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Felsensicherung: Besonderer Einsatz an der Wasserkunst

Die Stadt Bautzen lässt an den Hängen nahe der Spree lockeres Gestein sichern. Die Arbeiten dauern jedoch länger als geplant. Grund ist ein unerwarteter Fund.

Von Lucy Krille
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In zehn Metern Höhe sichert Michael Schkoldow das Granitgestein unterhalb der Alten Wasserkunst in Bautzen, damit sich keine Steine lösen.
In zehn Metern Höhe sichert Michael Schkoldow das Granitgestein unterhalb der Alten Wasserkunst in Bautzen, damit sich keine Steine lösen. © Steffen Unger

Bautzen. Es ist 9 Uhr morgens, und die Sonne drückt bereits auf den Asphalt der Fischergasse an der Spree in Bautzen. Was schon sommerlich gekleidete Menschen ins Schwitzen bringt, fühlt sich für Michael Schkoldow nochmal ein bisschen heißer an. Denn der Tief- und Hochbauspezialist muss sich einen Schutzanzug überziehen, bevor er seine Arbeit starten kann. "Da oben ist es dann doch dreckiger als gedacht", sagt er und zeigt auf die Granitfelsen unterhalb der Alten Wasserkunst.

Dann steigt Schkoldow auf die Hebebühne, die am Felshang steht, und setzt sich seinen Helm auf. Gemeinsam mit seinem Kollegen Frank Bielefeld ist Schkoldow seit 7 Uhr in Bautzen im Einsatz. Die beiden sind von der Felsensicherung Freital und seit Anfang August damit beschäftigt, die Felsen am südöstlichen Hang unterhalb der Alten Wasserkunst zu befestigen.

34 Nägel kommen in den Felsen

Das sei notwendig, weil durch Risse und Pflanzenwuchs die Felsen am Hang immer lockerer wurden, erklärt Josephine Brinkel von der Stadt Bautzen. Es hätten sich auch schon einzelne Steine gelöst, bisher habe aber keine Gefahr für die vorbeikommenden Radfahrer, Spaziergänger und Autofahrer bestanden. Damit das so bleibt, hat die Stadt nach einer Begehung durch das Hoch- und Tiefbauamt die Arbeiten in Auftrag gegeben. Letzten Sommer wurde bereits der Abschnitt an der Mühlstraße gesichert.

Wie im letzten Jahr gilt es nun, insgesamt 34 Nägel in den Granit zu bohren. Die Löcher werden dann nach einer gründlichen Spülung mit Zement gefüllt, um die gefährlichen Spalten im Gestein anschließend mit einem speziellen Stahlgemisch und insgesamt 18 Kubikmeter Spritzbeton zu füllen. In Absprache mit der Denkmalschutzbehörde bekommt der Beton zum Schluss noch eine felsähnliche Färbung.

Michael Schkoldow fährt mit der Hebebühne auf etwa zehn Meter Höhe. Die Stellen sind recht gut zu erreichen, sodass er sich per Fernbedienung zu einem der pinkfarbenen Kreuze fahren lassen kann, die markieren, wo gebohrt werden muss. "Früher, als die Technik noch nicht so weit war, mussten wir den Kran mit Hand bedienen oder mit dem Seil oder der Leiter zu den Stellen kommen", erzählt sein Kollege Frank Bielefeld, der als Maschinist im Einsatz ist und von unten assistiert. Das komme ab und zu auch heute noch vor, wenn die Spezialisten in alten Bergbauten unterwegs sind oder an anderen Stellen, die schwer mit der Hebebühne zu erreichen sind.

Seltene Ameise verlängert die Arbeitszeit am Hang

Das ist hier am Felsen nicht der Fall. Vielmehr achten Schkoldow und Bielefeld darauf, nicht zu viel Dreck aufzuwirbeln, denn die Kulisse an der historischen Alten Wasserkunst sei schon eine besondere. Schkoldow hat dafür nun aber keine Augen mehr. Er fährt mit seinen Werkzeugen ganz nah an den Fels und setzt den Bohrer an der Markierung an. Ein tiefes Brummen und Rattern ertönt, Staub fliegt in die Luft.

Schkoldow bohrt gerade einen zwei Meter langen Nagel in den Felsen. Nach einigen Minuten ist er fertig, dann wartet die nächste Markierung auf ihn. "Das ging jetzt relativ gut", erzählt er, als er wieder unten ist. "Bei schwarzem Gestein bohrt man schon mal stundenlang für einen Zentimeter", fügt er hinzu.

Dafür sei die Konstruktion dann aber auch fest. "Das hält ewig", ist sich Schkoldow sicher. 25 Nägel hat er schon geschafft, dabei arbeitet er sich von links nach rechts am Felsen entlang. Eine Stelle, direkt unter der Aussichtsplattform an der Alten Wasserkunst, müssen die Felssicherer allerdings erstmal auslassen.

Bei den Bohrungen haben Schkoldow und sein Kollege letzte Woche ein Nest der Roten Waldameise gefunden. Der Bestand der kleinen Tierchen ist durch Straßenbau und den Einsatz von Insektiziden und Düngemitteln geschrumpft, weshalb die Ameise nun als schützenswert gilt. In Abstimmung mit dem Planungsbüro aus Freiberg und der Unteren Naturschutzbehörde haben die Felsensicherer und die Stadt den Ameisenstrom beobachtet.

Fischergasse demnächst tagsüber gesperrt

Am Mittwoch wird dann mit der Unteren Naturschutzbehörde entschieden, wie es an der Stelle weitergeht. "Es ist aber schon klar, dass die Arbeiten länger dauern, als ursprünglich geplant", sagt Stadtsprecherin Josephine Brinkel. Eigentlich sollten die Arbeiten bis Mitte September abgeschlossen sein.

Voraussichtlich ab Mitte der Woche wird die Fischergasse im Bereich des Felshangs tagsüber für Autofahrer gesperrt sein. Denn die Felsensicherer müssen mit der Hebebühne auf die Straße ausweichen, damit sie an alle Stellen herankommen.

Die Kosten für die derzeit laufenden Sicherungsarbeiten liegen bei 95.000 Euro. In den kommenden Jahren sind nach Angaben der Stadt weitere Felssicherungen geplant, so an der Neuschen Promenade, die zum Spreebad führt, und auch am Jänichen-Weg im Humboldthain.