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Sorbische Autoren kommen ins Haus - per Video

Auf der neuen Plattform „serbskiTV“ lädt Jan Bilk zu virtuellen Lesungen mit Autoren aus der Ober- und Niederlausitz ein und will bald noch viel mehr bieten.

Von Miriam Schönbach
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Jan Bilk, der Vorsitzende des Sorbischen Künstlerbundes, der seinen Sitz in Bautzen hat, hat ein neues digitale Projekt initiiert. Die Plattform bietet unter anderem virtuelle Lesungen.
Jan Bilk, der Vorsitzende des Sorbischen Künstlerbundes, der seinen Sitz in Bautzen hat, hat ein neues digitale Projekt initiiert. Die Plattform bietet unter anderem virtuelle Lesungen. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Jurij Koch sitzt im Arbeitszimmer. Vor ihm steht ein Mikrofon, eine Kamera hält den Schriftsteller aus Sielow bei Cottbus fest. Er liest aus seinen Kindheitserinnerungen. Der gute fünfminütige Clip gehört zum jüngsten Projekt des Sorbischen Künstlerbunds. In einer Mediathek für sorbisch/wendische Literatur mit dem Titel „serbskiTV“ geben Autoren aus der Ober- und Niederlausitz in mehr als 20 kleinen Videos einen Einblick in ihre Werke.

„Die Idee ist, dass die Plattform wächst. Es soll ein Ort entstehen, wo die sorbische Sprache lebendig zu erleben ist“, sagt Initiator Jan Bilk. Dieses digitale Projekt schlummert schon länger in der Schublade. Bereits kurz nach seinem Amtsantritt als Vorsitzender des Sorbischen Künstlerbunds im Jahr 2017 entwirft Jan Bilk gemeinsam mit dem Chef das Sächsischen Ausbildungs- und Erprobungskanals (Saek) in Bautzen, Michael Ziesch, den Plan für mehrere Seh-Formate jenseits der Programme der öffentlich-rechtlichen Sender. Das reicht von der kleinen Gute-Nacht-Geschichte für Kinder über die Vorstellung sorbischer Persönlichkeiten bis hin zur Quizshow. Doch Papier ist bekanntlich geduldig.

Seine Leidenschaft gehört der elektronischen Musik

Mit der Corona-Pandemie wird die Schublade mit den Vorarbeiten wieder aufgezogen. Denn auch die sorbischen Autoren kommen nicht mehr live zum Publikum. Stattdessen holt sich der Sorbische Künstlerbund den Domowina-Verlag und die Stiftung für das sorbische Volks ins Boot und lädt Autoren zu Lesungen vor der Kamera ein. Für die Aufnahmen pendelt Jan Bilk zwischen seiner alten Lausitzer Heimat und seinem Lebensort auf Zeit im Berliner Speckgürtel. In die Hauptstadt führt den Sorben 1978 sein Studium für Akkordeon und Klavier an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“. Dort erhält der Musiker, Produzent und Verleger nach seinem Kompositions-Zusatzstudium 1985 den Lehrauftrag zum Aufbau des Studienfachs „Synthesizer und elektronische Musik“.

Jener elektronischen Musik gehört Bilks Leidenschaft. Die Band „Servi“ wird Anfang der 1980er-Jahre schnell zu einer festen Größe in der Elektronik-Szene der DDR. Neben ihm gehört Tomas Nawka zu dem Duo, dass 1983 im Eigenvertrieb die erste Musikkassette produziert. „Vertrauen“ erscheint in einer Auflage von 1.000 Stück, erinnert sich Jan Bilk. 1986 und 1988 folgen Alben bei der DDR-Plattenfirma Amiga. Nach der Wende gründet der heute 63-Jährige einen Musikverlag, er komponiert Musik für Hörspiele und Filme, macht sorbische Produktionen, geht mit Multimedia-Projekten und seiner Tochter Carolina Eyck auf Tour. Die Musikerin gehört zu den weltweit führenden Virtuosen auf dem Theremin. Das elektronische Instrument wird berührungslos gespielt.

Juri Brězans letzte Lesung soll online gehen

Trotz Abstands zur Heimat hält Jan Bilk Kontakt in die Lausitz. „Ich möchte nicht in der Fremde alt werden“, sagt Jan Bilk, der inzwischen „ein Stück Haus“ in Weidlitz hat. Das Standbein nutzt er, um seinen Teil zum Erhalt der sorbischen Sprache beizutragen. „serbskiTV“ ist ein Puzzleteil dazu. Innerhalb von 14 Tagen nach der Freischaltung des YouTube-Kanals gibt es schon 98 Abonnenten. Neben Jurij Koch sind bei dem Format unter anderem Dorothea Scholze, Eva-Maria Zschornack, Mirana Mieth, Christian Schneider und Jan Kral mit Ausschnitten aus ihren Werken zu erleben.

„Wir möchten Autoren aus der Ober- und Niederlausitz abbilden, Geschichten für Kinder und Erwachsene“, sagt Jan Bilk. Ein Kriminalhörspiel schwebt ihm für die Mediathek noch vor, junge sorbische Literatur und die letzte Lesung Jurij Brězans aus seinem Kinderbuch, aufgenommen ein halbes Jahr vor dessen Tod 2006. Der große Traum ist eine Plattform für alle Künste in Verbindung mit der sorbischen/wendische Sprache, wo auch Musiker über ihre Kompositionen reden oder Maler ihre Bildern in Worte fassen. Diese Idee, weiß Jan Bilk, soll auf keinen Fall wieder in der Schublade verschwinden.

Hier geht es zum Youtube-Kanal von serbskiTV.

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