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Hier ist der Straßenverkehr im Landkreis Bautzen am lautesten

Anfahrende Lkw, Krankenwagen mit Martinshorn, Berufsverkehr: Das sind die sechs lautesten Kreuzungen und Straßen im Landkreis Bautzen.

Von Heike Garten & Tim Ruben Weimer & Verena Belzer
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Am Bautzener Einkaufszentrum Husarenhof rollt der Verkehr Tag und Nacht - laut Landesumwelt der Verkehrslärm-Schwerpunkt im Landkreis Bautzen.
Am Bautzener Einkaufszentrum Husarenhof rollt der Verkehr Tag und Nacht - laut Landesumwelt der Verkehrslärm-Schwerpunkt im Landkreis Bautzen. © Steffen Unger

Bautzen. Alle fünf Jahre errechnet das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie den Verkehrslärm auf Sachsens Straßen und weist besondere Lärm-Schwerpunkte aus. Diese ergeben sich aus der Lärmbelastung und der Zahl der davon betroffenen Einwohner. Die Hauptlärmquelle im Landkreis Bautzen ist die A4, die besonders im Bautzener Stadtteil Gesundbrunnen, aber auch in Dörfern wie Prischwitz, Uhyst am Taucher oder Basankwitz gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Bluthochdruck oder ein erhöhtes Herzinfarkt-Risiko verursachen kann.

Doch in den Städten im Landkreis Bautzen existieren auch jenseits der Autobahn gesundheitsschädliche Lärm-Schwerpunkte: Vier innerhalb der Stadt Bautzen und jeweils einer in Kamenz und Radeberg. Wie Anwohnern der Verkehrslärm zu schaffen macht und was dagegen getan werden soll.

Bautzen: Lärm-Hotspots Stieber- und Neckstraße

"Morgens um vier Uhr geht das hier los mit den Lkws", klagt Jens Lehmann, der mit kleinem Kind in Bautzen am Husarenhof an der Kreuzung Stieberstraße/Dr.-Peter-Jordan-Straße wohnt. "Wie können das Fenster nicht mehr aufmachen." Der Berufsverkehr donnere über die Stieberstraße in die Stadt. Dazu kämen Krankenwagen und Polizei, die an der Ampelkreuzung die Sirene einschalten, ergänzt Anwohner Holm Schulze. Die Kreuzung ist der einzige Lärmschwerpunkt im Landkreis Bautzen, dem das Landesumweltamt die zweithöchste Lärmkennziffer zugeordnet hat.

Auch an der Kreuzung von Neck- und Allende-Straße in Bautzen sind viele Anwohner vom Lärm des rollenden Verkehrs betroffen - auch weil die Allende-Straße häufig als Durchgangsstraße genutzt wird.
Auch an der Kreuzung von Neck- und Allende-Straße in Bautzen sind viele Anwohner vom Lärm des rollenden Verkehrs betroffen - auch weil die Allende-Straße häufig als Durchgangsstraße genutzt wird. © Steffen Unger

Laut Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) sind an der Kreuzung noch keine Lärmschutzmaßnahmen umgesetzt worden. Die Stieberstraße soll jedoch auf einer Länge von 1,25 Kilometern grundhaft erneuert werden, dabei soll auch lärmmindernder Asphalt aufgetragen werden. Die Planungen dazu befinden sich laut Lasuv jedoch noch in einer frühen Phase.

Auch die Paul-Neck-Straße stellt als Verlängerung der Stieberstraße an den Kreuzungen mit Allendestraße und Löbauer Straße einen Lärmschwerpunkt dar. Die Löbauer Straße wurde jedoch in den vergangenen Jahren bereits grundhaft ausgebaut, weitere Lärmschutzmaßnahmen plant das Lasuv nicht.

Bautzen: Tempo 30 lindert Lärm auf der Steinstraße

Seit auf der Steinstraße in Bautzen Tempo 30 eingeführt wurde, sei es deutlich ruhiger geworden, sagt Anwohner Jens Kaczmarek. Im Hinterhof hört man von dem Lärm auf der Straße kaum noch etwas. Die Einhaltung der Geschwindigkeit müsste aber auch kontrolliert werden, meint eine 68-Jährige, die seit 25 Jahren hier wohnt. Früher hätten die Tassen in ihrem Schrank gescheppert, wenn die im Stau stehenden Lkws anfuhren. Inzwischen seien die durch die Fenster ziehenden Abgase das größere Problem.

Auf der Steinstraße gilt Tempo 30 und ein Lkw-Fahrverbot. Das hat vieles besser gemacht, sagen die Anwohner.
Auf der Steinstraße gilt Tempo 30 und ein Lkw-Fahrverbot. Das hat vieles besser gemacht, sagen die Anwohner. © Steffen Unger

Die dauerhafte Einführung von Tempo 30 auf der Steinstraße zwischen Vogelkreuzung und Holzmarkt war 2018 aus einem Verkehrsversuch hervorgegangen. Im Falle eines grundhaften Ausbaus der Steinstraße soll der Autoverkehr weiter in die Mitte der Fahrbahn und von den Wohnhäusern weg verlegt werden, heißt es im Lärmaktionsplan der Stadt. Ein Lärm-Hotspot bleibt die Steinstraße dennoch.

