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Landkreis Bautzen: Viele Künstler öffnen zu Pfingsten ihre Ateliers

An der Aktion „Kunst:offen“ zu Pfingsten 2024 beteiligen sich auch im Landkreis Bautzen zahlreiche Künstler. Bei Bernd Warnatzsch in Bischofswerda erwartet die Besucher mehr als Öl auf Leinwand.

Von Miriam Schönbach
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Unter dem Dach warten noch zahlreiche Arbeiten auf den letzten Handgriff des Künstlers. Bernd Warnatzsch lädt für Pfingstsonntag in sein Atelier in der Bergstraße in Bischofswerda ein.
Unter dem Dach warten noch zahlreiche Arbeiten auf den letzten Handgriff des Künstlers. Bernd Warnatzsch lädt für Pfingstsonntag in sein Atelier in der Bergstraße in Bischofswerda ein. © Steffen Unger

Bischofswerda. Über der Staffelei im Dachgeschoss-Atelier hängt ein riesiges Plakat mit einer gelben Löwenzahnwiese. Auf dem Holzgestell wiederum wartet eine Landschaft in Öl auf das Setzen vom „letzten Fleck, wenn ich noch nicht zufrieden bin“, wie Bernd Warnatzsch sagt. Ernst sitzt der 84-Jährige auf einem Hocker vor seiner Arbeit. Eigentlich jeden Tag schaut er in einen seiner drei Mal- und Zeichenarbeitsräume in seinem Haus in der Bergstraße in Bischofswerda, um Kraft durch seine Kunst zu schöpfen. „Das ist mein Lebenselixier“, sagt er leise. Bei der Aktion „Kunst:offen“ zeigt er am 19. Mai 2024 seine Arbeiten im Gartenatelier.

Bernd Warnatzsch holt neben den Erinnerungen zwischen Gemaltem und Gedrucktem ein Bild im Atelier-Dachgeschoss hervor. Darauf spiegelt sich eine Sonne im Wasser, dessen Wellen die Schatten von Vögeln und Hochhäusern verschwimmen lassen. Ölkreide trifft beim diesem Werk auf einen Untergrund aus zerrissenen Plakatstücken. Experimentierfreude ist zu spüren. „Ich bemühe mich, noch ein bisschen mitzumachen“, sagt er und leises Schmunzeln huscht ihm um die Lippen.

Vom Heimerzieher zum Kunsterzieher

Seine ersten „Kritzeleien“ macht er schon als Kind. Am Neumarkt 2 in Bischofswerda wird er 1940 geboren. „Ich könnte viele Geschichten erzählen“, sagt der Künstler, und es dauert auch nicht lange, bis er sein Leben in Schlaglichtern vorbeiziehen lässt. Zweimal geht er mit seiner Familie am Kriegsende 1945 auf die Flucht. Er erlebt auch mit, wie am 20. April 1945 jüdische Häftlinge auf dem Todesmarsch durch seiner Heimatstadt getrieben werden. Mutter Anni zieht damals schnell die Gardine zu. Durch den Vorhang bleibt den Kindern eine Ahnung des schemenhaft vorbeiziehenden Zugs.

Das Elternhaus selbst ist eine Tischlerei, die Muse wohnt auch unter dem Dach. „Als ich 14 Jahre alt war, hat mich mein großer Bruder mit zum Zeichen zur Walkmühle genommen“, erinnert sich der Senior. An ein Kunst-Studium denkt er damals nicht . Stattdessen macht er eine Ausbildung als Forstfacharbeiter im Revier Mehltheuer.

Nach vier Jahren legt er Axt und Säge zur Seite, das Institut für Lehrerbildung in Radebeul ruft ab 1958. Er macht ein Studium zum Heimerzieher, seine erste Station ist ein Heim für Schwererziehbare – wie es seinerzeit heißt – in Kipsdorf bei Dippoldiswalde. „Vom schwierigsten Schüler habe ich noch irgendwo eine Zeichnung“, sagt der Bischofswerdaer. Denn den Skizzenblock legt er nie weg. So wird er vom Heimerzieher durch ein Zusatzstudium in Erfurt zum Kunsterzieher.

Die erste Station ist Großharthau. „Dort werde ich bis heute zu Klassentreffen eingeladen“, sagt der zweifache Vater. Die Geburt seiner Kind sei übrigens das Beste, was ihm passieren konnte. An die nächste und übernächste Generation – auch aus künstlerischer Perspektive – gibt er gern sein Wissen und den Wunsch, immer Neues zu entdecken, weiter. Er leitete mehrere Arbeitsgemeinschaften und Malzirkel, förderte den künstlerischen Nachwuchs und gestaltete Ausstellungen.

