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Große Ehre für Erfinder des Witaj-Modells zum Sorbischlernen

Seit 25 Jahren lernen an Kitas in der Lausitz Kinder nach einer speziellen Methode Sorbisch. Zwei Menschen, die sich darum verdient gemacht haben, werden nun besonders gewürdigt.

Von David Berndt
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In einer Witaj-Sprachgruppe lernen Kinder einer Kita mit einer Mitarbeiterin des Witaj-Sprachzentrums Sorbisch.
In einer Witaj-Sprachgruppe lernen Kinder einer Kita mit einer Mitarbeiterin des Witaj-Sprachzentrums Sorbisch. © Archivfoto: Domowina/Michaela Rehor

Bautzen. Der 24. Januar 2024 ist für Jan Bart und Ludmila Budar ein besonderer Tag: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) verleiht am Nachmittag in der Sächsischen Staatskanzlei den beiden Sorben den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.

Beide werden für den Erhalt der sorbischen Sprache geehrt. Einen Tag vor der Verleihung erzählt der 91-jährige Jan Bart aus Bautzen Sächsische.de am Telefon, wie er beim Öffnen des Briefes aus Dresden reagiert habe. „Als ich von der Einladung las, war ich total überrascht. Damit habe ich nicht gerechnet, und so hoch schätze ich meine Leistung nicht ein.“ Denn ohne die vielen Mitarbeiter wäre das Witaj-Modell nicht möglich gewesen, sagt er.

Kinder werden in Kitas zweisprachig betreut

Durch das Witaj-Modell werde Kindern „bereits in frühem Alter die Möglichkeit eröffnet, sorbische Sprachkompetenzen auf muttersprachlichem Niveau“ zu erwerben, erklärt die Staatskanzlei. Es richtet sich an Kinder, in deren Familie vornehmlich Deutsch gesprochen wird. Jan Bart hat sich um die Einführung dieses Modells in Kindereinrichtungen im sorbischen Siedlungsgebiet verdient gemacht.

Jan Bart ist Initiator des Witaj-Modells. Er engagiert sich seit mehr als drei Jahrzehnten ehrenamtlich für die Bewahrung der sorbischen Sprache.
Jan Bart ist Initiator des Witaj-Modells. Er engagiert sich seit mehr als drei Jahrzehnten ehrenamtlich für die Bewahrung der sorbischen Sprache. © Archivbild: Andreas Kirschke

Bei dem Modell Witaj, was auf Deutsch „Willkommen“ heißt, werden die Kinder „in zwei Sprachen gebadet“, erklärt Jan Bart, nämlich Sorbisch und Deutsch. Das heißt, in Krippe oder Kindergarten werden sie zweisprachig erzogen. „Dabei sprechen dieselben Bezugspersonen auch immer jeweils dieselbe Sprache, also eine Erzieherin immer deutsch und eine andere immer sorbisch.“

Die Kinder werden von Muttersprachlern betreut und sind gemeinsam mit sorbischen Kindern in derselben Gruppe. In zahlreichen Vorträgen habe er die Vorzüge dieser Methode aufgezeigt, berichtet Jan Bart. So würden die Kinder einerseits lernen, schneller und präziser zu denken, weil sie es in zwei Sprachen tun. Andererseits komme Wissen um die sorbische Kultur als Bereicherung hinzu.

1.450 Kinder lernen jährlich Sorbisch nach Witaj-Modell

1998 gründete der Sorbische Schulverein in der Niederlausitz die erste Witaj-Gruppe in einer Kita. Eine weitere folgte 1999. 2001 wurde schließlich das Witaj-Sprachzentrum gegründet und 2003 als Fachabteilung für Sprachen der Domowina angegliedert. Es kümmert sich seitdem um die Witaj-Gruppen in den Kitas.

In einer aktuellen Broschüre heißt es, dass die Immersionsmethode die natürlichste Art sei, eine zweite Sprache zu lernen. Die Erzieher „veranschaulichen das, was sie sagen, mit Mimik und Gestik. So können die Kinder in die Sprache ,eintauchen‘ (engl. to immerse).“ Die Kinder würden die Bedeutung der Wörter ganz von allein entschlüsseln, sich ihren Klang einprägen, ihn nachahmen.

Laut Dr. Beata Brězanowa, Leiterin des Witaj-Sprachzentrums, lernen inzwischen jährlich circa 250 Kinder in der Niederlausitz und rund 1.200 Kinder in der Oberlausitz Sorbisch nach dem Modell Witaj im Kindergarten.

Zur Zielgruppe des Sprachzentrums gehören aber auch deren Eltern, die Träger von Kitas, forschende Studenten und Wissenschaftler sowie Kommunalpolitiker. Das Witaj-Sprachzentrum wende sich an alle Altersgruppen und biete Kurse für Erwachsene in der gesamten Lausitz an, es erstellt Lehrbücher, entwickelt Sprachprüfungen und führt Projekte wie Lesewettbewerbe durch.

Ludmila Budar hat unter anderem den Sorbischen Schulverein mitgegründet und war lange Zeit dessen Vorsitzende. Am 24. Januar 2024 erhält sie in Dresden den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.
Ludmila Budar hat unter anderem den Sorbischen Schulverein mitgegründet und war lange Zeit dessen Vorsitzende. Am 24. Januar 2024 erhält sie in Dresden den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. © Archivbild: Michael Helbig

Als Mitstreiterin von Jan Bart wird am 24. Januar auch Ludmila Budar ausgezeichnet. Die 74-Jährige aus Räckelwitz war in 1990er-Jahren nicht nur Vorsitzende der Stiftung für das Sorbische Volk, sondern auch Gründungsmitglied und viele Jahre Vorsitzende des Sorbischen Schulvereins. „Sie setzte sich mit Zielstrebigkeit und Weitblick für ein zweisprachiges Bildungswesen von Kitas bis hin zur universitären Ausbildung ein“, erklärt die Sächsische Staatskanzlei.

Sie habe sich gemeinsam mit Jan Bart sehr dafür eingesetzt, die sorbische Sprache zu erhalten, zu stärken und auch junge Sorben wieder zur selbstverständlichen Kommunikation in ihrer eigenen Sprache zu bewegen.