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Bautzen: Eigenwilliger Start in die Spielzeit

Was tun, wenn die eigene Wohnung weg ist? Um diese Frage dreht sich die erste Premiere am Deutsch-Sorbischen Volkstheater.

Von Rainer Könen
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"Hallo Nachbar" heißt das neue Puppentheaterstück am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen.
"Hallo Nachbar" heißt das neue Puppentheaterstück am Deutsch-Sorbischen Volkstheater Bautzen. © Miroslaw Nowotny

Bautzen. Endlich wieder Theater! Das dürften sicher alle Besucher gedacht haben, die am Freitag ins Burgtheater gekommen waren, wo mit der Puppentheaterpremiere „Hallo Nachbar – (Un)Sinnbilder mit Glump“ die neue Spielzeit in Bautzen eröffnet wurde.

Nach der monatelangen coronabedingten Zwangspause war man neugierig auf diese von Puppenspielleiter Stephan Siegfried inszenierte Uraufführung. Im Mittelpunkt der Handlung: ein Haus mit sechs Wohnungen und besonderen Innenleben. Das stellt die Mietparteien vor eine existenzielle Herausforderung – sowohl für die beiden alleinstehenden Senioren wie für die Junggesellen-WG oder die Studentin. 

Es sind Menschen, deren Leben allmählich aus den Fugen gerät. Sie wohnen in einem mysteriösen Mietshaus, in dem sich ihre Wohnungen auflösen, und sie in einen anderen nachbarlichen Verhaltensmodus wechseln müssen. Aus Distanz wird zwangsläufig Nähe.

So mancher der rund 80 Besucher in dem pandemiebedingt ausgedünnten Burgsaal dürfte sich gefragt haben: Was tun, wenn die eigene Wohnung weg ist, die Gefühlswelt aus den Fugen gerät? Eine Lage, in der aus Rat- auch Hemmungslosigkeit werden kann. Gefragt sind pragmatische Lösungen: Warum nicht mit den jungen Leuten aus der Junggesellen-WG zusammenwohnen, denkt sich Herr von Busekist, als er zum Opfer der Dekonstruktionsspielchen des Hauses wird. Die alte Frau Kümmerwisser, deren Wohnung ebenfalls futsch ist, erinnert sich daran, dass freizügig offerierter Sex eine gute Möglichkeit ist, um an eine Bleibe zu kommen. 

24 weitere Premieren geplant

Mit anderen Worten: Die Stimmung im Haus ist ungeordnet, gereizt. Und wo miese Laune verströmt wird, Kümmernisse auftreten, fühlt sich der Glump pudelwohl. Ein alienhaftes Trollwesen, das sich vom Negativen ernährt. Geschrieben wurde das Stück von Autorin Ingeborg von Zadow. Gemeinsam mit Puppenspielschef Stephan Siegfried schuf sie ein Werk, das eigens fürs Puppentheater konzipiert wurde. Bemerkenswert ist das von Marita Bachmaier kreierte Bühnenbild. Ein puristisch-anmutendes Puppenhaus in Regalform. Auf Simultanbühnen erlebt der Zuschauer das Wohnhaus-Leben hautnah, da bekommen die Figuren durch die Klappmaulpuppen kräftige Konturen.

Doch bei allem Spaß, das Geschehen auf den verschiedenen Metaebenen virtuos darzustellen und die Dekonstruktionsspiele des Hauses in überraschende Pirouetten zu treiben, bei aller Spielfreude des glänzend-aufgelegten Ensembles kommt die Aufführung nur zögerlich auf Touren. Ein paar Streichungen, mehr Dichte, mehr Kompaktheit in der szenischen Beschreibung der Charaktere, das hätte dem Stück gutgetan. Die Dialoge reißen vieles raus – und ja, auch die schräge Figur des Glump. 

Am Ende staunt der Zuschauer, was so ein wandlungswilliges Haus noch alles für seine Bewohner in petto hat. Ein eigenwillig-interessanter Spielzeitauftakt im Bautzener Theater, das in den kommenden Monaten mit weiteren 24 Premieren aufwartet.

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