Bautzen: Tempo 30 bald auch auf der Äußeren Lauenstraße

Auch die Äußere Lauenstraße auf Höhe des Centrum-Parkhauses ist ein ausgewiesener Lärm-Hotspot. Aber hier gebe es keine Probleme, sagt Georg Richter, dem eines der direkt an die Straße grenzenden Häuser gehört. "Alle sind glücklich hier." Die Schlafzimmer seien in Richtung Hinterhof gelegen, welcher für die Bewohner einen Ruhepol mitten in der Innenstadt darstelle. Das bestätigt auch Anwohner Enrico Sturm: "Wir hören sogar den Wasserfall unten an der Spree." Die Wohnungen seien Anfang der 2000er-Jahre ordentlich saniert und mit Lärmschutzfenstern versehen worden.

Auch auf der Äußeren Lauenstraße in Bautzen soll bald Tempo 30 gelten.
Auch auf der Äußeren Lauenstraße in Bautzen soll bald Tempo 30 gelten. © Steffen Unger

Die Stadt hält dennoch angesichts der Lärmbelastung eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 30 Kilometer pro Stunde für nötig. Die Anordnung dafür sei bereits erfolgt, es folge nun die Umsetzung. Wann genau, teilte die Stadt nicht mit.

Bautzen: Immer noch zu laut ist es am Schliebenkreisel

Christian Jackisch und seine Freundin sind aus ihrer Wohnung am Schliebenkreisel in Bautzen weggezogen. Grund sei der Lärm gewesen. "Es geht morgens um 5.30 Uhr mit Bussen, Lkw, Krankenwagen los und zieht sich bis 22 Uhr", sagt Jackisch. Ab 15 Uhr komme der Elternverkehr an Fichte-Grundschule und Daimler-Oberschule dazu. Ihr Kind habe häufig nicht im Kinderzimmer, sondern im der Straße abgewandten Schlafzimmer der Eltern übernachtet. "Hier zieht alle drei Monate jemand ein und wieder aus", so Jackisch. Seit dem Bau des Kreisverkehrs staue es sich zwar weniger. Die Geräuschkulisse habe sich aber nicht verbessert.

Am Schliebenkreisel klagen Anwohner über zu viel Verkehrslärm.
Am Schliebenkreisel klagen Anwohner über zu viel Verkehrslärm. © Steffen Unger

Der Bau des Kreisels war auch zum Abbau von Geräuschspitzen gedacht. Der Lärmaktionsplan sah zudem vor, einen Fahrstreifen wegfallen zu lassen und dadurch den Abstand zwischen Wohnhäusern und Fahrbahn zu vergrößern.

Kamenz: Durchgangsverkehr auf Ost- und Macherstraße

Wolfgang Deißler, Anwohner der Kamenzer Macherstraße, zeigt sich abgeklärt: "Wir empfinden den Lärm nicht mehr so, wir haben uns daran gewöhnt." Die Fenster zur Straße seien allerdings meistens geschlossen. "Wenn Besuch da ist, schläft dieser im Zimmer zur Straße hin und spricht den Lärm dann auch an." Der Lärm vom benachbarten Busplatz störe allerdings mehr.

Auf Ost- und Macherstraße herrscht in Kamenz reger Durchgangsverkehr.
Auf Ost- und Macherstraße herrscht in Kamenz reger Durchgangsverkehr. © René Plaul

Die Stadt Kamenz verfügt bislang noch über keinen Lärmaktionsplan, der Maßnahmen zur Lärmminderung beinhalten würde. Stattdessen verweist sie darauf, dass Umgehungsstraßen das beste Mittel seien, um den Pegel auf den städtischen Durchgangsstraßen zu senken.

Radeberg: Lkw-Hupkonzert auf der Pulsnitzer Straße

In Radeberg befindet sich auf der Pulsnitzer Straße ein Lärm-Hotspot. Besonders betroffen sind die Kreuzungen zur Oberstraße und zur Landwehrstraße. Edeka, Lidl und Multi-Möbel ziehen die Radeberger zum Einkaufen an, und auch wer aus der Innenstadt kommt oder Richtung Lotzdorf und Liegau will, passiert diese Kreuzungen. Laut Stadt sind pro Tag rund 6.700 Kraftfahrzeuge auf der Straße unterwegs.

Einer, der das tagtäglich erlebt, ist Martin Gröger von der Soulfood Suppenbar. "Das ist hier schon manchmal wie in einer Großstadt", berichtet Gröger. "Die Lkw donnern hier mit teilweise 70 Sachen vorbei, damit sie ja noch die grüne Phase an der Ampel erwischen." Außerdem werde ständig gehupt. "Wenn bei mir die Ladentür auf ist, muss ich schon mal das Gespräch mit dem Kunden unterbrechen, weil man nichts versteht."

Die Pulsnitzer Straße ist Radebergs Lärm-Hotspot. Tagsüber herrscht hier einiger Trubel.
Die Pulsnitzer Straße ist Radebergs Lärm-Hotspot. Tagsüber herrscht hier einiger Trubel. © Christian Juppe

Eigentümer von Häusern, die besonders viel Lärm ausgesetzt sind, haben hier Anspruch auf Erstattung der Kosten für Lärmsanierungen, teilt das Lasuv mit. Das betrifft zum Beispiel den Einbau von Schallschutzfenstern. Entsprechende Anträge seien bereits eingereicht worden.

Die Stadt hat zudem die Tempo-30-Zone im Bereich der Kindertagesstätten auch auf den Abend und die Nacht ausgeweitet. Im Herbst und Winter 2023 soll die Straße zwischen den Hausnummern 23 bis 57 teilsaniert werden, wobei auch klappernde Schachtdeckel in Ordnung gebracht werden sollen.