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Wo der Bürgermeister zum Chauffeur wird

Stanislaus Ritscher wurde jetzt erneut zum Bürgermeister von Puschwitz gewählt. Was er sich vorgenommen hat und warum er jeden Freitag einen festen Termin hat.

Von Uwe Menschner
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15 Jahre Amtszeit hat er schon hinter sich, jetzt wurde Stanislaus Ritscher erneut zum Bürgermeister der kleinen Gemeinde Puschwitz gewählt.
15 Jahre Amtszeit hat er schon hinter sich, jetzt wurde Stanislaus Ritscher erneut zum Bürgermeister der kleinen Gemeinde Puschwitz gewählt. © Uwe Menschner

Puschwitz. Stanislaus Ritscher ist am 16. Januar mit 92,5 Prozent der gültigen Stimmen erneut zum Bürgermeister der Gemeinde Puschwitz gewählt worden. Im Interview mit Sächsische.de hält er Rückschau auf die vergangenen 15 Jahre und blickt nach vorn.

Herr Ritscher, wie fällt die Bilanz Ihrer bisherigen Amtszeit als Bürgermeister aus Ihrer Sicht aus?

Positiv. Zunächst haben wir uns durch konsequentes Sparen von den Schulden befreien können. Puschwitz war einmal die am höchsten verschuldete Gemeinde des Landkreises Bautzen. Seit drei Jahren sind wir schuldenfrei. Das hat uns die Möglichkeit verschafft, viele Vorhaben zu verwirklichen: Im Straßenbau, bei der Modernisierung der Bushaltestellen, bei der Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED oder beim Bau von Spielplätzen haben wir viel gemacht.

Wie funktioniert aus Ihrer Sicht die Verwaltungsgemeinschaft mit Neschwitz?

Das klappt sehr gut. Derzeit bereiten die Gemeinden Neschwitz und Puschwitz den Neubau einer Kindertagesstätte in Neschwitz als gemeinsames Projekt vor. Wir stehen hinter diesem Projekt und beteiligen uns an den Eigenkosten. Unser Anteil bemisst sich am Pro-Kopf-Anteil der Puschwitzer Einwohner an der Gesamtbevölkerung der Gemeinschaft.

Hoher Leerstand im Wohngebiet Wetro

Wo befinden sich die „Baustellen“, an denen Sie noch arbeiten müssen?

Unsere größte Baustelle stellt bereits seit vielen Jahren das Neubaugebiet im Ortsteil Wetro dar, das uns ja auch damals in die Schulden gestürzt hat. Dort gibt es noch immer einen hohen Leerstand, der Altersdurchschnitt der Bewohner ist recht hoch. Wir versuchen, die Wohnungen zu sanieren und auf den neuesten technischen Stand zu bringen, um auch junge Familien anzulocken.

Die Wohnlage ist eigentlich sehr gut: Wo sonst bekommt man für eine relativ geringe Miete eine Wohnung, wo die Garage und der Garten gleich um die Ecke liegen? Wer das möchte, kann seine Wunschwohnung auch kaufen. Außen sind die Häuser komplett saniert. Allerdings werden wir uns in diesem Jahr auch von einem der Häuser trennen – Haus Nummer 5 wird abgerissen. An seiner Stelle entstehen Parkplätze.

Was tun Sie noch, um die Gemeinde Puschwitz für die Bürger attraktiv zu machen?

Wir haben auf Beschluss des Gemeinderates ein Begrüßungsgeld von 150 Euro für jeden neugeborenen Gemeindebürger eingeführt. Seit vorigem Jahr legen wir noch ein sorbisches Buch mit dazu. Das Sorbische wird in unseren Ortsteilen sehr stark gelebt.

Doch wir denken nicht nur an die jungen Einwohner. So haben wir den früheren Konsum in Wetro zu einem Mehrgenerationentreff mit einer kleinen Bibliothek umgestaltet. Das wird sehr gut angenommen. Frau Konschak und Frau Karbinski engagieren sich dort sehr stark, dafür möchte ich mich einmal öffentlich bedanken. Und einmal in der Woche, Freitag 9 Uhr, fahre ich unsere nicht so mobilen Mitbürger mit dem Bürgerbus von Wetro aus nach Neschwitz oder Königswartha. Dort können sie einkaufen, zum Arzt oder auch zur Sparkasse gehen.

Kein Erfolg bei Nachfolger-Suche für Arztpraxis

Das bedeutet aber auch, dass es in Puschwitz selbst die entsprechenden Angebote nicht oder nicht mehr gibt.

Das stimmt, aber nur zum Teil. In Wetro haben wir eine Zahnärztin, und es kommen regelmäßig Bäcker- und Fleischerwagen in die Gemeinde. Allgemeinarzt und Einkaufsmarkt gibt es in Neschwitz. Das ist für die meisten unserer Bürger gut zu erreichen. Wir haben uns um Nachfolge für unsere frühere Arztpraxis bemüht, aber leider erfolglos. Und auch ein Lebensmittelmarkt lässt sich in einer kleinen Gemeinde wie unserer wohl nicht wirtschaftlich betreiben.

Was haben Sie sich für die nächsten Jahre vorgenommen, und was wünschen Sie sich?

Zunächst wollen wir weiter an der Verwirklichung der in unserem Doppelhaushalt 2021/22 festgelegten Vorhaben arbeiten. Dazu zählen die weitere Modernisierung der Bushaltestellen und der Straßenbeleuchtung sowie die Sanierung von Wohnungen in Wetro. Das Vorhaben, im Ortsteil Guhra einen touristischen Anziehungspunkt mit Aussichtsturm zu schaffen, verfolgen wir weiter. Bis jetzt hatten andere Vorhaben eine höhere Priorität, und es hängt auch von der Förderung ab. Wir haben das Projekt aber keinesfalls abgeschrieben.

Ich wünsche mir, dass die starken Betriebe, die unsere wirtschaftliche Basis bilden, mit ihren Arbeitsplätzen erhalten bleiben. Außerdem hoffe ich, dass unsere derzeit gute finanzielle Lage Bestand hat. Noch weiß niemand, wie sich infolge von Corona das Steueraufkommen in den nächsten Jahren entwickeln wird.