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Corona: So ist die Lage in den Heimen

Die Pflegeheime im Kreis Bautzen wollen trotz Corona weiter für Angehörige öffnen. Allerdings haben die Verantwortlichen klare Forderungen an die Politik.

Von Tilo Berger
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Die meisten Alten- und Pflegeheime im Landkreis Bautzen gestatten weiterhin Besuche der Bewohner, wenn auch mit Einschränkungen. In einigen Einrichtungen müssen sich Besucher vorher telefonisch anmelden.
Die meisten Alten- und Pflegeheime im Landkreis Bautzen gestatten weiterhin Besuche der Bewohner, wenn auch mit Einschränkungen. In einigen Einrichtungen müssen sich Besucher vorher telefonisch anmelden. © Symbolfoto: Ronald Bonss

Bautzen. Vor reichlich sechs Monaten sorgte das Städtische Alten- und Pflegeheim in Radeberg für traurige Schlagzeilen. Im Heim grassierte das Corona-Virus, binnen weniger Tage infizierten sich 40 Bewohner und elf Mitarbeiter. Neun ältere Menschen überlebten die Krankheit nicht. In dieser dramatischen Lage bat der Radeberger Oberbürgermeister Gerhard Lemm (SPD) die Bundeswehr um Hilfe. Und die Soldaten aus Frankenberg waren schnell vor Ort, halfen  vor allem bei Reinigungsarbeiten und beim Desinfizieren. Ihr Einsatz dauerte länger als ursprünglich geplant.

Die zweite Corona-Welle hat die Radeberger Einrichtung mit ihren 180 Plätzen bislang verschont - zur Erleichterung nicht nur von Heimleiterin Carolin Proske: Es gebe aktuell keine bekannten Infektionen mit dem neuartigen Virus. Damit das so bleibt, gelten im gesamten Heim strenge Hygiene- und  Besuchsregeln.

Wer einen Heimbewohner besuchen will, muss sich vorher telefonisch anmelden. Ohne Mund- und Nasenschutz geht gar nichts, Besuche sollten im Freien oder im Speisesaal stattfinden und sind auf 15 Minuten begrenzt. Immerhin sind sie möglich, wenn auch pro Wohnbereich nur für einen Besucher gleichzeitig. Im Frühjahr war auch die Radeberger Einrichtung, wie alle Alten- und Pflegeheime, für Besucher ganz gesperrt.

Während in Radeberg zumindest kurze Besuche möglich sind, bleibt die Tür des Malteserstifts St. Adalbert in Wittichenau derzeit für Fremde geschlossen. Dort wurden allein in der vergangenen Woche mehr als 30 Bewohner und Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet. Das Wittichenauer Malteserstift gehört mit 60 Heimplätzen zu den eher kleineren Einrichtungen im Landkreis Bautzen.

Überblick über Erkrankungen in Heimen? Fehlanzeige!

Insgesamt gibt es zwischen Ottendorf-Okrilla, Spreetal und Sohland 52 Altenheime, Pflegeheime und Seniorenzentren mit insgesamt 3.718 Plätzen. Wie viele Bewohner und Mitarbeiter dieser Einrichtungen derzeit insgesamt mit Corona infiziert sind, kann niemand mit Bestimmtheit sagen. Sächsische.de hatte das Landratsamt Bautzen um eine Übersicht gebeten. Doch diese Angaben seien kurzfristig nicht zu ermitteln, erklärte Amtssprecherin Cynthia Thor. "Die Datenerfassung erfolgt nicht automatisch nach Alten- und Pflegeheime bzw. Senioren-Wohnanlagen. Dies bedarf einer umfangreichen Aufarbeitung aller Datensätze." Diese könne noch einige Tage dauern.

Die weitaus größte Einrichtung im gesamten Landkreis ist mit 390 Plätzen das Seniorenwohnhaus „Am Belmsdorfer Berg“ in Bischofswerda. Doch noch kein Bewohner hat sich hier bisher mit Corona angesteckt, berichtet Geschäftsführer Sascha Bock. "Beim Personal haben wir gegenwärtig zwei  Corona-Fälle, die sich in häuslicher Quarantäne befinden."

Seit dem Frühjahr gilt im Seniorenwohnhaus ein Corona-Hygienekonzept. Besuche sind weiterhin möglich. "Sollte es zu Infektionsfällen bei Bewohnern kommen, sind wir in der Lage, schnell zu reagieren", versichert Sascha Bock. Mit Schutzkitteln, Masken und weiterer Schutzausrüstung sei das Haus gut ausgestattet. "So können wir sowohl die Bewohner als auch unsere Mitarbeiter schützen."

Heimbetreiber wünschen sich mehr Schnelltests

Allerdings wünscht sich der Geschäftsführer des Hauses "Am Belmsdorfer Berg" von der Politik, "dass die Regelungen der Allgemeinverfügung endlich konsequent durchgesetzt und Verstöße mit aller Härte geahndet werden. Leider haben wir es mit einer kleinen ignoranten Minderheit von Menschen zu tun, die durch ihr bewusst fahrlässiges Verhalten letztendlich die Gesundheit aller gefährden und scheinbar nur so zur Vernunft gebracht werden können." Diese Situation in der Öffentlichkeit dürfe nicht länger hingenommen werden. "Letztendlich können wir der großen schweigenden Mehrheit, die die Maßnahmen der Politik trotz Einschränkungen mittragen, nicht mehr vermitteln, dass sich eine kleine Minderheit der Bevölkerung scheinbar alles erlauben kann und damit ungestraft durchkommt."

Und es müsste mehr Schnelltests geben, wünscht sich außer Sascha Bock auch Patrick Pöhler. Er ist Pressesprecher des Malteser-Hilfsdienstes, der in Bautzen das St.-Hedwig-Stift mit 100 Plätzen betreibt. Von den Bewohnern ist hier derzeit niemand mit Corona infiziert, aber ein Mitarbeiter. Schnelltests könnten Bewohnern und Mitarbeitern sofort Gewissheit verschaffen.

Pöhler bezeichnet es aber als "hilfreich, wenn die Tests nicht vom eigenen Personal ausgeführt werden müssten, da die Tests sowohl Zeit als auch Ressource einnehmen". Das Pflegepersonal im Haus sei durch die Corona-Krise schon ausgelastet. "Unsere Mitarbeiter tun ihr Möglichstes, unseren Bewohnern in dieser schwierigen Zeit besonders viel Nähe und Fürsorge zukommen zu lassen. Die Familie komplett ersetzen, können sie über eine so lange Zeit aber nicht." Deshalb dürfen die Bewohner auch weiter Besuch empfangen - im Moment allerdings nur einen pro Woche, entweder im Besucherbereich oder an der frischen Luft.

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