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Ein Brief verschwindet, das Vertrauen ist schon länger weg

Hinter der Beschwerde gegen Bautzens Vize-Landrat steht ein grundsätzlicher Konflikt zwischen Flüchtlingshelfern und Ausländeramt. Ein Kommentar.

Von Ulli Schönbach
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Zum Hintergrund des Hungerstreiks, der am Montag vorm Bautzener Landratsamt für Aufsehen sorgte, kommentiert Ulli Schönbach, Redaktionsleiter von Sächsische.de in Bautzen.
Zum Hintergrund des Hungerstreiks, der am Montag vorm Bautzener Landratsamt für Aufsehen sorgte, kommentiert Ulli Schönbach, Redaktionsleiter von Sächsische.de in Bautzen. © Steffen Unger

Bautzen. Was sich an diesem Montag im Bautzener Landratsamt abspielte, ist mehr als ein Lapsus. Vier Monate lang verweigert die Kreisverwaltung jede Antwort auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde zur Arbeit des Ausländeramtes und zum zuständigen Beigeordneten Udo Witschas (CDU). Erst als der Verfasser mit Hungerstreik drohte und demonstrativ auf den Stufen des Landratsamtes Platz nahm, ging plötzlich alles ganz schnell.

Und als wäre dies nicht schon peinlich genug, muss Landrat Harig (CDU) auch noch zugeben: Die Beschwerde sei zwar in seinem Büro eingegangen, aber leider nicht mehr auffindbar. Nur, warum hat das in den vergangenen vier Monaten niemand bemerkt? Immerhin gab es mehrere Nachfragen dazu. Wurde das Anliegen des Verfassers möglicherweise nie ernsthaft geprüft?

Für viele Flüchtlingshelfer der falsche Mann

Der Verdacht liegt nahe: Denn all dies geschieht in einem Bereich, der ohnehin nicht frei von Spannungen ist. So ist die Kreisverwaltung bei der Betreuung von Flüchtlingen einerseits auf ehrenamtliche Helfer angewiesen, andererseits klagen diese seit Jahren über die schwierige Zusammenarbeit mit dem Kreis-Ausländeramt. Was auch an unterschiedlichen Vorstellungen über die Flüchtlingspolitik liegt. Die Kreisverwaltung will möglichst wenig Integration, bevor der Aufenthaltsstatus geklärt ist. Die Flüchtlingsinitiativen wollen so viel Integration so früh wie möglich.

Damit einher geht ein grundsätzliches Misstrauen gegen den zuständigen Beigeordneten. Spätestens seit bekannt wurde, dass Udo Witschas zeitweilig vertrauliche Kontakte zu einem Vertreter der rechtsextremen NPD unterhielt, ist er für viele Ehrenamtliche der falsche Mann auf dieser Position. Und er selbst tat wenig, um diese Vorbehalte zu zerstreuen.

Nicht zuletzt stehen wir kurz vor der Landratswahl, Udo Witschas ist der Bewerber seiner Partei. Dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn ausgerechnet in dieser Zeit im CDU-geführten Landratsamt „verloren geht“, wirft kein gutes Licht auf die Beteiligten – selbst dann, wenn es nur ein dummer Zufall war.