Dresden
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Bis zuletzt weder Reue noch Einsicht

Nach zehn Monaten endete der Prozess gegen einen Neonazi, der mit der Gruppe Freital gemeinsame Sache machte. 

Von Alexander Schneider
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Auch in den Krawallnächten von Heidenau war M. dabei
Auch in den Krawallnächten von Heidenau war M. dabei © dpa

Üblicherweise dienen Verfahrensverständigungen dazu, Gerichtsverhandlungen abzukürzen. In aller Kürze laufen derartige Deals so ab: In einem Rechtsgespräch erörtern Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidiger hinter verschlossenen Türen eine denkbare Strafe im Falle eines möglichen Geständnisses. Stimmen die Beteiligten zu, ist eine Verständigung erzielt, die jedoch im Verlauf der Hauptverhandlung abzuklopfen ist. Im Verfahren gegen einen Dresdner Rechtsextremen kam es trotz Deals zu erheblichen Verzögerungen.

Am Dienstag endete der Prozess gegen André M. nach zehn Monaten und mehr als 20 Sitzungstagen. Im November 2018 hatte die Hauptverhandlung begonnen, damals noch mit weiteren drei Mitangeklagten. Erste Vorbereitungen zu dem Deal gab es schon davor, berichtete der Richter Thomas Mrodzinsky, der Vorsitzende der Staatsschutzkammer am Landgericht Dresden. Nach der Vereinbarung wurde M.s Fall von dem Verfahren der nicht geständigen Mitangeklagten abgetrennt. Der 31-Jährige wurde nun wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, gefährlicher Körperverletzung in mehreren Fällen, Herbeiführens von Sprengstoffexplosionen, Landfriedensbruchs und Sachbeschädigung zu zwei Jahren Haft verurteilt, die das Gericht zur Bewährung aussetzte. Darüber hinaus muss er eine Geldauflage von 2 500 Euro an einen Berliner Verein zahlen, der sich für Demokratie-Projekte einsetzt.

„Bringt Licht und Hitze mit!“

M. hatte am 27. Juli 2015 an der Gründung der rechtsextremen „Freien Kameradschaft Dresden“ (FKD) teilgenommen und deren Ziele, auch Gewalt gegen Flüchtlinge, Polizisten und Andersdenkende auszuüben geteilt. Im August 2015 hatte er an beiden Krawallnächten in Heidenau teilgenommen, wo ein rechter Mob die Polizei mit Böllern, Flaschen und Steinen angegriffen hatte. Anlass war eine neu errichtete Asylunterkunft. Am selben Wochenende war M. auch dabei, als die FKD und Rechtsterroristen der Gruppe Freital zwei Dresdner Asylunterkünfte in der Schäfer- und der Podemusstraße angegriffen hatten. M. habe die Pläne gekannt, sagte Mrodzinsky. So sei zuvor in einem Chat geschrieben worden: „Bringt Licht und Hitze mit!“, „die Herren in Blau sind heute woanders beschäftigt“ und es gab den Hinweis, die Handys auszuschalten. M. habe sich jedoch kurz vor den Angriffen unbemerkt abgesetzt.

Im Oktober 2018 hat André M. auch an einem nächtlichen Angriff von Gruppe Freital und der FKD auf das alternative Wohnprojekt „Mangelwirtschaft“ in Übigau mitgewirkt. Auch hier habe er sich jedoch kurz zuvor unbemerkt abgesetzt.

M. habe laut Gericht eine „untergeordnete Rolle“ gespielt. Es wurde nicht bekannt, dass er selbst Gewalt ausgeübt hat, müsse sich die Gewalt anderer durch seine Mitwirkung jedoch anrechnen lassen. Mrodzinsky nannte die Taten ausdrücklich „rassistisch und menschenfeindlich“. Von Schuldeinsicht oder Reue könne bei M. keine Rede sein, sein Geständnis sei nur scheibchenweise gekommen, widerwillig und wenn doch, dann beschönigend, sagte Mrodzinsky. Das sei eine der Ursachen für die trotz Deals lange Verfahrensdauer.