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In Bautzen vor Gericht: Rentner will Hakenkreuze zu "Aufklärungszwecken" auf Facebook gepostet haben

Ein Mann aus Göda hatte auf Facebook ein Foto geteilt, das Hakenkreuze zeigt. Seine Begründung nimmt ihm die Richterin nicht ab.

Von Tim Ruben Weimer
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Ein Rentner aus Göda wurde ans Bautzener Amtsgericht geladen, weil er auf Facebook ein Foto geteilt hatte, das Hakenkreuze zeigt.
Ein Rentner aus Göda wurde ans Bautzener Amtsgericht geladen, weil er auf Facebook ein Foto geteilt hatte, das Hakenkreuze zeigt. © Steffen Unger

Bautzen/Göda. Ein 68-jähriger Rentner aus Göda stand am Donnerstag, dem 21. März 2024, vor dem Bautzener Amtsgericht, weil er auf Facebook ein Foto geteilt hatte, das zahlreiche Hakenkreuz-Fahnen und zu einem Hakenkreuz geformte Regenbogen-Flaggen zeigt. Laut seiner Aussage stammt der Ursprungs-Post von einem amerikanischen Facebook-Account. Das Amtsgericht hatte ihn daraufhin per Strafbefehl verwarnt und eine Geldstrafe angedroht, sollte sich solch ein Vorfall wiederholen. Doch der gelernte Maschinenbau-Ingenieur ließ das nicht auf sich sitzen und legte Einspruch ein.

Rentner bestreitet rechtsextreme Gesinnung

Dass er vor Gericht Gehör für seine Argumentation findet, bezweifelt er jedoch. "Ich werde in Berufung gehen", kündigt er schon an, bevor die Verhandlung überhaupt begonnen hat. Dann legt er dar, warum er den Hakenkreuz-Post geteilt hat: "Ich habe mich gewundert, warum die Regenbogenflagge für das Hakenkreuz missbraucht wurde", sagt er. Er habe sich damit nicht gegen die LGBT-Community stellen wollen, "denn ich begrüße die Bewegung der Homosexuellen ausdrücklich". Die Flagge werde aber auch bei den Freimaurern benutzt, er habe klarstellen wollen, dass hier etwas vermischt worden sei. Auch mit dem Dritten Reich wolle er sich nicht identifizieren: "Ich bin selber in einer Diktatur groß geworden und will sie nie wieder haben."

Laut seiner Argumentation sei der Post eine "Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung"; neben Kunst, Wissenschaft, Forschung, Lehre und Berichterstattung eine der wenigen Ausnahmen, die die Verwendung eines Symbols einer verfassungswidrigen Organisation wie dem Hakenkreuz laut Gesetz rechtfertigen.

Beitrag zur Aufklärung muss klar gekennzeichnet sein

Richterin Magdalena Botor-Kutschke kann dem jedoch wenig abgewinnen. "Es ist hier nicht relevant, wie Sie zu der Pride-Flagge oder zum Nationalsozialismus stehen", erklärt sie. "Es geht darum, dass Sie ein verfassungswidriges Bild auf Facebook geteilt haben. Und das reicht aus." Ein Beitrag zur Aufklärung sei nur gegeben, wenn der Beschuldigte "offenkundig gegen nationalsozialistisches Gedankengut" wäre und das auch im Facebook-Post eindeutig beschrieben hätte. Im Fall des Gödaer Rentners aber wäre aus ihrer Sicht sogar eine Beschuldigung wegen Volksverhetzung möglich gewesen.

Dass der schmale Mann, der in rot-weiß-gestreiftem Hemd, schwarzer Weste, mit Hut und einer Uhr am Goldkettchen vor Gericht erschienen ist, nicht so unbedarft ist, wie er scheint, wird in seiner Haltung gegenüber der Justiz deutlich. Die Strafprozessordnung, sagt er, habe genau wie die Straßenverkehrsordnung in der Bundesrepublik Deutschland keine Gültigkeit. Das Kaiserreich habe Bestand, die Bundesrepublik Deutschland gebe es zwar, doch der Staat sei nie gegründet worden. Folglich gebe es auch keinen Rechtsstaat.

Doch nach der Belehrung der Richterin wird der Rentner im Gerichtssaal zunächst still. "Hätte ich also einen Kommentar im Sinne von 'Wer hat diesen Scheiß zusammengestellt?' auf Facebook dazugestellt, wäre es rechtlich konform gewesen?", fragt er seufzend die Richterin. "Ich weiß, dass Aufklärung hier nicht gewollt ist. Ich gebe klein bei."

Dieser Umschwenk folgt auch auf den Hinweis der Richterin, dass er den Gerichtssaal sonst wohl kaum ohne Geldstrafe verlassen werde. "Ich nehme den Einspruch zurück, gehe jetzt nach Hause und widme mich wieder meinem Garten", schlussfolgert der Rentner und blickt ernüchtert in die Augen seiner Frau auf der Zuschauerbank.