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Vorm Einsturz bewahrt: Berliner rettet Schloss Radibor

In dem historisch bedeutsamen Gebäude ist die Notsicherung nahtlos in die Dachsanierung übergegangen. Wie sich zeigte, war Gefahr im Verzug.

Von Uwe Menschner
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Florian Heilbronner hat das Radiborer Schloss 2021 gekauft und 2022 mit der Sanierung der Dachkonstruktion begonnen.
Florian Heilbronner hat das Radiborer Schloss 2021 gekauft und 2022 mit der Sanierung der Dachkonstruktion begonnen. © Uwe Menschner

Radibor. Ein sechsgeschossiges Baugerüst umgibt derzeit das Radiborer Schloss. Auf einem Holzgestell präsentieren sich Dachziegel in verschiedenen Farben und Formen. Die von außen nur gedämpft wahrzunehmende Geräuschkulisse schwillt an, wenn man sich ins Innere des Gebäudes begibt, und konzentriert sich dort auf das Dachgeschoss: Stimmengewirr, Hämmern, Bohren, Musik aus einem Radio… Die Bauarbeiten am und im Schloss Radibor sind in vollem Gange.

Einer der Männer, die in einem Seitenraum über den weiteren Fortgang der Arbeiten sprechen, ist Florian Heilbronner. Der Berliner Unternehmer, der das Radiborer Schloss 2021 vom International Burnout Found erwarb, hat Wort gehalten und im Folgejahr – also 2022 – mit der Sanierung der Dachkonstruktion begonnen. Dem voran gingen Notmaßnahmen zur Sicherung des Dachstuhls und der Gebäudehülle.

In dem Gespräch geht es – unter anderem – um die Fledermäuse, die sich in dem historischen Gemäuer heimisch fühlen. „Die Tiere haben mich auch einige Zeit gekostet“, berichtet Florian Heilbronner. „Wir sind jetzt gerade dabei zu vollenden, was wir eigentlich schon im Februar fertig stellen wollten.“ Nämlich die von Anfang an falsch konzipierte Dachkonstruktion statisch in Ordnung zu bringen.

Spuren aus vielen Epochen im Gebäude zu entdecken

„Dabei gingen Notsicherung und Sanierung lückenlos ineinander über“, erklärt der Schlosseigentümer. Zunächst nur von innen, seit September dann über das Gerüst auch von außen wurde das Dach entlastet und hoch gedrückt, damit es im Anschluss wieder neu belastet werden kann. Die vorhandenen Ziegel können entgegen den ursprünglichen Planungen nicht erhalten bleiben, „da sie zu porös sind.“

Für das Innere des Schlosses befindet sich Florian Heilbronner noch immer auf der Suche nach dem optimalen Sanierungskonzept. „Das Gebäude trägt Spuren aus so vielen Zeitepochen, die es alle Wert wären, erhalten zu bleiben“, sagt er. „Ich habe zwar schon Vorstellungen, aber es ist noch nicht alles klar.“

Große Unterstützung dabei leistet das Büro für Restaurierung und Denkmalschutz Freund aus Doberschau-Gaußig mit seinen akribischen Untersuchungen, von denen unter anderem kleine runde Marken an den Wänden zeugen. Diese tragen Nummerierungen von eins bis teilweise über 20. Das seien alles unterschiedliche Befunde von Gestaltungen, die hier im Laufe der Jahrhunderte einander abwechselten, erklärt der Schlossherr.

So sah das Radiborer Schloss vor Beginn der Sanierung aus.
So sah das Radiborer Schloss vor Beginn der Sanierung aus. © Archivfoto: SZ/Uwe Soeder

Für den Laien beim flüchtigen Hinsehen kaum erkennbare Unterschiede zeigen dem Fachmann, wie sich die Raumgestaltung im Laufe der Zeit immer wieder änderte. Von bis zu zehn unterschiedlichen Schichten berichtete Florian Heilbronner in einem früheren Gespräch, heute korrigiert er sich auf „um die 20“, insbesondere in den Gebäudeteilen, die bis in die Renaissancezeit zurückgehen.

Im Wesentlichen ist das Radiborer Schloss aber vom Barock geprägt. „Die barocke Fassung soll auch künftig dominieren“, hat sich der Eigentümer bereits festgelegt. So wurde eine Enfillade, also eine Abfolge von Türen, die eine Sichtachse über die gesamte Etage eröffnen, wieder hergestellt. „Dabei haben wir uns an den sehr exakten Zeichnungen und Aufmaßen von Gurlitt orientiert“, betont Florian Heilbronner. Auch die in späteren Zeiten verbaute Eingangshalle soll wieder den Charakter einer Halle erhalten.

Dachstuhl drücke Rückwand nach außen

Elemente aus dem Biedermeier sollen aber ebenfalls erhalten bleiben und ebenso solche aus DDR-Zeiten, beispielsweise das monumentale Wandbild von Horst Schlosser, einem Schüler von Otto Dix, welches die frühere sorbische Schule schmückte. Am wichtigsten aber: Dem drohenden Verfall des Radiborer Schlosses ist Einhalt geboten worden, und zwar fünf vor zwölf.

Ein großer, ausgeputzter Riss zeigt, wie groß die Gefahr eines Totalverlustes war: „Der Dachstuhl hat die Rückwand immer weiter nach außen gedrückt. Es hat nicht viel zum Einsturz gefehlt. Wir haben sie jetzt so verankert, dass sie nicht weiter 'abwandern' kann.“ Auch ästhetisch, findet Florian Heilbronner, habe man eine ansprechende Lösung für das statische Problem gefunden.

Seine langfristigen Pläne sehen eine Nutzung als Wohnschloss vor, das zeitweise als Ganzes vermietet werden soll, um „barockes Wohngefühl erlebbar zu machen.“ Für die Sanierung veranschlagt der Schlossherr einen Zeitraum von acht Jahren, wie er in einem früheren Gespräch mit Sächsische.de erklärte.

Die Geschichte von Schloss Radibor geht nachweislich bis in das frühe 15. Jahrhundert zurück, als hier eine Wasserburg erwähnt wurde. Später hatte es zahlreiche unterschiedliche adlige Besitzer. Florian Heilbronner kaufte es vom International Burnout Found, vertreten durch den Schweizer Erwin Feurer, über ein auf historische Immobilien spezialisiertes Maklerbüro aus Bruckmühl.