Bautzen. Im Stadtgebiet von Bautzen fühlen sich 73 Prozent der Radfahrer im Straßenverkehr gefährdet. Das geht aus dem jüngsten Fahrrad-Klimatest hervor, der im Herbst 2022 vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) durchgeführt wurde. Auch in den Jahren zuvor bekam Bautzen nur Schulnoten zwischen 3,8 und 4. Woran liegt das? Eine Radtour zu den Orten, die der ADFC für problematisch hält.
Seminarstraße: Zwischen parkenden Autos hindurch
Die Radtour startet an der Bushaltestelle Lauengraben vor dem Kornmarkt-Center und führt vorbei am DDV Lokal in die Seminarstraße. Zwischen 18 und 8 Uhr ist hier das Parken einseitig erlaubt, am Wochenende ganztägig. Dazu kommen auf beiden Seiten haltende Zulieferer der Geschäfte. "Hier stehen sich manchmal stadteinwärts fahrende Radfahrer und stadtauswärts fahrende Autofahrer Schnauze an Schnauze", sagt Martin Ritscher vom Bautzener ADFC - vor allem nachmittags, wenn die Schüler von den Gymnasien und der Berufsschule heimkehren. Zudem würden Autos in der scharfen Rechtskurve in die Seminarstraße hinein häufig einen weiten Bogen fahren und dadurch Radfahrern in die Quere kommen.
Vor dem Theater: Graue Poller auf grauem Pflaster
Weiter geht es die Seminarstraße entlang bis zur Fußgängerzone vor dem Theater. Peter Stürzner, ebenfalls vom ADFC, weist hier auf diverse Kratzer an den Pollern hin, die das kleine Areal um den Springbrunnen von zwei Seiten begrenzen. "Die stammen von Fahrradfahrern, die mit ihren Pedalen hier hängengeblieben sind", sagt er. Die grauen Poller seien vor dem grauen Pflaster bei Dunkelheit kaum zu erkennen.
Ampel auf der Wallstraße: Autofahrer übersehen Rot
In Gegenrichtung zum Autoverkehr geht es die Schilleranlagen entlang, über die Ampel an der Kreuzung Bahnhofstraße bis zum Abzweig August-Bebel-Straße. Hier ereigneten sich laut Unfallstatistik in den letzten Jahren häufiger Unfälle mit Radfahrern, 2019 und 2017 auch mit Personenschaden. Ein Grund sei, dass die Ampel für die Autofahrer, die auf der Wallstraße aus Richtung Löbauer Straße kommen, in einem bestimmten Winkel durch einen Laternenmast verdeckt werde und Autos daher parallel mit der Grünphase der Radfahrer losfahren, so Ritscher. "Das ist brandgefährlich, weil die Radfahrer nach links abbiegen wollen, aber dann das Auto links von ihnen vorbeizieht." Dieses Problem habe die Stadt aber erkannt und wolle nun etwas tun.
Kreuzung Löbauer Straße: Zu schmale Radwege
Anders sieht das 600 Meter weiter an der Kreuzung mit der Löbauer Straße an der Berufsakademie aus. Die Kreuzung sei mit zum Teil drei Fahrspuren klar für Autofahrer ausgelegt und müsste daher grundsätzlich angepackt werden, sagt Stürzner. Radfahrer müssen zum Linksabbiegen einmal um die Kreuzung herumfahren. Das sei gefährlich, weil sie dann zeitgleich mit abbiegenden Autos losfahren. "Es gibt keine Argumente dafür, warum Radfahrer hier die Radwege benutzen müssen", sagen die ADFC-Experten, auch weil diese schmal sind und auf der Seite der Berufsakademie eng um die Kurve führen.
Am Ziegelwall: Gefährliches "Straßen-Hopping"
Geradeaus über die Kreuzung geht es weiter am Ziegelwall entlang, mal auf der Straße, dann wird der Radweg wieder auf den Geh- und Radweg geführt, zwischendurch ist eine Bushaltestelle zu umfahren. "Straßen-Hopping" nennt Stürzner das. Kurz vor der Linkskurve zur Muskauer Straße endet der Rad- und Gehweg abrupt. Radfahrer müssen sich hier in den fließenden Verkehr mit mehreren Abbiegespuren einordnen. "Ich schicke hier meine Kinder nicht alleine lang", das sei zu gefährlich, kommentiert Stürzner.
Muskauer Straße: Radweg endet abrupt
An der Einmündung des Ziegelwalls in die Muskauer Straße zeigt sich eine weitere Problemstelle: Der auf der Muskauer Straße stadteinwärts führende Radweg - an sich schon wellig und an diesem Dienstagvormittag mit Mülltonnen zugestellt - endet urplötzlich vor einer Parklücke. Radfahrer schießen hier von rechts in den Straßenverkehr, "Senioren müssen anhalten und gucken, wann sie eine Lücke zwischen den Autos finden", sagt Ritscher. Die Radwegbenutzungspflicht vorher aufzuheben sei aber auch schwierig, da auf der Straße häufig Stau herrsche.
Unterführung der Autobahn: Schlecht einsehbar und eng
Zuletzt geht es die Muskauer Straße stadtauswärts in Richtung Burk bis zur Unterführung an der A4. Statt der üblichen 2,50 Meter für einen gemeinsamen Geh- und Radweg an einer Landstraße misst der Weg unter der Brücke nur 1,84 Meter. "Wenn sich hier zwei Fahrräder mit Kinderanhänger begegnen, kommen sie kaum aneinander vorbei", sagt Stürzner. Zudem sei die Stelle von Bautzen kommend wegen eines Knicks kaum einzusehen und besonders gefährlich, weil Radfahrer hier von einem kleinen Hügel mit ordentlichem Tempo herabbrausen. Parallel fahren die Autofahrer mit bis zu 100 Stundenkilometern ohne Absperrung direkt an den Radfahrern vorbei. "Man will es sich gar nicht vorstellen, wenn hier mal etwas passiert", sagt Ritscher. Sein Vorschlag: Tempo 50, das keine 200 Meter weiter ab Burk ohnehin gilt, könnte vor die Brücke vorgezogen werden. Das würde die Stelle zumindest ein wenig entschärfen.
Der ADFC will am Freitag, dem 5. Mai, mit einer Fahrraddemo durch Bautzen ein Zeichen für mehr fahrradfreundliche Mobilität insbesondere für Kinder setzen. Die Demo startet um 17 Uhr auf dem Kornmarkt.