SZ + Bischofswerda
Merken

Bischofswerdas älteste Apotheke mit neuer Chefin

Mehr als 30 Jahre führte Johannes Rainer Klotsche die Stadt-Apotheke. Nun geht er in den Ruhestand. Worauf er sich jetzt freut und woher seine Nachfolgerin kommt.

Von Miriam Schönbach
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Zwischen Abschied und Neuanfang: Johannes Rainer Klotsche übergibt zum 1. April die Stadt-Apotheke in Bischofswerda an Kathrin Thiele.
Zwischen Abschied und Neuanfang: Johannes Rainer Klotsche übergibt zum 1. April die Stadt-Apotheke in Bischofswerda an Kathrin Thiele. © SZ/Uwe Soeder

Bischofswerda. Markttag ist Apothekentag. „Den Freitag nutzen viele, besonders auch aus der Umgebung, für gleich mehrere Gänge in der Stadt. Da ist bei uns viel Betrieb. Im Moment stellen wir besonders viele Covid-19-Genesenen-Zertifikate aus“, sagt Johannes Rainer Klotsche. Doch für ihn heißt es nun Abschiednehmen vom geschäftigen Trubel in der Bischofswerdaer Stadt-Apotheke. Am 1. April übergibt der 63-Jährige die älteste Apotheke der Stadt an die nächste Generation. „Wir haben vor zweieinhalb Jahren begonnen, den Wechsel zu organisieren. Nun ging es schneller als gedacht“, sagt er.

Seine Nachfolgerin Kathrin Thiele ist an diesem Nachmittag mit ihrem Mann Ralf zu letzten Absprachen von Schwepnitz nach Bischofswerda gekommen. Im gut 40 Kilometer entfernten Ort in der Königsbrücker Heide kümmert sich die studierte Pharmazeutin seit zehn Jahren mit ihrem Team in der Ahorn-Apotheke um Schnupfnasen, Hexenschüsse und andere Krankheiten. „Für mich ist wichtig, dass die Kunden gut beraten werden und wir nicht nur irgendein Nasenspray aus dem Regal holen“, sagt die 47-Jährige.

Stadt-Apotheke hat eine mehr als 300-jährige Historie

Johannes Rainer Klotsche unterstreicht dieses Credo. Es könnte von ihm stammen. Am 1. Oktober 1990 hatte er mit seiner Frau Renate die Apotheke am Altmarkt übernommen, deren Wurzeln bis ins Jahr 1683 führen.

Matthäus Fesser – im frühen 17. Jahrhundert Bürgermeister der Stadt – und dessen Sohn Friedrich verkaufen seinerzeit Arzneien an der Wesenitz. Der Stadtbrand 1813 vernichtet das Ursprungshaus. Dem Wiederaufbau folgen zahlreiche neue Eigentümer, wie ab 1865 Oskar Volkmann. Nach dessen Sohn ist in Bischofswerda eine Straße benannt. Hans Volkmann bildete junge Musiker an der Orchesterschule der Sächsischen Staatskapelle aus.

Die wechselvolle Geschichte seines Hauses ist Johannes Rainer Klotsche bestens bekannt. Er selbst hat ihr noch ein Kapitel über mehr als drei Jahrzehnte hinzugefügt. „Als wir begannen, gab es noch zwei Tage die DDR, den Kaufvertrag bekamen wir dann im März 1991 zugestellt“, erinnert sich der Apotheker an die Anfänge.

Über die Berufslenkung waren die Pharmazie-Absolventen nach ihrem Studium im damaligen Bezirk Dresden gelandet. Für Johannes Rainer Klotsche, aufgewachsen in der Leppersdorfer Gegend, gibt es eine Stelle in der Stadt-Apotheke in Bischofswerda. Seine Frau, gebürtig aus Frankfurt/Oder, bekommt eine Arbeit im Arzneimittelwerk in Dresden.

Ihr Familienlebensmittelpunkt wird schnell Bischofswerda. Während er noch vor der Wende einen beruflichen Abstecher ins Qualitätsuntersuchungslabor in der Stadt macht, heuert sie bereits in Schiebocks ältester Apotheke an. Den Sprung in die Selbstständigkeit wagen sie gemeinsam, den Ruhestand indes probt jetzt der Apotheker zunächst allein. Seine Frau wird noch ein gutes Jahr mit der neuen Chefin und dem alten Team zusammenarbeiten, bevor auch sie sich verabschiedet.

In den Vordergrund rückt nun Kathrin Thiele. Ihre erste Begegnung mit Klotsches verbindet sich mit einem sprichwörtlichen „Korb“. „Ich habe Pharmazie in Würzburg studiert. Nach vier Jahren habe ich mich für mein praktisches Jahr überall in der Region beworben, unter anderem auch hier“, sagt sie lachend. Doch in der Stadt-Apotheke gibt es seinerzeit genügend Mitarbeiter - und keinen freien Arbeitsplatz.

Die Erfahrungen sammelt die frisch ausgebildete Pharmazeutin stattdessen in der Sonnen-Apotheke in Bischofswerda, in einer Apotheke im Elbepark in Dresden und in Königsbrück. Im Jahr 2012 übernimmt die zweifache Mutter die Ahorn-Apotheke in Schwepnitz.

Pro Jahr schließen rund 300 Apotheken in Deutschland

Aus der damaligen "kalten Schulter" ist längst große Vertrautheit geworden. Für ihre neue größere Aufgabe holt sich Kathrin Thiele auch ihren Mann Ralf mit ins Boot. Der Technische Zeichner im Maschinenbau wird sich um das Büro kümmern. Bewusst setzt die Apothekerin auf das Wachsen ihres Unternehmens. „Rund 300 Apotheken schließen pro Jahr in Deutschland. Da wird es nicht einfacher mit einer einzigen kleinen Dorfapotheke“, sagt sie. Die Schwepnitzer wird nun zur Filiale der Schiebocker Stadt-Apotheke mit einer eigenen Verantwortlichen.

In Bischofswerda hat 2019 die Neue Apotheke ohne Nachfolger geschlossen, drei Apotheken gib es noch in der Stadt. Die weitere Geschichte der ältesten Apotheke wird Johannes Rainer Klotsche nun mit Abstand betrachten. Auf die Auftritte im Posaunenchor als Waldhornist freut er sich, zum Mittag will er seiner Frau ab und zu seine legendären Makkaroni mit Tomatensoße kochen. Auch den Tag der Hinterhöfe gilt es wieder zu organisieren, dessen Erfinder der Apotheker ist. „Wir suchen noch ein paar neue Mitstreiter“, wirbt er. Zum Tag des offenen Denkmals im September sollen die Höfe wieder öffnen.

Und was bleibt dann noch? Reisen – gleich vor der Haustür wandern oder auch gern mal etwas weiter weg. „Denn Ziele gibt es genügend“, sind sich Klotsches, die bald vierfache Großeltern sind, einig.