Sie könnten immer die Polizei anrufen, wenn etwas ist, sagte danach eine Beamte zu der 42-Jährigen.

Gleich darauf wurde die Alarmanlage repariert. Am nächsten Tag funktionierte sie wieder, und das war gut so. Denn am 22. Januar sprang sie wieder an. Wieder eilte die Polizei zum Tatort, sechs Beamte in drei Streifenwagen waren schnell da. Wieder gab es keine Einbruchsspuren, diesmal war nichts zerstört. Fehlalarm, schlussfolgerte die Polizei und schickte die Rechnung. 85 Euro pro Auto mit je zwei Beamten sollte der Einsatz pro Stunde kosten, insgesamt 255 Euro. Unterm Strich standen dann 250 Euro, weil das der erlaubte Höchstbetrag pro Fehlalarm-Einsatz ist.

"Ich bin eigentlich ein ruhiger Mensch", sagt Oxana Otte von sich, doch danach war es vorbei mit der Ruhe. Die 42-Jährige war außer sich, regte sich bei Facebook über die Rechnung auf und schrieb an die SZ. Und an die Polizei, obwohl die Beamten auf der Rechnung mitgeteilt hatten, dass im Zweifel auch die Bearbeitung eines Widerspruchs Geld kostet. Anfang März kam schließlich das Schreiben mit der Nachricht, dass nichts berechnet wird. "Die Kosten des Widerspruchsverfahrens trägt der Freistaat Sachsen", teilte die Polizei darin auch mit. Damit war die Sache für das Ehepaar Otte fast erledigt.

"Das Sicherheitsgefühl ist weg"

Was bleibt, ist die Frage, wann die Polizei das nächste Mal Geld für einen Einsatz bei dem Bäckerehepaar verlangt. Dazu die Sorge vor dem nächsten Einbruch. Sicher fühlen sich Oxana und Jürgen Otte nun nicht mehr, "ja, das Sicherheitsgefühl ist weg", sagt Jürgen Otte. Daran ändert auch die 2.200 Euro teure Alarmanlage nichts. Springt sie an, bekommt das zuerst ein Sicherheitsdienst mit, der dann Jürgen Otte anruft. Fahren die Wachleute zur Filiale, kostet das auch bares Geld. Der Bäckermeister vertraut deshalb lieber seinem Handy, das auch meldet, wenn die Anlage aktiviert wird. Wenn es wirklich nur ein Fehlalarm ist, dann ist vielleicht eine Spinne über eine der Kameras gekrabbelt. Das hat Otte schon erlebt. Doch am 22. Januar meldeten alle Kameras zugleich einen Eindringling. Das ist kein Fehlalarm, schlussfolgerte er sofort. Anders als die Polizei, die danach zunächst mal eine Rechnung schickte. 

Dass solche Einsätze nicht selten sind, belegt die Statistik der Beamten. 466 solche Rechnungen verschickte die Polizeidirektion Dresden im vergangenen Jahr nach Fehlalarmen an die Alarmanlagen-Betreiber. 73.435 Euro mussten sie an die Beamten überweisen.

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