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China-Seuche rafft Kaninchen dahin

In Röderau sind mehrere Tiere am RHD-Virus verendet. Im Raum Riesa-Großenhain soll es weitere Fälle geben. Dabei hätten die Kaninchen gerettet werden können.

Von Jörg Richter
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Pierre Weidner steht an seinem Kaninchenstall, der bis vor Kurzem noch voller Tiere war.
Pierre Weidner steht an seinem Kaninchenstall, der bis vor Kurzem noch voller Tiere war. © Sebastian Schultz

Landkreis. Es geht ganz schnell. "Erst sitzen die Kaninchen apathisch in ihrer Box da und eine Stunde später sind sie tot", berichtet Pierre Weidner aus Röderau. In der letzten  Woche hat er innerhalb weniger Tage alle Tiere eingebüßt. Immerhin acht Stück. Davon sechs Jungtiere, die knapp vier Monate alt waren. Seitdem stehen seine Ställe leer. 

Schuld für Weidners Verlust ist die China-Seuche, in Fachkreisen auch unter der Abkürzung RHD (Rabbit Haemorrhagic Disease) bekannt. Diese Krankheit grassiert zurzeit in der Region Riesa-Großenhain und soll hier in den letzten vier Wochen vielen Kaninchen das Leben gekostet haben. "Selbst alteingesessene Züchter sind ratlos", so Weidner.

Im Veterinäramt des Landkreises Meißen weiß man nichts von einem massiven Ausbruch der China-Seuche. Das ist allerdings nicht verwunderlich. Wie die neue Landkreis-Pressesprecherin Anja Schmiedgen-Pietsch mitteilt, sei diese Tierkrankheit nicht anzeige- und meldepflichtig. "Deshalb liegen uns auch keine Daten vor", sagt sie.  

Doch bei Johannes Meyer, einem hiesigen Preisrichter des Landesverbands sächsischer Rassekaninchenzüchter, nachgefragt, bestätigt der Röderauer: "Ich kenne einige Halter, die betroffen sind." Andere sprechen auch von Fällen aus dem Großenhainer Raum.

Das ist eines der acht Kaninchen von Pierre Weidner, die an der China-Seuche (RHD) gestorben sind. Es steht starr im Futtertrog. Einer Stunde später war es tot.
Das ist eines der acht Kaninchen von Pierre Weidner, die an der China-Seuche (RHD) gestorben sind. Es steht starr im Futtertrog. Einer Stunde später war es tot. © privat

Meyer führt das auf die unzureichende Impfung der Tiere gegen den RHD-Erreger, das Calici-Virus, zurück. Während die allermeisten Kaninchenzüchter ihre Tiere jährlich impfen ließen, würde die große Mehrheit der Kaninchenhalter, denen es nur um den schmackhaften Braten geht, auf diese Vorsichtsmaßnahme verzichten. Der Grund: Viele Besitzer wollen sich die Impfgebühr ersparen. 

Nach Informationen des Landesverbandes reicht in Sachsen die Spanne von 3,50 bis acht Euro pro Impfung und Tier. Johannes Meyer selbst bezahle 4,50 Euro. Bei 20 bis 30 Tieren und mehr kommt schon mindestens eine dreistellige Summe zusammen. "Doch lässt man das Impfen sein, sterben viele Kaninchen weg", sagt er. "Dann wird das Sparen teuer!"

Die China-Seuche wird von Fliegen und Mücken übertragen. Wegen der Corona-Pandemie würden zum Glück kaum Zuchttier-Ausstellungen stattfinden. "Sonst wäre die Verbreitung wohl schlimmer", glaubt der Preisrichter. 

Für Menschen ungefährlich

Und offensichtlich scheinen die momentanen RHD-Fälle von Riesa bis Großenhain nur ein regionaler Ausbruch der China-Seuche zu sein. Zumindest seien dem Landesverband sächsischer Rassekaninchenzüchter im Moment keine weiteren Hotspots im Freistaat bekannt, teilt dessen stellvertretende Vorsitzende und Pressesprecherin Doreen Kalusok mit. "RHD ist für Menschen ungefährlich, aber bei Kaninchen hochansteckend", sagt die Vogtländerin. "Deshalb raten wir jedem Halter, seine Tiere impfen zu lassen."  

"Viele Leute scheuen diese Kosten", weiß auch der Tierschutzbeauftragte des Landesverbandes, Frank Scholz. Das Problem sei der hohe Einkaufspreis für den in Frankreich hergestellten Impfstoff, der sowohl gegen RHD als auch gegen dessen mutierte Form RHDV-2 schützen soll. Tierärzte kaufen das Mittel in Abpackungen mit je 50 Impfdosen. Eine Packung koste 140 Euro plus Mehrwertsteuer. "Das ist ein stolzer Preis", sagt der Diplom-Veterinärmediziner.

Einmal die Packung aufgerissen, müsse der Impfstoff innerhalb von zwei Stunden verbraucht sein. Das führe dazu, dass Tierärzte vorher Sammelbestellungen abfragen, um möglichst keinen Impfstoff wegwerfen zu müssen. 

Keine hundertprozentige Sicherheit

Zudem empfiehlt der französische Impfmittel-Hersteller Filavie in Gebieten mit hohem Infektionsdruck, die Jungtiere bereits im Alter von vier Wochen erstmalig zu impfen und ab der zehnten Lebenswoche eine Wiederholungsimpfung durchzuführen. Das hätte den Kaninchen von Pierre Weidner möglicherweise geholfen, die China-Seuche zu überleben. Er habe die Tiere einmal impfen lassen. Von einer empfohlenen zweiten Impfung weiß er nichts. 

Eine hundertprozentige Sicherheit vor RHD und RHDV-2 gibt es nicht. "Bei jeder Impfung gibt es einen Durchläufer", sagt Frank Scholz und fügt hinzu, "ich war auch schon betroffen." Wichtig ist es dann, gesunde Tiere sofort von erkrankten Tieren zu trennen und die Ställe zu desinfizieren. Tote Kaninchen sollten nicht im Garten begraben, sondern verbrannt werden. Im Landkreis Meißen ist dafür die Tierbeseitigungsanlage Lenz zuständig.

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