Vom Kursleiter zum Kursteilnehmer

Seine eigene erste Einzelausstellung ist 1987 im Rittergut Putzkau, später ist er auch in der heimischen Lohse-Galerie zu sehen. Aktuell stellen er und sein Künstler-Freund Falk Nützsche unter dem Titel „Lauf der Dinge“ rund 80 Arbeiten in einer Klinik in der Dresdner Forststraße aus.

Bernd Warnatzsch steigt die Treppe wieder herunter. Auch im ersten Obergeschoss verbirgt sich hinter der Tür ein Arbeitszimmer. Auf dem Fußboden stapeln sich neben einem Kachelofen die Reste von Plakaten. Die Verwandlung der oft mehrfach übereinander geklebten Papierlagen reizt und inspiriert ihn.

Nach wie vor trägt einen Skizzenblock bei sich und malt gern mit der Staffelei in der Natur. wenn es die Zeit erlaubt, geht es einmal in der Woche ins Bautzener Steinhaus zum Mal- und Zeichenzirkel von Andreas Frister. Der Kursleiter und er kennen sich schon seit Jahrzehnten.

Vom Haus geht es nun in das Gartenatelier. Dort stehen der alte Waschtisch vom Neumarkt 2 und viele andere Erinnerungsstücke aus mehr als acht Jahrzehnten Leben. Auch wartet eine Staffelei mit einer angefangenen Arbeit auf den „letzten Fleck" und auf mehr Geschichten. Vielleicht erzählt sie Bernd Warnatzsch den Besuchern am 19. Mai 2024 zu „Kunst:offen“. In Sachsen öffnen zu dieser Kultur-Aktion dieses Jahr zum 20. Mal Ateliers wie das des Schiebocker Künstlers ihre Türen.

Diese Künstler freuen sich zwischen 10 und 18 Uhr auf Besucher:

18./19./20. Mai:

  • Atelier Nützsche - Alte Druckerei (Firma Floortec) mit Falk Nützsche und Verena Gliemann (Malerei), Neustädter Straße 5 in Bischofswerda
  • Dornröschenhof Corinna Werchan, (Malerei, Textil, Grafik), Bahnhofstraße 9 in Breitendorf

19. Mai:

  • Knut von Vinzburg (Malerei, Plastik/Skulptur, Holz- und Metallgestaltung), Gärtnereiweg 7a in Burkau, Offenes Atelier im Garten, ab etwa 15 Uhr, ganztägig Kaffee und selbstgebackener Kuchen
  • Bernd Warnatzsch (Malerei, Grafik), Bergstraße 3 in Bischofswerda
  • Atelier des ehemaligen Arztes und Malers Dietmar Wappler (Malerei, Plastik/Skulptur, Grafik, Sonstiges), Dresdener Straße 119 in Bautzen
  • Atelier Logo-Nord - Christian Smuda (Malerei, Grafik), Nordstraße 30 (Logopädische Praxis Zeiler) in Kamenz
  • Marita Bachmeier (Malerei, Textil, Plastik/Skulptur, Sonstiges), Spreegasse 10/Haus 2 in Bautzen

19./20. Mai:

  • Barbara Beger (Malerei, Grafik, Holz- und Metallgestaltung), Pfarrgasse 10 in Bischofswerda
  • Silvio Fritzsche (Malerei), Neustädter Straße 5a, (Firma Floortec) in Bischofswerda
  • Bei Reitner (Malerei & Fotografie Junge Künstler:innen), Dresdener Straße 39 in Bischofswerda
  • Van Anh Wendler (Malerei, Grafik), Hoyerswerdaer Straße 5 in Schwepnitz
  • Helga Schönach, (Malerei), Siedlungsweg 3 in Bernsdorf

20. Mai

  • Petra Werner (Malerei, Grafik), Hauptstraße 9 in Großröhrsdorf, Ortsteil Hauswalde
  • Konsumgalerie (Malerei, Grafik), Zum Herrenhaus 1 in Neschwitz, Ortsteil Saritsch
  • Julia Schöbe, Waltraud Lorek, Juliane Uebe (Malerei, Plastik/Skulptur, Grafik), Großröhrsdorfer Straße 25 in Kleinröhrsdorf

Weitere Informationen gibt es auf der Internetseite der Aktion "Kunst:offen".