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Neuer Höchststand beim Unterrichtsausfall: Gewerkschaft fordert Bildungspaket

An Sachsens Schulen fielen im ersten Halbjahr etwa eine Million Unterrichtsstunden aus. Oberschulen und Förderschulen waren besonders betroffen. Das Kultusministerium hat eine Erklärung.

Von Andrea Schawe
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An Sachsens Schulen sind im ersten Schulhalbjahr mehr Unterrichtsstunden ausgefallen.
An Sachsens Schulen sind im ersten Schulhalbjahr mehr Unterrichtsstunden ausgefallen. © dpa

Dresden. Der Unterrichtausfall an Sachsens Schulen hat sich weiter erhöht. Im ersten Halbjahr des aktuellen Schuljahres sind 8,8 Prozent der Unterrichtsstunden ausgefallen, die nach geltender Stundentafel an allgemein- und berufsbildenden Schulen gehalten werden sollten. Das ergibt sich aus Zahlen, die die Schulen an das Kultusministerium melden. Vor der Corona-Pandemie lag der Anteil ausgefallener Unterrichtsstunden noch bei 5,2 Prozent.

Damit fielen sachsenweit mehr als 997.500 Unterrichtsstunden an Grund-, Ober- und Förderschulen sowie Gymnasien und Berufsschulen aus. Dazu kommen etwa 270.500 Stunden, die in einem anderen Fach vertreten wurden.

Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022/23 ist das ein Anstieg von 0,4 Prozent. Das ist auf die Streiktage im November und Dezember 2023 zurückzuführen, teilt das Kultusministerium mit. Etwa 40.000 Unterrichtsstunden seien durch den Warnstreik der Lehrkräfte ausgefallen. "Ohne die Streiktage läge der Unterrichtsausfallanteil im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022/23 auf dem gleichen Niveau."

Im vergangenen Schuljahr wurde schon ein Höchststand beim Unterrichtsausfall erreicht. Der größte Teil des Unterrichts entfällt außerplanmäßig, weil Lehrer krank sind, sich weiterbilden – oder eben streiken. Allerdings ist der Anteil der "planmäßig" wegen Lehrermangels gestrichenen Unterrichtsstunden um mehr als 83.000 im Vergleich zum Halbjahr 2022/23 gestiegen.

Am höchsten ist der Unterrichtsausfall an den Förderschulen: 14,1 Prozent. Mehr als die Hälfte davon fällt aus, weil Lehrer fehlen. Das macht sich vor allem in den Landkreisen Görlitz und Meißen bemerkbar. Dort muss wegen Lehrermangels etwa jede zehnte Stunde gestrichen werden. Im Erzgebirgskreis ist es sogar fast jede sechste.

An Oberschulen wurden mehr als 159.100 Stunden wegen fehlender Lehrer gestrichen – das sind fast sechsmal so viele wie vor der Pandemie. Besonders hoch ist die Quote im Erzgebirgskreis und in der Stadt Chemnitz sowie in den Kreisen Zwickau, Bautzen und Görlitz.

An den Grundschulen ist der Unterrichtsausfall am geringsten: Im ersten Halbjahr fielen mit 28.500 Stunden nur etwa 0,8 Prozent des Unterrichts wegen Lehrermangels aus.

Köpping will Schulgipfel

"Bei über einer Million ausgefallener Unterrichtsstunden im ersten Halbjahr fallen die streikbedingten Ausfälle statistisch kaum ins Gewicht", sagt Burkhard Naumann, der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissen (GEW) in Sachsen. Dabei sei der planmäßige Ausfall für Schülerinnen und Schüler besonders schwerwiegend, da er nicht nur einzelne Unterrichtsstunden betrifft, sondern ein Fach beispielsweise für ein halbes Schuljahr entweder weniger oder überhaupt nicht unterrichtet wird. Die Lehrkräfte seien darüber hinaus täglich damit konfrontiert, Unterricht in einer anderen Klassen zu vertreten, häufig sogar fachfremd, so Naumann. "Das sind die wahren Probleme an den Schulen in Sachsen."

Insgesamt fehlen in Sachsen laut Kultusministerium rund 1.086 Vollzeitlehrkräfte, um den Unterricht an allen Schulen zu 100 Prozent abzusichern. "Es gibt also keinen Grund zur Entwarnung", sagt Naumann. Die GEW fordert daher zusätzliches Geld für ein Bildungspaket. Damit soll das Programm Schulassistenz für alle Schulen ausgebaut, Schulen nach einem Sozialindex gezielt unterstützt und mehr Sozialarbeiter an Schulen eingestellt werden. "Zusätzliches Personal und multiprofessionelle Teamarbeit entlasten Lehrkräfte", so Naumann. Ebenso wichtig sei es, endlich die Lehrpläne zu entschlacken.

Sozialministerin Petra Köpping forderte einen Schulgipfel zum Unterrichtsausfall. Dieser solle als Ziel einen Aktionsplan für die nächsten zehn Jahre mit "massiven Ausbau der Assistenzstellen mit gesicherten Einstellungszahlen, schnellerer Lehramtsausbildung, mit verlässlichen Schulhausbaumitteln" haben, teilte die SPD-Spitzenkandidatin mit. "Der Kultusminister sollte die ausgestreckte Hand der Lehrergewerkschaften ergreifen. Mit neuen Ideen und mit langfristigen Zusagen." Sie betonte, dass die Ursache des Lehrermangels in der Kürzungspolitik der Vergangenheit liege, die die CDU zu verantworten habe.