Frieda ist die beste Vorleserin im Landkreis Bautzen
Bautzen. Wenn man Glück angeln könnte, würden bestimmt mehr Menschen am Ufer sitzen. Diesen Spruch hat Greta von Fräulein Luise gelernt. Jene alte Dame ist zwar schon fast achtzig, aber Gretas neue Freundin. Als Luise jedoch in ein Heim kommt, steht für die Zehnjährige fest: Sie muss das Fräulein da rausholen. Wenig später sitzen die beiden tatsächlich in einem alten Auto auf einer Reise in Richtung Vergangenheit.
So beschreibt Autorin Sabine Bohlmann den Beginn ihres Kinderbuchs „Wie ich Fräulein Luise entführte.“ Mit einer Passage aus dem besonderen Roadtrip hat sich Frieda Hoffmann nun den Titel „Beste Vorleserin“ in ihrer Altersklasse geholt. Gegen elf andere Top-Schmöker-Freunde hat sich die Elfjährige beim diesjährigen Kreisausscheid des bundesweiten Vorlesewettbewerbs durchgesetzt. Angetreten sind dabei die Sechstklässler aus Oberschulen und Gymnasien mit ihrer Superkraft "Vorlesen".
In Schulen für den Wettbewerb qualifiziert
Die ungewöhnliche Freundschaftsgeschichte hat sich die Schülerin vom Schiller-Gymnasium mit Bedacht ausgewählt. „Sabine Bohlmann ist meine Lieblingsautorin. Sie schreibt cool, drückt gut Gefühle aus. Man kann sich gut in ihre Geschichten einfühlen“, sagt die Bautzenerin. Ihre Leidenschaft zum Lesen entzündete mit acht Jahren der erste Teil des Fantasy-Buchs „Harry Potter“. Spannung und Fantastisches mag die Gymnasiastin gern. Ihr Liebling aus der modernen Zauberlehrling-Reihe ist Teil 3.
Geschmökert wird im Bett und – Achtung Eltern, jetzt schnell drüber lesen – mit einer heimlichen Leselampe. Aktuell liegt lesebereit „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ von Michael Ende. „Es ist sehr lustig“, sagt Frieda Hoffmann. Worum geht’s im Buch? Der verkorkste Zauberer Beelzebub Irrwitzer und seine seltsame Tante Tyrannia Vamperl haben ihr Jahressoll an bösen Taten nicht erfüllt und müssen ihren Rückstand bis Mitternacht aufholen. Na, das kann ja heiter werden.
In die nächste Runde des Wettbewerbs wird die Vorleserin dieses Buch aber nicht mitnehmen. „Stattdessen überlege ich mein anderes Lieblingsbuch von Sabine Bohlmann vorzulesen. Es heißt: ,Das Leben ist kein Wunschkonzert‘“, sagt sie. Vielleicht wird es aber noch eine ganz andere Lektüre. Schließlich geht die Elfjährige regelmäßig mit ihren Schwestern in die Kinder- und Jugendbibliothek in Bautzen. In der Regel werden dann eine Micky Maus-Zeitschrift und zwei Bücher ausgeliehen.
Insgesamt nahmen Vorleserinnen und Vorleser von fünf Gymnasien und sechs Oberschulen aus dem Landkreis Bautzen beim Kreisentscheid teil. Sie hatten sich in ihren Schulen für den Wettbewerb am 3. Februar 2024 qualifiziert. Dessen Teilnehmer wurden durch eine fünfköpfige Jury in den Kategorien Lesetechnik, Textgestaltung sowie Textverständnis bewertet. Neben ihrer mitgebrachten Lektüre trugen alle noch einen unbekannten Text aus Erich Kästners „Fliegendes Klassenzimmer“ vor.
Bundesweit größter Schülerwettbewerb
Ausgerichtet wird der Bautzener Wettbewerb seit Mitte der 1990er-Jahre durch die Buchhandlung Kretschmar. Unterstützt wird sie dabei durch die Kinder- und Jugendbibliothek der Stadt. Der Vorlesewettbewerb selbst wird seit 1959 jährlich vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Zusammenarbeit mit Bibliotheken, Buchhandlungen und Schulen durchgeführt. Er zählt mit mehr als 500.000 Mädchen und Jungen der 6. Klasse zu den größten bundesweiten Schülerwettbewerben.
Die Bautzener Gewinnerin darf den Landkreis in den kommenden Wochen bei der nächsten Runde im Regierungsbezirk Dresden vertreten, wo er sich für den sächsischen Landesentscheid qualifizieren kann. Die Landessieger treffen sich dann zum Bundesfinale. Neben einem Wanderpokal für die Schule kann man den Besuch eines Schriftstellers gewinnen. Das Vorlesen für ihre Klasse übernimmt aber erstmal Frieda Hoffmann. Ihre Deutsch-Lehrerin lässt sie nämlich jeweils am Ende jeder Schulstunde ein Stück aus „Wie ich Fräulein Luise entführte“ vorlesen. Wenn das keine perfekte Vorbereitung ist ...