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In Kirschau wird aus Putzlappen Kunst

Die Fabrik der Gebrüder Friese war einst Weltmarktführer in der Wischlappen-Produktion, jetzt ist das Gebäude Schauplatz einer besonderen Ausstellung.

Von Miriam Schönbach
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Kunst aus Putzlappen ist in der Galerie "Art Factory Flox" in Kirschau zu sehen. Holger Wendland ist Kurator und Ideengeber der ungewöhnlichen Schau.
Kunst aus Putzlappen ist in der Galerie "Art Factory Flox" in Kirschau zu sehen. Holger Wendland ist Kurator und Ideengeber der ungewöhnlichen Schau. © Miriam Schönbach/dpa

Kirschau. Zwei Nadeln halten den groben Stoff an der Wand. In großen Buchstaben hat Petra Annemarie Schleifenheimer "Wischen Impossible" auf den Putzlappen gedruckt. Die Fürtherin ist eine von knapp 200 Künstlern aus 40 Ländern, die ihre Arbeiten seit Sonntag in einer besonderen Ausstellung in der Galerie "Art Factory Flox" in Kirschau zeigen. 

Untergebracht ist die Galerie in einem ehemaligen Fabrikgebäude. Wo jetzt Variationen über Feudel, Hader und Mopp zu sehen sind, liefen Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals maschinell gefertigte Putzlappen aus Baumwollresten vom Band. 

Kurator und Ideengeber der Ausstellung ist Projektkünstler Holger Wendland von der Kunstinitiative "Im Friese". 2019 überlegte er sich, wie man die Geschichte der Fabrik mit der heutigen Nutzung als Galerie verbinden kann. So entschieden sich die Mitglieder des Vereins, ein "Mail-Art-Projekt" ins Leben zu rufen.  

"Die Ursprünge der Mail Art liegen in der von Ray Johnson 1966 begründeten New York Correspondance School", sagt Wendland. Dabei geht es um Kunst per Post. Selbst in der DDR fand sich eine Szene der Kunst zum Verschicken. Zu dieser zählte unter anderem Birger Jesch. Eine seiner Arbeiten hängt ebenfalls in der alten Fabrik.

Weltmarktführer für Putzlappen

Der Aufruf aus Kirschau zum Thema Putzlappen verbreitete sich über die sozialen Medien weltweit. Fortan kamen Briefe und Päckchen in das einstige Weberdorf. Die Textilindustrie brachte dem Ort Mitte der 19. Jahrhunderts den wirtschaftlichen Aufschwung sowie den Beinamen "Dorf der goldenen Dächer". Damals erfand Gotthelf August Friese das industriell gefertigte Scheuertuch.

Die Produkte wurden bis nach Indien und Afrika exportiert. In den 1920er-Jahren entwickelte sich die Gebrüder Friese AG zum weltgrößten Decken- und Putzlappen-Produzenten. Bis heute fertigt die Kirschauer Textil-GmbH, hervorgegangen aus dem VEB Vereinigte Grobgarnwerke (Vegro) - nur ein paar Schritte von der Galerie entfernt - Lappen.

200 Künstler aus aller Welt

Seit einigen Jahren sind die zentralen Fabrikanlagen Heimstatt des rührigen regionalen Kulturvereins "Im Friese". Die Kunstinitiative ist angetreten, um künstlerischen Nachwuchs zu fördern und sich vom Oberlausitzer Bergland aus mit Künstlern in aller Welt zu vernetzen. Kirschau soll nach dem Willen der Mitglieder zum Zentrum für zeitgenössische Kunst in Ostsachsen werden. Hinter dem Oberlausitzer Kunstverein stehen 30 Künstler, Kunstförderer und Kunstliebhaber.

In der Ausstellung "Putzlappen" treffen Künstler aus der Region, Deutschland und der halben Welt zusammen. "Wir haben Arbeiten aus Ghana, Indien, Venezuela, Australien, Kanada, den USA, vielen europäischen Ländern. Ich hatte mit 100 Zusendungen gerechnet. Jetzt sind es über 200 Kunstwerke", sagt Wendland. Für die Arbeiten wurden Putzlappen bemalt, bestickt, beschrieben, mit der Nähmaschine bearbeitet, bedruckt, durchlöchert, collagiert. Selbst Installationen und Objekte entstanden.

Auch Arbeiten von Laien und einer Schulklasse sind dabei. Und ganz nach den Regeln der Mail Art werden die Kunstwerke zwar weder honoriert noch zurückgeschickt, allerdings gibt es einen 100-seitigen Katalog, der alle Putzlappen-Kunstwerke versammelt. (dpa)

Die Ausstellung "Putzlappen" ist noch bis zum 11. Oktober in der Galerie "Art Factory Flox", Friesestraße 31 in Kirschau zu sehen. Geöffnet ist immer sonntags von 14 bis 18 Uhr.

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