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Von München nach Sohland: Unternehmer baut Firma für 3D-Druck in der Oberlausitz auf

Durch seine Frau lernt Bernd Weiskircher aus Bayern die Oberlausitz kennen und entschließt sich hier für einen beruflichen Neustart. Den Sitz für seine Firma findet er durch Zufall.

Von Bettina Spiekert
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Bernd Weiskircher aus Bayern wagte mit seiner Firma W-3D GmbH in Sohland/Spree einen Neustart. Die Gegend lernte er durch seine Frau kennen, die aus der Oberlausitz stammt.
Bernd Weiskircher aus Bayern wagte mit seiner Firma W-3D GmbH in Sohland/Spree einen Neustart. Die Gegend lernte er durch seine Frau kennen, die aus der Oberlausitz stammt. © W-3D GmbH/Herbert Heim

Sohland/Spree. Manchmal kann ein Stau auf der Autobahn das ganze weitere Leben beeinflussen. Nämlich dann, wenn man deswegen auf die Landstraße umgeleitet wird und dort am Wegesrand genau das findet, was man schon lange Zeit gesucht hat. Bernd Weiskircher würde heute ohne diesen Stau nicht in Sohland/Spree leben und arbeiten.

Direkt an der Bundesstraße 98 fand der gebürtige Bayer vor zwei Jahren das ideale Gebäude für seine Firma, in der Bauteile durch modernste 3D-Druckverfahren aus Hochleistungskunststoffen hergestellt werden. Seit März 2023 produziert Weiskircher in dem ehemaligen Ausstellungsgebäude eines Autohauses hochpräzise Werkteile aus Kunststoff in Stückzahlen zwischen fünf und 10.000 Teilen. „Wir schließen damit eine Lücke zwischen der Einzelteilfertigung und dem Spritzguss“, erklärt der gelernte Maschinenbauer.

2024 sollen 1,7 Millionen Euro investiert werden

Die derzeit zwei Hochleistungsdrucker seines Unternehmens fertigen pro Tag zwischen 200 und 1.000 Teile. Noch im Februar kommen zwei weitere dazu, Ende des Jahres sollen fünf Maschinen in Sohland stehen. 1,7 Millionen Euro wird das Unternehmen dann allein 2024 investiert haben. Zu seinen Kunden zählt Bernd Weiskircher Unternehmen aus dem Elektroanlagenbau, der Medizintechnik, der Automobilindustrie bis hin zur Nutzfahrzeugtechnik und dem Motorsport.

Mit seiner Firma W-3D ist der 47-Jährige seit zwei Jahren am Markt. Bernd Weiskircher kommt aus dem Maschinenbau. 1998 hat er in der Nähe von München einen Zerspanungsbetrieb gegründet. Um für die eigene Firma Vorrichtungen schneller und günstiger als etwa durch Fräsen herzustellen, begann er vor neun Jahren mit dem 3D-Druck. „Das hat mich von Anfang an fasziniert“, erinnert er sich.

Schon bald kamen andere Firmen auf ihn zu, die Ähnliches von ihm wollten. Diese Nachfrage bestärkte Weiskircher darin, daraus ein neues Geschäftsfeld zu entwickeln. 2022 legte er den Maschinenbau ad acta und wagte mit dem 3D-Druck und einer neuen Firma einen Neustart. Inzwischen, so sagt er, gehöre er mit seiner Firma zu den Top-Unternehmen im 3D-Druck in Deutschland und Europa.

Zugute komme ihm dabei, dass er mit der Präzision arbeite, die er aus dem Maschinenbau kenne. „Dabei ist man gewöhnt, auf Tausendstel Millimeter genau zu arbeiten“, erklärt der Geschäftsführer.

Familiäre Bindungen führen in die Oberlausitz

Nun hätte Bernd Weiskircher seine neue Firma quasi überall aufbauen können. Dass es ihn Hunderte Kilometer weit weg von seiner bisherigen Heimat nach Sohland verschlagen hat, hat mit seiner Familiengeschichte zu tun. Vor mehr als 15 Jahren lernte er in München seine spätere Frau kennen. Die wohnte zwar in der bayerischen Landeshauptstadt, stammt aber aus Kamenz und hat in der Oberlausitz ihre Familie.

Die Gegend hatte es Bernd Weiskircher schnell angetan. 2018 kaufte sich das Paar ein denkmalgeschütztes Haus, um dies in den kommenden Jahren zu renovieren und als Alterswohnsitz herzurichten. Als es um den neuen Firmensitz ging, waren sich beide schnell einig, diesen in die Oberlausitz zu verlegen. „So sind auch Oma und Opa für unseren fünfjährigen Sohn fast um die Ecke“, sagt Bernd Weiskircher.

Mitarbeiter kommen aus anderen Branchen

Auf der Suche nach einem geeigneten Gebäude wurde er zuerst in Cunewalde fündig. Auf dem Weg zu dessen Besichtigung landete der Geschäftsführer der W-3D wegen einer Umleitung in Sohland. Und hier stand genau das Gebäude, das er sich für seine Firma vorstellte und das zudem noch zu vermieten war. Auch eine Wohnung für die Familie war schnell gefunden.

Wo heute im 3D-Druck Bauteile entstehen, wurden früher Autos verkauft. Das Haus entdeckte der Geschäftsführer der W-3D GmbH zufällig, als er eine Umleitung fahren musste.
Wo heute im 3D-Druck Bauteile entstehen, wurden früher Autos verkauft. Das Haus entdeckte der Geschäftsführer der W-3D GmbH zufällig, als er eine Umleitung fahren musste. © W-3D GmbH/Herbert Heim

Der Neustart mit der auf 3D-Druck spezialisierten Firma war nicht nur für Bernd Weiskircher ein Neuanfang. Seine komplette Mannschaft ist in seinem Unternehmen erstmals mit dem Thema in Berührung gekommen. „Es gibt ja keine Ausbildung zum 3D-Drucker. Meine Mitarbeiter kommen entweder aus dem Maschinenbau oder der Kfz-Branche“, erklärt Weiskircher. Er selbst hat bei HP, dem Hersteller seiner Druckmaschinen, mehrere Prüfungen absolviert, um sich das Know-how für die Geräte anzueignen. Damit könne er die Spezialdrucker auch zu 95 Prozent selbst reparieren.

Nächste Ausbaustufe schon im Blick

Den Schritt, seine Firma in der Oberlausitz statt in der Metropolregion München anzusiedeln, hat der Bayer nicht bereut. Qualifizierte Mitarbeiter zu finden, sei für ihn kein Problem gewesen. Denen biete er nicht nur ein überdurchschnittliches Gehalt, sondern auch gepflegte Sozialräume und sogar ein firmeneigenes Fitnessstudio „Die finanzielle Unterstützung für die Anschaffung technischer Anlagen durch Fördermittel vom Freistaat gebe ich gerne zurück an die Mitarbeiter“, nennt Weiskircher seine Philosophie.

Obwohl der 47-Jährige erst seit einem knappen Jahr in dem ehemaligen Gebäude eines Autohauses produziert, denkt er schon an eine Vergrößerung. „Im kommenden Jahr könnten wir an unsere Grenzen stoßen“, sagt Bernd Weiskircher. Doch auch dann will er in der unmittelbaren Region bleiben. „Ich mag die Landschaft und die Menschen. Ich fühle mich hier wohl und will nicht mehr weg“, sagt er.